Die Christdemokraten erinnern das neue Stadtoberhaupt Fritz Kuhn (Grüne) bei der offiziellen Amtseinführung im Stuttgarter Rathaus an die Bedeutung des Autos für die Landeshauptstadt. Stuttgart-21-Gegner fordern unterdessen lautstark den Projektstopp.

Stuttgart - Egal, wer in Stuttgart als OB auftritt – er wird vom harten Kern der Stuttgart-21-Gegner daran erinnert, dass es keine Ruhe in der Stadt gibt, solange das Projekt in der vorliegenden Form vorangetrieben wird. Das durfte Wolfgang Schuster bei seiner Verabschiedung am Samstag erfahren und am Montag sein Nachfolger Fritz Kuhn. Während der Grüne im Rathaus den Amtseid ablegte, skandierten die Teilnehmer der 155. Montagsdemonstration auf dem Marktplatz: „Oben bleiben.“

 

Im voll besetzten Sitzungssaal war es die Aufgabe der Grünen-Fraktionschefs Silvia Fischer und Peter Pätzold, dem neuen OB die Amtskette umzulegen. Pätzold verwies auf die jüngsten Erfolge der Grünen bei der Kommunal-, Landtags- und OB-Wahl . Diese seien kein Zufall oder gar Ausrutscher, „sondern Ergebnisse harter, langer Arbeit“. Auf Kuhn warteten schwere Aufgaben wie der Umbau der Bildungslandschaft und der Ausbau der Kitas. Das Klinikum benötige seine Unterstützung, ebenso die Kulturlandschaft. Der Konflikt um Stuttgart 21 sei ebenfalls nicht gelöst und seitdem „die deutlichen Mehrkosten endlich offiziell bestätigt wurden, aktueller denn je“. Pätzold erinnerte den OB daran, dass es im Rathaus keine Regierung und Opposition gebe, sondern wechselnde Mehrheiten, die sich an den Themen orientierten. Er warnte den Parteifreund: „Auf Ihrer Fahrt mit der Stadtbahn oder dem Fußweg ins Rathaus werden sie Bürger treffen, die Sie mit Lob oder Kritik konfrontieren – direkt und unverstellt und auch auf gut Schwäbisch, wenn es sein muss.“

Der CDU-Fraktionschef Alexander Kotz sieht in dem Umstand, dass Kuhn der einzige OB in Stuttgart seit dem Krieg sei, der nur eine achtjährige Amtszeit vor sich habe, die Chance, „unbeliebte, aber wichtige Entscheidungen zu treffen“. Für eine Politik ohne ideologische Scheuklappen, die Wolfgang Schusters erfolgreiche Politik fortsetze, „sicher mit zahlreichen neuen Akzenten“, stehe die CDU zur Verfügung.

Rockenbauch: „Nicht hinter Volksabstimmung verstecken“

Kotz überreichte ein Antrittsgeschenk mit Symbolcharakter: ein grün-schwarzes Spielzeugauto, das Kuhn daran erinnern solle, „wie wichtig das Automobil für Ihre Stadt ist“. Für diesen Wink mit dem Zaunpfahl erntete er von den Bürgern, die die offiziell als Gemeinderatssitzung deklarierte Feier im Kleinen Sitzungssaal auf einer Leinwand verfolgten, Buhrufe.

„Leiten Sie die Geschicke unserer Stadt mit glücklicher Hand“, sagte die SPD-Chefin Roswitha Blind. Sie forderte Kuhn auf, seine Versprechen umzusetzen: bezahlbare Wohnungen für alle, eine Bauplanung, die das öffentliche Interesse vor Investoren stelle, sowie einen stadtverträglichen Verkehr. Jürgen Zeeb verglich seine Freien Wähler mit den unbeugsamen Galliern, die der römischen Weltmacht trotzten. Und wenn auch Kuhn nicht ihr Wunschkandidat gewesen sei, so wolle man ihm doch „eine faire Chance auf eine spannende und erfolgreiche Amtszeit geben“. Das sagte auch FDP-Chef Bernd Klingler zu. Hannes Rockenbauch (SÖS) kündigte an, dem neuen OB bei Bedarf „Feuer unterm Stuhl zu machen, falls warme Worte nicht helfen“. Kuhn dürfe sich bei S 21 nicht hinter der Volksabstimmung verstecken.

Der Gesamtpersonalratsvorsitzende Uwe Theilen forderte den Rathauschef auf, sich Zeit für die Bürger und die Mitarbeiter zu nehmen. „Führung ohne Kommunikation geht schief.“ Zudem wies Theilen den OB darauf hin, dass der Ausbau der Kinderbetreuung und besserer Service für die Bürger „nicht weniger, sondern mehr Personal benötigen“.