Kompositionen der Amerikanerin Molly Joyce sind am 10. Oktober in Esslingen beim Festival der Kulturregion zu erleben. Im Weilerhau-Wald in Filderstadt-Plattenhardt (Kreis Esslingen) gibt es einen Skulpturenpfad auf Zeit.

Kunst einem breiten Publikum zu erschließen, ist ein Ziel des Festivals „Jetzt!“ der Kulturregion Stuttgart. Auch Städte im Kreis Esslingen machen mit. Wanderer entdecken derzeit beim Fortsbetriebshof im Weilerhau in Filderstadt-Plattenhardt Skulpturen aus Holz. Sie sind im Rahmen eines Symposiums für Bildhauer entstanden, das Professor Georg Schumacher leitete. Im Alten Rathaus in Esslingen ist am Donnerstag, 10. Oktober, von 19.30 Uhr an, ein Konzert mit einem jungen Ensemble zu erleben, in dessen Mittelpunkt Kompositionen der Amerikanerin Molly Joyce stehen.

 

Noch bis zum 12. Oktober läuft das Festival. Dass die künstlerischen Leiter Bernhard Herbordt und Melanie Mohren, die Komponistin und Performerin Molly Joyce als Festivalbeitrag für Esslingen vorgeschlagen haben, freut Selma Brauns, die Geschäftsführerin des Podium-Festivals. Denn die Künstlerin, die ihre Behinderung als „Quelle der Kreativität“ begreift, hat 2023 für das Festival innovativer Musik ein Auftragswerk komponiert. Brauns und ihr Team haben nun mit der Kulturregion ein Konzertformat entwickelt, das die besondere Karriere von Molly Joyce spiegelt. „Gespielt werden nicht nur ihre eigenen Werke“, sagt Brauns. Auch Kompositionen von Phil Glass und Sarah Kirkland Snider werden in der Schickhardt-Halle des Alten Rathauses in Esslingen aufgeführt. Der Eintritt ist kostenlos.

Molly Joyce geht offen mit ihrer Behinderung um. Diese Erfahrungen reflektiert die Komponistin in ihrer künstlerischen Praxis. Das hat das Kuratorenteam Herbordt und Mohren gereizt. „In der Kunst geht es um Teilhabe“, sagt Bernhard Herbordt. Die Perspektive von Menschen mit Behinderungen zieht sich auch als ein roter Faden durch das Festivalkonzept. Als „Philosoph in Residenz“ begleitete der österreichische Choreograf, Tänzer und Denker Michael Turinsky das Festival mit Salons und Workshops.

Im Projektturm auf dem Stuttgarter Hauptbahnhof setzte er sich mit der Mobilität behinderter Menschen auseinander. Dass im Bahnverkehr und auch beim Großprojekt Stuttgart 21 vieles krankt, machte Turinsky aus eigenem Erleben deutlich. An einer Stadtbahnhaltestelle stieß er mit seinem Rollstuhl auf zwei defekte Aufzüge. Dadurch seien der Mobilität von Menschen mit Behinderung starre Grenzen gesetzt.

Blick über die Stadtgrenzen hinaus

Was hat Selma Brauns vom Podium-Festival an der Zusammenarbeit mit der Kulturregion Stuttgart gefallen? „Es ist so wichtig, dass anspruchsvolle kulturelle Projekte nicht nur in der Landeshauptstadt Stuttgart stattfinden.“ Kunstfreunde sollten sehen, „dass es auch in Esslingen und anderswo in der Region viel zu entdecken gibt“. Den Austausch mit Herbordt und Mohren hat die Podium-Geschäftsführerin als sehr spannend erlebt.

Die beiden leiten das Schaudepot in Stuttgart im Altenbergweg. Dort realisieren sie interdisziplinäre Kulturprojekte, die breite Schichten zum Mitmachen anregen. Für ihre bemerkenswerten Arbeiten sind sie 2022 mit dem Faust, dem renommiertesten deutschen Theaterpreis, ausgezeichnet worden. Auf „nachhaltige Beziehungsarbeit“ kommt es Herbordt an. Sein Ziel ist es, mit den Projekten Impulse zu geben, die über das Festival hinausweisen. Melanie Mohren findet es wichtig, mit den Menschen in den Kommunen neue Formate zu erproben. Kunstschaffende mit den Akteurinnen und Akteuren vor Ort zu vernetzen, das strebt die Kuratorin an.

Das Netzwerk der Kulturregion Stuttgart, in der 43 Kommunen aktiv sind, gefällt Ina Penßler vom Kunstbüro der Stadt Filderstadt. Den Austausch über die Stadtgrenzen hinaus findet die Kunsthistorikerin spannend. Die Herausforderung, Künstlerinnen und Künstler mit Menschen vor Ort in Kontakt zu bringen, nimmt sie gerne an. Dennoch: „Ich würde mir wünschen, dass mehr Menschen die Projekte aktiv begleiten.“ Dafür leistet Penßler viel Vermittlungsarbeit. Mit dem Skulpturenpfad im Weilerhau hat sie es auch dieses Jahr geschafft, Kunstfreunde und Spaziergänger niederschwellig in Kontakt mit den Arbeiten zu bringen. Das Sitzkunstwerk „Ohne Titel“ von Professor Paul Petry lädt zum Verweilen ein.

Das ist in Filderstadt auch in früheren Jahren geglückt. 2018 arbeitete der bekannte Pop-Art-Künstler Andorra mit behinderten Menschen in Filderstadt, bemalte Percussions mit ihnen. Er fuhr mit einem auffälligen Rad durch die Stadtteile Filderstadts, kam so mit Menschen ins Gespräch. 2020 porträtierte die Kunstprofessorin und Fotokünstlerin Katharina Mayer Familien aus Filderstadt. Diese Begegnungen der Menschen mit der Kunst findet Penßler besonders schön.

Mit dem Floß durch die Kulturregion

Das Thema
 „Handlungsräume zwischen Kunst und Gesellschaft“ lautet der Untertitel des Festivals „Jetzt!“ der Kulturregion Stuttgart, das noch bis 12. Oktober läuft. Dabei lenkt das Kuratoren-Duo Bernhard Herbordt und Melanie Mohren den Blick auf die Teilhabe von Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft.

Aufs Wasser
 Die Wasseradern der Region standen bei der aktuellen Auflage des Festivals im Fokus. Mit einem Festivalfloß, das an unterschiedlichen Stationen Halt machte, lenkte die Kulturregion den Blick auf die Flüsse, die an vielen Orten gut erschlossen sind. An anderen Stellen gibt es da aber noch viel Nachholbedarf.

Finale
 Das Festival „Jetzt!“ der Kulturregion endet am 12. Oktober, mit einem Veranstaltungsreigen auf dem Franck-Areal in Ludwigsburg. Das Programm dort beginnt um 13.30 Uhr.

Weitere Informationen zu den letzten Festivaltagen gibt es im Internet unter: www.kulturregion-stuttgart.de