Wie stehen die fünf OB-Kandidaten zu den Wahlkampf-Themen? Die Fellbacher Zeitung stellt im Vorfeld der Wahl am 18. September die politischen Standpunkte vor.

Fellbach - Die Fellbacher Zeitung hat nachgefragt. Vor der Oberbürgermeisterwahl haben uns die Kandidaten zu wichtigen Fragen geantwortet. Heute stehen die Themen Bildung und Betreuung im Fokus – die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Kindergartenbeiträge und der Schulausbau.

 
In den Kindergartenbereich ist massiv investiert worden, auch die Ganztagesbetreuung im Grundschulalter wird immer wichtiger. Wann ist beim Ausbau ein Niveau erreicht, das Familie und Beruf wirklich vereinbar macht?
Carsten Hansen Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist nicht nur eine Frage des Niveaus der Kinderbetreuung, sondern auch der Akzeptanz von Unternehmen für familiäre Bedürfnisse. Vereinbarkeit ist also gegeben, wenn Familie kein berufliches Risiko und keine berufliche Einschränkung bedeutet. Das kann durch Ganztagesbetreuung erreicht werden, aber auch durch Vertretungsregelungen oder Konzepte wie Home Office, flexible Arbeitszeiten, Jahresarbeitszeitenkonto und ähnliches.
Gabriele Zull Florierende Unternehmen, veränderte Arbeitszeitmodelle, Zuwanderung – all das hat Auswirkungen auf den Bedarf. Wie gut sich Familie und Beruf vereinbaren lassen, hängt nicht nur vom Angebot an Betreuungsplätzen ab, sondern zum Beispiel auch von der Flexibilität der Unternehmen. Das Fellbacher Prinzip der jährlichen Bedarfsplanung unter Mitwirkung der Eltern halte ich für ein geeignetes Instrument, den Bedarf im Blick zu halten und schnell zu reagieren.
Ulrich Raisch Da wohl kaum eine Mutter gerne ihre Kinder bloß aus der Hand gibt, geht es nicht bloß quantitativ um möglichst ausreichende und flexible, sondern zunehmend qualitativ um möglichst gute Betreuungsmöglichkeiten. Dies bedingt aber nicht nur teures pädagogisches Fachpersonal, sondern ebenso flexible und tragfähige Arbeitsmöglichkeiten für Mütter – neben Politik und Verwaltung sind auch Unternehmen und Kirchen gefordert.
Hans Mack Alle Kinder sollen die Betreuung bekommen, die sie brauchen. Die Gebühren sollen sich nach dem elterlichen Einkommen richten.
Werner-Peter Schifterowitsch Wenn mehr offene Plätze als Bewerber vorhanden sind.
Durchs Rathaus geistern hochfliegende Pläne zum Schulausbau: Kann sich Fellbach solche Großinvestitionen noch leisten oder müssen kleinere Brötchen gebacken werden?
Carsten Hansen Gute Lehr- und Lernbedingungen sind unverzichtbar, um Kindern ein gutes Rüstzeug für ihren beruflichen Lebensweg mitzugeben. Wir können es uns nicht leisten, Großinvestitionen in Schulen zu unterlassen, wenn wir bemerken, dass die Lernbedingungen nicht auf der Höhe der Zeit sind.
Gabriele Zull Investitionen in den Bildungsbereich sind hoch bedeutsam. Aber es geht nicht alles zur gleichen Zeit. Wir müssen beim Ausbau der Schulstandorte Prioritäten setzen und die städtischen Finanzen genau im Blick behalten, genauso wie den tatsächlichen Bedarf der einzelnen Schulen. Auf keinen Fall dürfen wir der nächsten Generation Schuldenberge hinterlassen: Fellbach braucht auch künftig finanzielle Handlungsspielräume für alle anstehenden Aufgaben.
Ulrich Raisch Schulbau ist für Fellbach nicht nur Pflichtaufgabe, sondern hat Tradition. Schon jeder Immobilienbesitzer weiß, dass Immobilien auch Geld kosten. Notwendige Sanierungen und Modernisierungen sind zu erledigen – Punkt.
Hans Mack Vor allem nicht alles auf einmal.
Werner-Peter Schifterowitsch Sinnvolle Investitionen sind nie verkehrt.
Um für junge Familien attraktiv zu sein, haben sich manche Kommunen schon den Luxus gegönnt, auf Kindergartenbeiträge zu verzichten. Kommt mit dem demografischen Wandel auch mehr Konkurrenz auf die Kommunen zu?
Carsten Hansen Der demografische Wandel vergrößert die Konkurrenz um Köpfe. Maßnahmen müssen hier sorgfältig ausgewählt werden. Einfache Subventionen der Kindergartenbeiträge bringen nichts, wenn die Betreuung nicht den Qualitätserwartungen der Eltern entspricht. Oder Freizeit-, Schul- und Förderangebote zufällig und unkoordiniert sind. Es ist eine lohnenswerte Aufgabe der Stadt, mit den Beteiligten die Familienfreundlichkeit auszubauen. Dazu kann zum Beispiel eine „Familienzeitpolitik“ gehören, die Zeitkonflikte von Familien ernst nimmt.
Gabriele Zull Die Kindergartenbeiträge möglichst günstig zu kalkulieren, muss immer der Anspruch sein. Als Instrument im kommunalen Wettbewerb taugen Gebührenmodelle aber nicht. Viel wichtiger ist die Qualität des Betreuungsangebots: Sind die Erzieherinnen und Erzieher qualifiziert? Stimmt der Personalschlüssel? Werden Kinder mit Entwicklungsbedarf gezielt gefördert? Wenn die Leistung stimmt, ist den Eltern mehr geholfen als mit hoch subventionierten Gebühren.
Ulrich Raisch Kinderfreundlichkeit ist unabdingbar, weil es ansonsten keine Zukunft gibt. Wer für den Kindergarten bezahlen soll, möge Fragen nach der Qualität stellen. Das Modell des Berliner Musikkindergartens zeigt hierzu Perspektiven auf.
Hans Mack Betreuung kann es nicht umsonst geben.
Werner-Peter Schifterowitsch Auf Kindergartenbeiträge zu verzichten, ist kein Luxus. Wir brauchen Kinder.