In fast vier Millionen Haushalten stehen Fernsehgeräte, die in den nächsten Jahren ausgetauscht werden müssen, sofern kein anderer Empfangsweg als die Antenne genutzt werden kann. Vor allem Zweitgeräte sind betroffen.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Erst mal die gute Nachricht: Am 31. Mai beginnt in vielen Regionen der Umstieg auf das digitale Antennen-TV (DVB-T2 HD). Pünktlich zur Fußball-EM und den Olympischen Spielen in Rio gibt es dann in 18 Regionen erstmals auch auf diesem Empfangsweg viel schärfere Bilder im hochauflösenden Format High Definition (HD). Gerade bei Sportübertragungen ist der Unterschied zum Standardbild selbst auf kleineren Fernsehern gut zu sehen. Man muss den Ball also nicht mehr mit der Lupe suchen.

 

Die schlechte Nachricht: Für den Empfang sind neue Geräte nötig. In fast vier Millionen Haushalten stehen DVB-T-Empfänger der ersten Generation, die in den nächsten Jahren ausgetauscht werden müssen, sofern kein anderer Empfangsweg genutzt werden kann. Der Regelbetrieb mit der neuen Technik soll Anfang 2017 starten, dann soll das Angebot auf bis zu 40 HD-Sender ausgebaut werden. Bis Mitte 2019 soll der Umstieg dauern, dann sind die bisherigen Geräte wertlos, der Bildschirm bleibt schwarz.

Kein Grund zur Panik

In Panik muss dennoch niemand verfallen. Denn das digitale Antennenfernsehen wird in vielen Haushalten nur bei Zweit- und Drittgeräten eingesetzt. Die meisten Deutschen empfangen das TV-Programm über die eigene Satellitenschüssel, per Kabel oder Internet. In Nebenräumen, auf dem Balkon oder im Garten allerdings, wo es keine Anschlussbuchse gibt, ist DVB-T praktisch, weil man die Signale fast überall mit einer kleinen Zimmerantenne empfangen kann.

Auch Mieter in Wohnanlagen nutzen DVB-T gerne, das 2002 eingeführt wurde. Das Programmangebot ist zwar mit meist bis zu 40 Sendern eingeschränkt, dafür kann man aber die Monatsgebühr für den Kabelanschluss sparen. Wer das digitale Antennen-TV als Hauptempfangsweg nutzt, profitiert besonders, weil nun mit großer Verspätung auch über diesen Weg HD-Bilder verbreitet werden.

Millionen sind betroffen

Betroffen von der Umstellung sind auf jeden Fall Millionen Verbraucher, die in den nächsten Jahren mit einigen Zusatzausgaben rechnen müssen. Wer sich einen neuen Fernseher oder eine Empfangsbox anschaffen will, sollte aufpassen und sich schlau machen. Der wichtigste Tipp: Wirklich zukunftstauglich für den neuen Sendestandard sind nur Geräte mit dem grünen „DVB-T2 HD“-Logo.

Trotzdem muss der bisherige Fernseher nicht verschrottet werden. Mit einer zusätzlichen DVD-T2-Empfangsbox, die ab 50 Euro aufwärts erhältlich ist, lässt sich jedes TV-Gerät für den neuen Standard fit machen. Der Empfänger muss aber zwingend den Videokompressionsstandard HEVC (High Efficiency Video Coding, H.265) beherrschen. Das tun Geräte aus dem Ausland, wo DVB-T2 schon in rund 50 Ländern etabliert ist, meist nicht. Wer sich von dort ein Gerät besorgt oder mitbringt, wird also nicht glücklich. Deshalb gilt: auf das grüne Logo achten.

Mit dem Logo ist auch garantiert, dass das Gerät die richtige Schnittstelle für den Empfang von Bezahlprogrammen besitzt. Denn das ist die zweite schlechte Nachricht: Werbefinanzierte Privatsender wie RTL, Pro 7 und Sat1 senden ihre Programme über DVB-T2 nur verschlüsselt und wollen den alten Standard zudem zügig beenden. Wie schon beim HD-Fernsehen per Satellit und Kabel wollen die privaten TV-Sender die teure Umstellung nicht allein aus eigener Tasche bezahlen.

50 Euro Kosten extra im Jahr

Wer die Privaten per DVB-T2 schauen will, benötigt ab Frühjahr 2017 ähnlich wie bei „HD plus“ fürs Satellitenfernsehen eine Smartcard. Dort werden rund 50 Euro pro Jahr kassiert. Nur die öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten werden auch über DVB-T2 ihre Programme weiterhin ohne Zusatzgebühr verbreiten und zudem noch eine Weile parallel senden.

Die erste Stufe der Umstellung beginnt ab 31. Mai in 18 Ballungsregionen: Stuttgart und der mittlere Neckarraum, der Großraum München und Nürnberg, das Rhein-Main- und Rhein-Neckargebiet um Frankfurt, Mainz und Mannheim, Saarbrücken, das Städteband in NRW, die Region Hannover und Braunschweig, Leipzig/Halle/Magdeburg, Berlin/Potsdam, Hamburg, Bremen, Kiel, Lübeck, Schwerin und Rostock.

Je nach Topografie und Senderstandorten wird auch DVB-T2 mit Zimmer-, Außen- oder Dachantenne empfangbar sein. Zunächst wird es nur sechs HD-Programme geben, darunter ARD und ZDF. Mit Beginn des Regelbetriebs 2017 sollen es dann rund 40 Programme sein. Ländliche Regionen sollen bis Mitte 2019 umgestellt sein.

Die TV-Sender werden faktisch von der Politik zur Umstellung gezwungen. Um mehr Sendekapazität für den boomenden Mobilfunk zu bekommen, hat die Bundesregierung für viel Geld Rundfunkfrequenzen an Telekommunikationskonzerne verkauft. Um die ab 2020 verbleibende Bandbreite effizient nutzen zu können, setzten die Fernsehanstalten auf das neue Format DVB-T2 HD. So lassen sich dank Datenkompression sogar mehr Programme in besserer Qualität übertragen.