Vor 75 Jahren wurde die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen gegründet. Ministerpräsident Winfried Kretschmann würdigte bei einem Festakt den Beitrag der Hochschule zum gesellschaftlichen Wandel

Vor 75 Jahren wurde in Nürtingen zur Entwicklung und Professionalisierung der Landwirtschaft in Nachkriegsdeutschland eine Höhere Landbauschule mit 44 Studienplätzen in einem Agrarstudiengang eingerichtet. Beim Festakt in der mit 600 Gästen voll besetzten Stadthalle Nürtingen wurde am Freitag Rückschau auf die Entwicklung hin zur heutigen Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) mit etwa 5500 Studierenden in 33 Studiengängen gehalten. Ministerpräsident Winfried Kretschmann betonte in seiner Rede die Rolle der Hochschule bei der Entwicklung nachhaltiger Denkweisen und Handlungsformen zur Bewältigung künftiger gesellschaftlicher Herausforderungen.

 

„Die Gründung der Höheren Landbauschule im Jahr 1949 war ein Glückstag für die Stadt Nürtingen“, sagte Oberbürgermeister Johannes Fridrich. Die Institution habe „eine fast unglaubliche Entwicklung genommen“ und damit auch Nürtingen geprägt. Mit dem Weg von der reinen Bauernschule über die Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften und der Gründung eines Standorts in Geislingen sowie der Integration einiger „Studiengänge mit Alleinstellungsmerkmal“ habe die heutige HfWU eine große Bedeutung bei der „Verbindung von Ökonomie und Umweltschutz, einer der größten Herausforderungen für die Zukunft“, sagte Fridrich.

Kretschmann warnt vor „Technologiebeliebigkeit“

Dies würdigte auch Kretschmann, der als Festredner auf die Nachhaltigkeit als entscheidendes Leitmotiv für die Entwicklung von Zukunftsstrategien hinwies. „Wir müssen die Klimafrage und die notwendige gesellschaftliche Transformation, Ökologie und Ökonomie zusammenbringen“, forderte er. „Nur zusammen können wir den Wandel meistern.“ Die HfWU habe sich dabei als „Modellhochschule für nachhaltige Entwicklungen in der Landwirtschaft, der Zukunftsökonomie und der Mobilität“ etabliert. Im Hinblick auf den Industriestandort Deutschland sei „Stetigkeit in der Förderung“ erforderlich. „Ich habe kein Problem mit Technologieoffenheit, das kann aber nicht Technologiebeliebigkeit heißen“, sondern verlange eine nachhaltige Entwicklung der Infrastruktur, betonte er.

Übertragen auf die Landwirtschaft bedeute dies eine entsprechende Förderung von angewandter Wissenschaft und Zukunftstechnologien. „Das Problem ist: Das kostet etwas.“ Wirtschaftlich gesunde Höfe und gesunde Nahrung müssten den Menschen etwas wert sein. „Wer für sein Essen nur den Preis von Hundefutter bezahlen will, bekommt am Ende auch nicht mehr.“

Andreas Frey, der Rektor der HfWU, verwies darauf, dass die Hochschule durch ihre Vielfalt und interdisziplinären Studienangebote „die drei Säulen der Nachhaltigkeit, nämlich Ökologie, Ökonomie und Soziales“ unter ihrem Dach vereine. Mit Blick auf die künftigen Herausforderungen sagte Frey, die Hochschulen müssten „die sozial-ökologische Transformation der Gesellschaft mitgestalten“, entsprechend ihre Lehrkultur verändern und „Bausteine für interdisziplinäre, überfachliche Kompetenzen anbieten“. Die HfWU zeichne sich dabei bereits durch ihre Nachhaltigkeitsstrategie aus.