Alle juristischen Tricks waren umsonst: Der 44 Jahre alte Geschäftsmann wurde festgenommen und in ein Gefängnis gebracht, in dem er seine Strafe absitzen muss.
Ditzingen/Stuttgart - Die Justiz hat Ernst gemacht: Der Gotthard-Raser wurde von der Polizei abgeholt und ins Gefängnis gebracht. Das war am frühen Dienstagmorgen in Ditzingen der vorläufig letzte Schritt in einem Strafverfahren, das sich seit langem hinzog. Der 44-Jährige war nach einer Rasertour durch die Schweiz im Februar 2017 zu einer Haftstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Weil er nicht zur Verhandlung in der Schweiz gekommen war, sollte er die Strafe in Deutschland absitzen. Bis dies gerichtlich bestätigt war, vergingen anderthalb Jahre.
Wohl kein anderer Verkehrssünder war in jüngster Zeit so oft in den Medien präsent wie der 44 Jahre alte Geschäftsmann. Er war im Sommer 2014 mit seinem Sportwagen rund 40 Minuten lang über Autobahnen in der Schweiz gerast, auch durch den Gotthard-Tunnel – daher sein Spitzname. Die Polizei stellte mehr als 200 Kilometer pro Stunde fest. Erlaubt sind 120, im Tunnel 80. Der Mann wurde mit einer Straßensperre gestoppt, sein Auto konfisziert.
Menschen in Lebensgefahr gebracht
Laut Schweizer Medien wurde im Prozess festgestellt, dass der Mann aus Ditzingen bei hohem Tempo noch trotz Verbots etwa zehnmal rücksichtlos überholte und Menschen in Lebensgefahr brachte. Zweieinhalb Jahre Haft lautete das Urteil, davon sollte er ein Jahr absitzen – wenn nicht in der Schweiz, dann in Deutschland.
Zur Verhandlung war der Angeklagte nicht erschienen. Weil ein Deutscher nicht ohne weiteres nach einer Verurteilung im Ausland hierzulande ins Gefängnis gebracht werden darf, gab es mehrere Gerichtstermine in Stuttgart. Einer Aufforderung im Juni, sich in einem Gefängnis zu melden, kam der Verurteilte nicht nach – er sei krank. Auch Aufforderungen, einen Gutachter aufzusuchen, ignorierte er. So kam es zu dem Schritt, den die Stuttgarter Staatsanwaltschaft vor Kurzem ankündigte: Der Mann wurde von der Polizei abgeholt. Er muss aber vermutlich kein Jahr absitzen, sondern kann nach sechs Monaten beantragen, auf Bewährung freizukommen. Darüber entscheidet das Landgericht.
Nie eine Entschuldigung
Der 44-Jährige hatte sich in der Öffentlichkeit nie einsichtig gezeigt, seine rücksichtlose Fahrt bereut oder sich bei den Menschen entschuldigt, die er in Gefahr gebracht hatte. Vielmehr wird er in einer Boulevardzeitung mit den Worten zitiert „Ich bin voll durch den Gotthard-Tunnel gebolzt. Das hat richtig Spaß gemacht!“ Der Schweizer Zeitung „Blick“ hatte er gesagt „Das Urteil interessiert mich nicht.“ Auch ließ er sich mit seinem Führerschein fotografieren. In einem Rundfunkinterview behauptete er, auf der Standspur am Verkehr vorbeizurasen, sei nicht unverantwortlich.
Der BMW des Mannes wurde vor wenigen Tagen versteigert. Sein neuer Besitzer sagte einem Blick-Reporter: „Rasen werde ich höchstens in Deutschland.“
Raser gibt es nicht nur in der Schweiz. Auch im Engelbergtunnel bei Leonberg wird auf die Tube gedrückt – besonders nachts und ohne Rücksicht auf die Bauarbeiten, die dort stattfinden. Deswegen gilt dann Tempo 60. Bei einer Kontrolle im September wurde ein 21-Jähriger erwischt, der dort mit Tempo 206 unterwegs war.