Knapp zwölf Jahre hat sich die Natur auf dem Areal am Stuttgarter Fernmeldeturm ungestört ausgebreitet. Nun bringen Ehrenamtliche das Grundstück des Waldheims Frauenkopf in Schuss, um dort in den Sommerferien Kinder empfangen zu können.

Für Kinder aus Stuttgart-Ost war das evangelische Waldheim Frauenkopf über viele Jahrzehnte in den Sommerferien eine beliebte Anlaufstelle. In dem versteckten Kleinod am Fernmeldeturm konnte man sich nach Herzenslust austoben, ohne irgendwen zu stören. 2013 – ein Jahr nach dem 90. Geburtstag – war jedoch Schluss. Grund war der marode Zustand der beiden Gebäude, die damals erforderlichen Kosten für eine Generalsanierung von mehr als 2,2 Millionen Euro wollten weder das Land Baden-Württemberg als Eigentümer noch die evangelische Gesamtkirchengemeinde als Pächterin stemmen. Ausschlaggebend war, dass keine Lösung für eine Ganzjahresnutzung gefunden werden konnte. Ideen – beispielsweise die Einrichtung einer Kindertagesstätte – seien aus baurechtlicher Sicht und hinsichtlich der genehmigten Nutzung nicht realisierbar gewesen, sagt die Kirchenpflegerin Sonja Schürle, die die Verwaltung des Evangelischen Kirchenkreises leitet.

 

Zahlreiche Helfer bringen sich ein

An der grundlegenden Situation habe sich seit der Schließung nichts geändert, betont Jörg Schulze-Gronemeyer, Leiter der Abteilung Jugend und Soziales bei der Evangelischen Kirche in Stuttgart. Und dennoch wird das Areal am Fernmeldeturm nach knapp zwölf Jahren derzeit aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Zahlreiche ehrenamtliche Helfer – ein Team aus aktiven und ehemaligen Waldheimbetreuern, aus Eltern und aus Bürgern aus dem Stuttgarter Osten – bringen derzeit das Grundstück auf Vordermann, arbeiten sich durch Dornenhecken, schneiden Gebüsche zurück und reißen Unkraut aus dem Boden. „Das Gelände war stark zugewuchert und bewachsen“, sagt Sofie Umgelter, die Leiterin des Ferienwaldheims, deren Schwester Laila ebenfalls mit anpackt. Man habe gesehen, welche Gewalt die Natur habe. „Zu Beginn haben wir uns einen Überblick verschafft und Punkte herausgesucht, die auf jeden Fall gemacht werden müssen, damit wir das Waldheim durchführen können und vom Gelände keine Gefahr für die Kinder ausgeht.“ Interimsweise war das Ferienwaldheim seit 2014 auf das Gelände des FSV Waldebene Ost ausgewichen. Weil die vereinbarte Kooperationszeit mit dem Sportverein ausgelaufen sei, habe das Leitungsteam überlegt, ob die Rückkehr an den alten Standort „unter anderen Vorzeichen“ möglich wäre, sagt Schulze-Gronemeyer, der davon ausgeht, dass die Kosten insgesamt vergleichbar sein werden. „Bei der Begehung wurde klar, dass zwar die Gebäude nicht genutzt werden können.“ Aber das Gelände und der Sanitärbereich seien für eine Waldheimfreizeit geeignet. Geplant sei, eine Gruppe von 60 Kindern betreuen zu können. Dazu setze man auf Zelte, Essen lasse man sich von einem externen Anbieter anliefern.

Naturnahes Waldheimerlebnis

Das Ende der Kooperation und die Begeisterung der Ehrenamtlichen seien ausschlaggebend für die Rückkehr auf das Waldheimgelände gewesen. „Wir sind gespannt, wie das Waldheimkonzept von den Kindern, Jugendlichen und Betreuenden angenommen wird“, sagt Schulze-Gronemeyer. „Wir machen das Beste aus der Situation und können aufgrund des großen Engagements der Beteiligten eine interessante Lösung anbieten.“ Er freue sich schon auf den Sommer und sei gespannt, wie es läuft. „Genau betrachtet, ist es ein Schritt zurück in die Vergangenheit der Waldheimarbeit. Wir wollen ein sehr naturnahes Waldheimerlebnis mit den notwendigen Rahmenbedingungen anbieten“, sagt er. Sofie Umgelter ist der Überzeugung, dass das Waldheim nach zwölf Jahren nun wieder da sei, wo es hingehört. „Es ist zwar nicht dasselbe, wie in der Vergangenheit, aber wir erhalten durch die Rückkehr die Chance, etwas Neues aufzubauen und zu gestalten.“ Ihr Dank gilt Jörg Schulze-Gronemeyer und Mechthild Belz, Gesamtleitung der Evangelischen Jugend Stuttgart, für ihr grenzenloses Vertrauen. Aber sie dankte auch den aktiven und ehemaligen Betreuern und Betreuerinnen sowie allen, die sich dem Waldheim Frauenkopf verbunden fühlten für ihre tatkräftige Unterstützung. „Es ist unglaublich, was wir erreicht haben und wir freuen uns auf alles, was kommt.“

Waldheim Frauenkopf

Förderverein
Im November 2024 wurde ein Förderverein zugunsten des Waldheims Frauenkopf gegründet, der die Vorbereitung des Ferienwaldheims unterstützt. Weitere Informationen gibt es unter www.ejus-ost.de. Die Verantwortlichen sind unter der E-Mail info@waldheim-frauenkopf.info erreichbar.

Termin
Das Waldheim findet dieses Jahr vom 4. bis 8. und vom 11. bis 15. August statt, also jeweils von Montag bis Freitag. Betreuungszeit ist von 8.30 bis 17.15 Uhr mit drei Mahlzeiten (Frühstück, Mittagessen und Nachmittagsimbiss).

Kosten
Die Teilnahme eines Kindes kostet pro Woche 110 Euro, mit Familiencard 88 Euro. Inhaber einer Bonuscard zahlen nichts. Auch Kinder mit Behinderung erhalten Vergünstigungen, das Waldheim ist allerdings nicht rollstuhlgerecht. Die Anmeldung ist auf der Internetseite www.ejus-ost.de möglich.