Eine Gastronomie bei der Burg in Oberstenfeld (Kreis Ludwigsburg) wünschen sich viele im Bottwartal. Konflikte verhindern jedoch einen Fortschritt.

Die Burg Lichtenberg überragt als Wahrzeichen das Bottwartal – und nicht wenige wünschen sich, mit einem Glas Bier oder Wein in der Hand den Blick hinunter zu genießen. Auf diesen Moment zu warten, entwickelt sich aber immer mehr zu einem Geduldspiel. Hinter den Kulissen gärt ein Streit, der mit harten Bandagen geführt wird. Rechtsanwälte sind eingeschaltet. Der Burginvestor, ein Eierproduzent und die Gemeinde Oberstenfeld finden keinen Weg, die Projekte einvernehmlich zu bündeln.

 

Warum tut sich auf dem Berg nichts?

Der Stillstand überrascht umso mehr, als alle Beteiligten sich immer wieder zur Außengastronomie auf der Burg bekennen. „Die Menschen freuen sich auf den Biergarten – ich arbeite weiter dran“, sagt Christoph Wichmann. Der Investor kämpft derzeit an mehreren Fronten. Dabei stellen sich ihm zwei Probleme. Zum einen muss er einen Zugang zur Fläche des Biergartens schaffen. Nach einem Gerichtsprozess gegen einen Nachbarn scheint die Option an der besten Stelle aber gescheitert. Zweites Problem aus Sicht von Wichmann ist das Bauvorhaben des Eierproduzenten Martin Föll, der einen Stall mit 12 000 Hühnern errichten will. Der Burginvestor spricht von Gestank, Massentierhaltung und Traktorenverkehr auf der engen Zufahrtsstraße, gegenüber „einem Kleinod für alle, die Naherholung suchen“. Drittes Problem für den Burginvestor: Er braucht für die etwa 200 Sitzplätze in dem Biergarten noch 34 Parkplätze.

Warum ist ein Kompromiss bei den Stellplätzen nicht möglich?

In dieser Frage zeigt Christoph Wichmann harte Kante. Er beansprucht einen Teil der öffentlichen Parkplätze der Gemeinde auf einem Grundstück an der Zufahrtsstraße für sich. Der inzwischen verstorbene Baron als Eigentümer der Burg hatte die Fläche der Kommune in den 1960er Jahren geschenkt. „Sie sollten der Weiterentwicklung der Burg als touristisches Ziel dienen“, sagt Wichmann. Eine andere Auffassung vertritt der Oberstenfelder Bürgermeister Markus Kleemann, der keine Baulast für die Burg eintragen will. „Ich muss mich an geltendes Recht und das Gesetz halten“, sagt er, betont aber auch, dass der Gemeinderat alles dafür tun wolle, damit ein Biergarten auf der Burg entstehen könne. Allerdings dürften die Stellplätze keinem privaten Zweck zugeführt werden. „Die Gesetzeslage ist eindeutig.“ Das sieht Wichmann anders.

Kann ein Bürgerbegehren etwas ändern?

Christoph Wichmann setzt auf ein Bürgerbegehren. Er habe 400 Unterschriften gesammelt, die er bald übergeben wolle. Damit seien die nötigen sieben Prozent der Wahlberechtigten erreicht. Die Unterzeichner sprechen sich für eine Baulast auf dem Parkplatz zugunsten der Burg aus. „Jetzt muss sich der Gemeinderat damit auseinandersetzen.“ Sollte das Gremium die Baulast ablehnen, strebt Wichmann ein Bürgerentscheid an. Er glaubt, dass die erforderlichen 20  Prozent der Wahlberechtigten in Oberstenfeld auf seiner Seite sind. In die Irre geführt sieht hingegen Markus Kleemann die Unterzeichner des Quorums. „Das Bürgerbegehren ist rechtlich unzulässig: Ich kann dem Nachbarn nicht das Haus wegnehmen, weil die Bürger wollen, dass ich es ihm wegnehme.“

Wie steht es um den Hühnerhof?

Martin Föll hält die Einwände Wichmanns für völlig übertrieben und will sein Projekt vorantreiben. „Ich habe die ganze Zeit meine Hand ausgestreckt“, sagt der Landwirt, der bereit gewesen wäre, auf seinem Grundstück im Tausch mit der Gemeinde Parkplätze für die Burg zu errichten, um für sich selbst eine weitere Zufahrt bauen zu können. Verkehrs- oder Geruchsprobleme sieht er nicht. Schließlich halte er an seinem Standort im Großbottwarer Sauserhof die fünffache Menge an Hühnern und handele sich keine Beschwerden wegen Emissionen ein. „Es handelt sich keineswegs um Massentierhaltung.“ Drei Tonnen Tiermist würden nur einmal pro Woche mit einem kleinen Anhänger aus der Kothalle abgeholt. Auch die Höhe der Futtersilos halte sich mit sechs Metern in Grenzen: „Sie sind so hoch wie die beiden Ställe.“ Der Burgblick werde nicht gestört.

Was soll der Gemeinderat entscheiden?

Der Oberstenfelder Gemeinderat befasst sich am 9. März noch einmal mit dem Baugesuch. Der Technische Ausschuss hatte im Dezember 2021 das städtebauliche Einvernehmen knapp mit sechs gegen vier Stimmen abgelehnt. Damals hatte Markus Kleemann den Räten das Nein damit schmackhaft gemacht, dass ein Kompromiss in der Parkplatzfrage erzielt werden könnte. Wegen der besonderen Bedeutung des Lichtenbergs sollte der Gemeinderat und nicht der Technische Ausschuss entscheiden, hieß es später. Martin Föll möchte, dass es vorangeht und reicht das Baugesuch deshalb jetzt noch einmal ein. Markus Kleemann schlägt in der Sitzungsvorlage vor, das Gesuch abzulehnen. „Uns fehlen Angaben zum naturschutzrechtlichen Ausgleich.“ Das Fehlen bestreitet Föll nicht, sieht aber nicht die Gemeinde als Prüfinstanz zum Umweltausgleich, sondern die Untere Baurechtsbehörde des Landratsamts Ludwigsburg. Es gehe ja nur um das Einvernehmen. Markus Kleemann sieht das anders: „Wir brauchen diese Angaben, um zu entscheiden.“

Was sagt das Landratsamt dazu?

Das Landratsamt Ludwigsburg gibt dem Oberstenfelder Bürgermeister recht. „Wir gehen davon aus, dass die Gemeinde ihr Einvernehmen aufgrund der fehlenden Umweltunterlagen zurecht versagen kann“, sagt Wolfgang Bechtle, Leiter des Fachbereichs Bauen und Immissionsschutz. Grundsätzlich brauche Martin Föll für sein Bauvorhaben das Einvernehmen der Gemeinde. Diese Pflicht leitet Bechtle vom Paragrafen 36 des Baugesetzbuches ab. Der Bauherr müsse einen Ausgleichsplan vorlegen. Seine Fläche liege im Landschaftsschutzgebiet und im Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald.

Die Burg Lichtenberg – das Wahrzeichen des Bottwartals

Historie
 Die Burg wurde vor mehr als 800 Jahren, anno 1197, erstmals urkundlich erwähnt. Sie gilt als eine der ältesten vollständig erhaltenen staufischen Burganlagen nördlich der Alpen und dank der exponierten Lage über Oberstenfeld als das Wahrzeichen des Bottwartals. 1357 verkaufte die Familie von Lichtenberg die Burg an das Haus Württemberg. 1483 belehnte Graf Eberhard im Bart seinen Landhofmeister Dietrich von Weiler mit ihr. Seither ist sie im Besitz der Freiherren von und zu Weiler mit Sitz im Schloss Weiler – inzwischen am in den 1970er-Jahren aufgestauten Breitenauer See gelegen. Verwaltet wird sie von der Freiherr von und zu Weiler & Wichmann GbR mit ihrem Geschäftsführer Christoph Wichmann.

Die Burg heute
 Das Erscheinungsbild stammt größtenteils aus dem 14. Jahrhundert. Die Burg ist nicht öffentlich zugänglich. Auf ihr können aber Feste gefeiert werden. Auch Führungen werden angeboten.