Das Steinheimer Marktplatzfest musste verlegt werden. Der neue Standort gefällt nicht jedem, aber man war sich einig: Besser überhaupt ein Fest als gar keines. So sah es auch der Rathauschef. Der sorgte beim Fassanstich für Heiterkeit, wie ein Video dokumentiert.
Traditionell wird in Steinheim am ersten Juliwochenende das Marktplatzfest gefeiert. Auch dieses Jahr gab es das Fest – aber zwangsläufig in einem neuen Kleid. Wer bislang gewohnt war, zwischen Fachwerkhäusern zu flanieren, der erlebte heuer eine komplett andere Atmosphäre: weitläufig, großzügig und offener. Für den einen zeigte sich der Standortwechsel als etwas Positives, für den anderen nicht.
Aufgrund der bevorstehenden Baumaßnahmen in der Stadtmitte habe man bereits im vergangenen Jahr frühzeitig eine Entscheidung treffen müssen, ob man mit dem Fest umziehe oder absage, erklärte Bürgermeister Thomas Winterhalter in seiner Rede bei der Eröffnung. „Absage war für alle eigentlich keine Alternative.“
Auf dem Areal rund um die Riedhalle sei die bestmögliche Lösung gefunden worden, betonte Winterhalter. Gleichwohl seien die Vorbereitungen für das „neue Steinheimer Fest an einem anderen Standort“ nicht einfach gewesen. „Vieles musste neu durchdacht werden“, sagte der Rathauschef, der beim Fassanstich einen zweiten Anlauf benötigte. Deshalb gelte es all jenen zu danken, die sich der Herausforderung gestellt haben. Und wie fanden die Besucher den Interims-Standort? Die Meinungen waren geteilt.
Drei junge Männer verließen bereits kurz nach 20 Uhr das Fest rund um die Riedhalle. Der 18-jährige Francesco vermisste nicht nur die schöne Altstadt als Kulisse für das Fest in seiner 46. Auflage, sondern auch bestimmte Vergnügungspark-Attraktionen, die in der Vergangenheit junge Besucher angezogen hatten. „Autoscooter, Dosenwerfen oder ein Schießstand fehlten gänzlich“, monierte er. Sein 21-jähriger Begleiter bemängelte am Samstagabend, dass es weniger Besucher gebe und die wiederum auf der großen Fläche nicht so vereint seien, wie in der vertrauten Umgebung der Altstadt.
Auf dem Festplatz selbst amüsierten sich natürlich dennoch viele Besucher. Zum Beispiel eine achtköpfige Gruppe von Freunden, die teilweise aus den Nachbargemeinden nach Steinheim gekommen waren. Auch bei ihnen stand der neue Standort zur Debatte – und die Witterung. Dennis merkte augenzwinkernd an, dass das berühmte Steinheimer Wetter zum Fest in der Stadt besser gewesen sei. Das Problem: Auf dem Naturboden bildeten sich große Pfützen; Grasflächen wurden schlickig. Tatsächlich dürfte der Regen am Samstag dazu geführt haben, dass sich der Besucheransturm zunächst in Grenzen hielt. Doch wenig später zeigte sich: Das Fest erwies sich auch am neuen Standort als ein Magnet. Besucher Oliver begrüßte das große Platzangebot und die einladende zentrale Fläche, auf der die Bierbänke und -tische liebevoll mit Blümchen dekoriert waren. Allerdings fehlte auch ihm das Altstadtflair. Und: „Richtig arm ist hier der Rummelplatz“, merkte er kritisch an.
Natürlich kam beim ein oder anderen auch etwas Wehmut auf. Bei dem Erdmannhäuser Reiner Wägerle etwa. Er hat bereits mit 15 Jahren als Marktplatz-Festbesucher auf der Murrbrücke gestanden, wie er sagt. Deshalb gehört für ihn die Brücke wie auch „das Ambiente im Altstädtle“ zum Festfeeling dazu, erzählte er.
Jasmina Zeidler war in ihrer Schicht für den 1. Fasnetsverein an der Essenausgabe beschäftigt. Ihr Urteil: „Von der Kulisse her ist der Marktplatz viel schöner. Aber wir sind ja flexibel und ich glaube nicht, dass der Standort die Leute abschreckt. Vor allem ist er wirklich schön gemacht.“ Vorsitzender Dany Arnold, der auch die Rede bei der Eröffnung im Namen der Steinheimer Vereine hielt, hatte heuer eine Aufgabe, die für ihn ungewohnt war: die Oberflächen von Tischen und Bänken abzutrocknen. „Wir haben so viele Jahre Glück mit dem Wetter gehabt – dieses Mal halt nicht“, nahm er am Samstagabend das Nass von oben gelassen. Wie viele andere auch. Und am Ende waren sich alle Befragten einig, egal ob aus Steinheim stammend oder von außerhalb dazu gestoßen: „Besser hier als gar kein Fest.“
Dank an das Ehrenamt
Feuerwehr
Stadtchef Thomas Winterhalter nutzte seine Rede, um der Feuerwehr und weiteren Blaulichtorganisationen sowie ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern zu danken. „Die vergangenen Hochwasser- und Starkregenereignisse haben uns gezeigt, wie wichtig es ist, aufeinander zählen zu können.“
Fluthilfe
In diesem Zusammenhang würdigte er auch das Engagement von Tina Siber und Steffi Nafzger von der Flutopferhilfe aus dem Ländle. Ihr Einsatz nach der verheerenden Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 sei außergewöhnlich gewesen. „Fast jedes Wochenende waren rund 20 Helfer und Helferinnen im Ahrtal“, erinnerte er. „Unter der Woche organisierten Tina Siber und Steffi Nafzger von zu Hause aus, was an Sachspenden gebraucht wurde, und fuhren am Wochenende wieder hin, um tatkräftig mit anzupacken.“ Im September 2022 endete die Hilfe aus Steinheim. In dieser Zeit legten die beiden mehr als 35 000 Kilometer zurück und leisteten unzählige Arbeitsstunden. „Ihr Einsatz war und ist ein leuchtendes Beispiel für Mitmenschlichkeit und Solidarität. Ihr Vorbild zeigt uns allen, was möglich ist, wenn man zusammenhält und sich gegenseitig unterstützt“, würdigte Winterhalter das Engagement der beiden Frauen.