Wegen der Corona-Pandemie fallen in diesem Jahr viele beliebte Länder als Urlaubsziel aus. Wohin zieht es lokale Prominenz aus Fellbach und Kernen? Schöne Eindrücke gibt es für die meisten auch in der Heimat.

Fellbach - Wir besprechen mit unseren Mitarbeitern immer schon im Dezember die Urlaubsplanung für das nächste Jahr“, sagt Roland Oettinger, Inhaber der gleichnamigen Holzbaufirma in Fellbach. In seinem Betrieb gibt es in diesem Jahr nur eine Woche Handwerkerferien.

 

Die vorgesehene Reise nach Schottland in den Pfingstferien klappte indes nicht

Das habe sich durch die „zeitlich verstreuten“ Urlaubswünsche der Mitarbeiter und die eigene familiäre Situation so ergeben, der Sohn ist jetzt nicht mehr schulpflichtig. Das Corona-Virus hat Oettinger’s Urlaubspläne zudem beeinflusst: Die Familie stornierte den traditionellen Urlaub im Juni in Südtirol. „Das war uns zu kritisch.“ Vielleicht klappe es im September. Roland Oettinger ist Optimist.

Nach Südtirol zieht es eigentlich auch Thomas Seibold, Vorstandsvorsitzender der Fellbacher Weingärtner, jedes Jahr. Da lässt er sich nicht beirren. Und so wird seine Familie auch diesen Sommer dort aufschlagen, zwei Wochen lang in einer Ferienwohnung.

Diese Art der Unterkunft hat auch Peter Mauch mit seiner Familie gewählt. Der Beigeordnete von Kernen fährt ins Allgäu, nach Obermaiselstein. Die vorgesehene Reise nach Schottland in den Pfingstferien klappte indes nicht – wegen Corona.

Bei Gerhard Ammon, dem Chef der Fellbacher Stadtwerke, könnte man annehmen, dass die neue Situation im Erlebnisbad F3, wo er nach der überraschenden Übernahme durch die Stadt zum 1. August in die Geschäftsführung berufen wurde, die Urlaubspläne durcheinander bringt.

Eine Flugreise kommt für Gerhard Ammon nicht in Betracht

Dem ist nicht so. „Wir hatten in den Pfingstferien eine größere Reise geplant, die wir Corona-bedingt nicht antreten konnten. Stattdessen haben wir dann kurzfristig zehn Tage auf der Insel Föhr gebucht. Das war ein wunderbares Erlebnis. Wir waren viel mit dem Rad unterwegs oder am Strand und im Watt wandern. Die Weite, das Meer und der Wind haben dazu geführt, dass der ganze ‚Corona-Käse’ in den Hintergrund gedrängt wurde.“ Jetzt im Sommer wollte Gerhard Ammon eigentlich Belgien erkunden.

„Das haben wir abgesagt, wir werden unsere Ferien am Bodensee verbringen und dort vor allem schwimmen und mit dem Rad fahren.“ Eine Flugreise kommt für Gerhard Ammon nicht in Betracht. „Im Flugzeug würde ich mich derzeit nicht wohlfühlen, mir wäre das von den Abständen her viel zu eng.“ Generell versucht er, Menschenansammlungen zu vermeiden. Auch zu einer Reise ins Ausland drängt es ihn derzeit nicht. „Wir sind immer wieder mal an der Côte d’Azur. Aber ein provenzalischer Markt mit Maske und Gedränge? Das muss im Moment nicht sein. Da genieße ich lieber die schönen Landschaften hier vor Ort.“

Die Reiseführer für deutsche Destinationen sind quasi alle ausgeliehen

Auch die Urlaubspläne von Fellbachs Baubürgermeisterin Beatrice Soltys hat die Pandemie durchkreuzt. „Ursprünglich war ein Urlaub in Alaska geplant. Aufgrund der langen Flugreise, aber vor allem durch die hohen Infektionsraten auf dem amerikanischen Kontinent habe ich meine Pläne bereits sehr früh geändert. Ich breche in den kommenden Tagen zu einer Fahrradtour durch die baltischen Staaten bis zu den Kurischen Nehrungen auf.“ Flugreisen sind auch für Beatrice Soltys derzeit kein Thema. Sie setzt bewusst auf andere Verkehrsmittel, fährt zunächst mit dem Auto nach Norddeutschland und dann mit der Fähre nach Tallinn – „und von dort dann auf zwei Rädern quer durch die baltischen Staaten“.

Dass sich die Urlaubsziele der Fellbacher dieses Jahr geändert haben und viele im eigenen Land oder in Österreich Urlaub machen, erkennt man an bestimmten Lücken in Regalen der Stadtbücherei Fellbach. Die Reiseführer für deutsche Destinationen sind quasi alle ausgeliehen. „Unsere Bestände sind ziemlich ausgedünnt“, sagt Solveig Schneider, Leiterin der Stadtbücherei am Berliner Platz und lacht: „Deutschland ist total abgegrast.“ Man habe darauf reagiert und vermehrt eingekauft. Einen neuen Service haben sich die Mitarbeiter der Stadtbücherei zusätzlich einfallen lassen: Sie haben kostenfreies Info-Material zu Ausflugszielen in der Region besorgt und ausgelegt. „Das wird sehr gut angenommen“, freut sich Solveig Schneider. Im ersten Stock liegt das Material auf einem Tisch bereit, „viele nehmen sich was mit“. Die Existenz des Coronavirus hat also offenbar nicht nur das Reise-, sondern auch das Leseverhalten der Fellbacher beeinflusst.

„Gruselige Thriller sind aktuell nicht sehr gefragt, eher erfreuliche Lektüre“, beobachtet Solveig Schneider. Sie vermutet, dass die Menschen in diesem Sommer eben „in Gedanken auf Reisen gehen“ – etwa mit Büchern wie „Der von den Löwen träumte“ von Hans-Josef Ortheil: Der Roman spielt in Venedig.