Bei Leonpalooza tritt nicht nur der Superstar aus Irland auf. Auch Nena und andere Größen aus der Musikszene kommen nach Leonberg. Doch dafür ist der Organisator Nils Strassburg fast rund um die Uhr im Einsatz.

Änderungshinweis: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, das Konzert von Bob Geldof sei ein reines Stehplatz-Konzert. Das stimmt nicht. Stehplätze gibt es nur bei den Auftritten von Nena, Nathan Carter, den Söhnen Mannheims und Glasperlenspiel. Alle anderen Veranstaltungen sind bestuhlt.

 

Wenn nachts um zwei das Telefon klingelt, sind die meisten Menschen extrem beunruhigt: Irgendetwas muss passiert sein, wenn um diese Zeit noch jemand anruft. Bei Nils Strassburg sind solche Telefonate normal. Eine Managementfirma aus den USA meldet sich oder der Agent einer Rockband, die ihren Meinungsbildungsprozess erst zu später Stunde abgeschlossen hat und diesen kundtun möchte.

Strassburg ist Veranstaltungsmanager der Stadt Leonberg und hat in den vergangenen Monaten das Programm für das Sommerfestival Leonpalooza zusammengestellt. Und das hat es in sich: Kein Geringerer als Bob Geldof, der Erfinder des legendären Live-Aid-Festivals von 1985, gönnt sich nach langer Pause einen Auftritt in Leonberg.

Neues Format schlägt ein

Geldof ist einer der bekanntesten Namen beim Sommerfestival auf dem Bürgerplatz vor der Stadthalle, das vor drei Jahren als ein kurzfristig gestemmtes Angebot in schlimmsten Corona-Zeiten seine Premiere hatte. Das damals neue Format mit vielfältigen wie hochkarätigen Künstlern aus der Musik- und Kabarettszene traf den Nerv des Publikums. Die Menschen saßen auf Pallettensofas und genossen die Darbietungen bei einem Glas Wein und einem Snack: Rockstars im Wohnzimmer.

Leonberg ist bei Stars ein guter Name

Ganz so intim wird es diesmal nicht mehr zugehen. Leonpalooza hat sich weiterentwickelt. Das Festival hat sich beim Publikum im Großraum Stuttgart wie auch in der europäischen Musikbranche herumgesprochen. Leonberg ist selbst bei Stars ein guter Name.

Doch der Weg dahin war und ist weit und birgt viele Stolpersteine. „Man braucht einen ganz langen Atem und viel Enthusiasmus“, berichtet Strassburg, der selbst als gefragter Elvis-Interpret auf vielen Bühnen musikalisch unterwegs ist. Seine eigenen Erfahrungen kommen ihm bei der Akquise der Künstler zugute. Strassburg weiß, wie Musiker oder Komödianten ticken. Und er ist den Umgang mit Managern und Konzertagenten gewohnt. „Um zwölf Abende zu gestalten, musst du bei 200 Leuten anfragen“, erzählt er vom monatelangen Abklappern der Künstleragenturen. „Viele treten nur auf Bühnen mit einer Mindestgröße auf, andere haben Gage-Forderungen, dass es eine volle Arena braucht, um diese zu finanzieren.“

Anfrage bei 200 Künstlern

Geld spielt nicht nur im großen Showbusiness eine zentrale Rolle. Auch der Leonberger Veranstalter muss auf die Kosten achten: „Natürlich geht es darum, Kultur in unsere Stadt zu bringen, aber es muss sich auch rechnen.“ Eine schwarze Null sollte schon am Ende stehen, ist Strassburgs Devise – gerade bei einem kommunalen Festival.

Geldolf kommt eigens zu Leonpalooza

Und so entscheiden oft persönliche Kontakte, Sympathie und noch öfter Zufälle über den Auftritt eines echten Stars. Wie bei Bob Geldof etwa. „Er weiß, wie schwierig die Organisation eines Festivals ist“, sagt Nils Straßburg. „Und er liest zum Glück noch selbst Mails.“ Und so erfuhr der sozial engagierte Ire von der Anfrage aus dem bis dato unbekannten Leonberg und fand Gefallen daran, doch noch mal auf die Bühne zu gehen. Geldof kommt mit jenen Musikern, die auch in seiner Band Boomtown Rats gespielt hatten eigens für dieses eine Konzert ins Ländle. „Der will“, freut sich Gastgeber Straßburg.

Nena begeistert drei Generationen

Auch Nena will. Die eigenwillige Sängerin hatte ihre Deutschland-Tournee aus Protest gegen mögliche 2G-Regeln abgesagt und macht nur zwei Konzerte in Deutschland: eines in Lüneburg und eben am 15. Juli die Show in Leonberg. Für Nils Strassburg ein „echter Glücksfall“. Eben weil sie ein generationenübergreifendes Publikum anspricht und Hits am laufenden Band liefert.

Dass Nena, besonders seit ihren Aussagen rund um die Coronapandemie, mindestens polarisierend ist, das weiß auch Strassburg. Für ihn war die Entscheidung aber Abwägungssache, wie er sagt: „Wir bewerten Künstler zunächst einmal musikalisch“, erklärt er. Das stehe für ihn im Vordergrund. Man habe bei der Zusammenstellung des Programms aber auch darauf geachtet, Frauen auf die Bühne zu holen – denn diese sind in der Musikbranche deutlich unterrepräsentiert. Nena stehe da ganz oben auf der Liste, sagt Strassburg. Und sie sei ein Zugpferd – und die Ticketkäufer kämen aus dem ganzen Land nach Leonberg.

Nicht immer hatte der Organisator solche Erfolgserlebnisse. „Es gibt auch wahnsinnig viele Absagen“, berichtet er. „Manchmal glaubst du, dass alles klar ist, dann platzt es in letzter Sekunde. Und du hast wieder ein Loch im Programm.“ Zum Promiaufgebot hätte eigentlich auch Manfred Mann mit seiner Earthband gehört. Doch der Altstar spielt am Vorabend des Auftritts in Tübingen. „Zwei Konzerte hintereinander waren ihm dann doch zu viel“, meint Straßburg.

Bis vor einer guten Woche hatte der Leonpalooza-Chef noch einen schwarzen Fleck im Programm. Dann kam einer dieser nächtlichen Anrufe: Um 0.35 Uhr sagte das Management von Silly zu. Alles in Butter!

Letzte Zusage um 0.35 Uhr

Keine Palettensofas

Dass es beim Festival 2022 nicht mehr so familiär zugehen kann, wie in beiden Vorjahren, versteht sich von selbst. Es gibt eine größere Bühne und bei den Top-Acts wie Nena 1300 Stehplätze. Bei den anderen Konzerten können 800 Menschen auf Stühlen Platz nehmen. Die gemütlichen Palettensofas fallen weg. „Das hätten wir in diesen Dimensionen nicht hingekriegt“, meint Strassburg. Dass sich die Dimensionen wesentlich verändern, war ihm spätestens nach den Zusagen der beiden Superstars klar: „Da habe ich mir gedacht: Oh, das wird was!“

Speisen und Getränke aus der Region

Trotzdem können sich die Gäste wie immer auf ein kulinarisches Angebot und vielfältige Getränke freuen. Das meiste von regionalen Anbietern, wie er betont, auch aus Leonberg. „Die Leute sollen sich in jeder Beziehung wohlfühlen.“

Nur einen großen Wunsch, den konnte er sich bisher nicht erfüllen: ein Konzert mit Sting. Immerhin hat er dessen genialen Gitarristen Dominic Miller zu Gast. Der jazz- und bluesaffine Musiker steht am Vorabend mit seinem Chef bei den Jazz Open auf der Bühne und nutzt den freien Tourtag für ein Gastspiel in Leonberg.

Langweilt sich Sting?

Dass einer der musikalischen Gehirne aus Stings Band zu Leonpalooza kommt, ist ein Riesending, frohlockt Nils Strassburg. Und hat die Hoffnung auf den ganz großen Coup noch nicht aufgegeben: „Wer weiß: Vielleicht langweilt sich Sting ja und kommt auch spontan zu uns?“