Wer anderen schöne Stunden bei Hocketse und Co. bescheren will, muss viele Vorschriften einhalten. Die Stadt Stuttgart hat zur Unterstützung extra eine Stelle geschaffen.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Bald geht es wieder los: Im Juni startet die Festlessaison. Hocketse, Vereinsfeier, Gartenfeste, Straßenfeste, Kinderfeste, sie sind eine Bereicherung des Gemeindelebens in der Großstadt wie in den Dörfern. Doch immer wieder hört man Klagen: zu viel Aufwand, zu viele Auflagen, zu viel Aufhebens um Hygienevorschriften, Rettungsgassen, Feuerwehrzufahrten. Lästige Schikane der Ehrenamtlichen oder der Vernunft geschuldete Maßnahmen? Das ist hier die Frage. Ein einheitliches Bild, ob das Feiern tatsächlich schwieriger geworden ist, ergibt sich nicht. Die einen geben auf, die anderen starten neu durch – für beides gibt es Beispiele.

 

Die Bürger sollen nicht alleingelassen werden. Dazu bekennt sich die Stadt Stuttgart nicht nur mit vielen schönen Lobreden, sondern sie handelt: Auf Antrag der CDU in der zurückliegenden Haushaltsrunde ist eine Stelle geschaffen worden, die noch vor der Sommerpause nach Möglichkeit besetzt werden soll. Angesiedelt im Referat Sicherheit und Ordnung des Bürgermeisters Martin Schairer (CDU) soll der neue Kollege oder die neue Kollegin Stuttgartern helfen, die Leben in die Straßen und auf die Plätze der Stadt bringen wollen. „Viele tun sich sehr schwer mit der Organisation“, sagt Schairers Referent Hermann Karpf.

Wer ein Fest organisiert, übernimmt viel Verantwortung

Die Unterstützung der Ehrenamtlichen durch diese Stelle sei im Rat als notwendig erachtet worden, obwohl bereits ein standardisiertes Antragsverfahren bestehe. Aber die Liste der zu erledigenden Dinge ist auch lang: Die Frage der Haftpflicht ist zu klären, Verkehrszeichenpläne müssen vorgelegt werden, ab einer gewissen Größe der Veranstaltung und einer entsprechenden Anzahl von Besuchern sei auch ein Sicherheitskonzept erforderlich – bis hin zu Durchfahrtsbarrieren, wie sie aktuell dauerhaft rund um den Schlossplatz zur Absicherung der Veranstaltungen dort platziert sind. Damit nicht genug: Wer Speisen und Getränke anbieten will – und ohne die hat ein Fest ja kaum eine Chance auf Erfolg –, muss sich mit den lebensmittelhygienischen Vorschriften auskennen und deren Einhaltung beachten.

Das Amt für öffentliche Ordnung nehme die Anträge zentral entgegen und stimme sich dann mit anderen Ämtern und Behörden ab. Dazu zählten das Baurechtsamt, die Feuerwehr, Rettungsorganisationen und die Polizei. „Dann muss man überlegen, welche Auflagen notwendig sind“, erläutert Karpf. Dass die gesetzlichen Auflagen in den zurückliegenden Jahren ständig schärfer geworden seien, sei eine Mär. „Was sich aber geändert hat, ist der Umgang damit“, sagt Hermann Karpf. „Die Verantwortung, die der Einzelne auf sich nimmt, wiegt schwerer.“

Die steigende Zahl von Allergikern macht Probleme

Das Beispiel der Rücksicht auf Lebensmittelallergien verdeutlicht diese Problematik: Früher habe man bei keinem Kuchenverkauf in Schulen oder Kindergärten Zutatenlisten gefordert. Doch mit der steigenden Zahl von Allergikern und den Risiken für diese sei es nun notwendig geworden, diese auszuweisen. Das gelte auch für Unverträglichkeiten, etwa gegen Laktose.

„Wir setzen sehr stark auf Beratung“, sagt Thomas Stegmanns, der Leiter der Lebensmittelüberwachung. Ein zentraler Punkt sind Schulungen für Ehrenamtliche im Umgang mit Lebensmitteln. „Anfang Juni haben wir wieder eine Veranstaltung für alle Vereine in Bad Cannstatt, ich rechne mit 150 bis 180 Teilnehmern“, sagt er. Es handele sich um einen einstündigen Vortrag, in dessen Rahmen die Grundlagen erläutert werden. Die Veranstalter des Christopher Street Days, das Team des Dies Academicus an der Universität Hohenheim und das Forum der Kulturen hätten diesen Service schon in Anspruch genommen.

Sie haben unter anderem gehört: „Ohne Handwaschbecken geht gar nichts.“ Wer Essen verkaufen will, braucht Seife, fließendes warmes Wasser und Einmalhandtücher zum Abtrocknen. Da versteht das Amt auch keinen Spaß. „Vergangenes Jahr mussten wir mal einschreiten, als an einem Stand Hühnerspieße zubereitet werden sollten – und es gab keine Gelegenheit, die Hände zu waschen. Die durften dann erst weitermachen, als sie ein Handwaschbecken hatten“, berichtet er. „Von Handschuhen sind wir nicht so begeistert“, sagt Stegmanns. Sie würden nur den Anschein erwecken, die Hände seien sauber: „Wenn man damit aber Essen, Geld und Putzlappen anfasst, ist es alles andere als hygienisch.“

Fleisch und Salat unter sieben Grad, Geflügel unter vier Grad

Eine weitere zentrale Vorschrift sei es, die Arbeitsplatte „hell, glatt und abwaschbar“ zu gestalten. Das soll garantieren, dass man Verunreinigungen sieht und auch zuverlässig wegputzen könne – auf einer ungehobelten Holzplatte sei das nicht möglich. Zur Vermeidung von Krankheitserregern sei nicht zuletzt die Kühlung unerlässlich: „Fleisch und Salate unter sieben Grad, Geflügel unter vier Grad und Fisch auf anschmelzendem Eis – also um den Gefrierpunkt“, nennt Stegmanns die Faustregeln. Wer Getränkekühlschränke aufbaue, solle sich und den Gästen den Gefallen tun, diese rechtzeitig vorher anzuschließen und davor mit Essigwasser auszuwaschen. „Dann müffelt es nicht und es schimmelt nichts“, sagt der Fachmann.

Beim Umgang mit Hackfleisch rät Stegmanns zur größten Vorsicht: Am besten solle man Gerichte damit nicht vor Ort am Verkaufsstand zubereiten. Ähnlich umsichtig solle man bei der Verwendung von Eiern sein – nicht nur die jüngste große Rückrufaktion von Freilandeiern in Baden-Württemberg wegen Salmonellenalarm sei da eine Warnung: „Wer unbedingt frische Spätzle schaben will, dem raten wir, sich Eier im Tetrapack zu kaufen – das wird auch in der gehobenen Gastronomie verwendet. Da gibt es Vollei, Eiweiß, Eiklar – alles einwandfrei“, rät der Lebensmittelfachmann. Tipps wie diese habe er noch viele auf Lager – bei Schulungen erfahren pro Jahr mehrere Hundert Ehrenamtliche in der Stadt davon.