Die Hamburger Band Fettes Brot hat in der Stuttgarter Porsche-Arena gastiert und dabei keinen einzigen Titel ihres neuen Albums „3 is ne Party“ ausgespart. Dem Publikum hat es gefallen.

Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Stuttgart - Sie ist weg, die Zeit des Purismus der ganz frühen Tage des Hip-Hop, als ein DJ und ein paar Samples zum Rappen genügten. Noch weiter weg von der minimalistischen Devise, sogar weiter als manch anderer Vertreter des Genres, ist die Hamburger Band Fettes Brot. Ein üppiges Fundament legt eine ausgewachsene Backgroundcombo am Samstag in der gutbesuchten Stuttgarter Porsche-Arena, das Ganze driftet bisweilen ab in die Welt des Pop – manchmal leider schon in Richtung Ballermannmitgröldiscopop. Im wahrsten Sinne Samstagabendbespaßung liefert das Hamburger Trio stellenweise ab, und das tut ihm nicht unbedingt gut. Denn hier verschwimmen die Grenzen, bei vielen Stücken ihres neuen Albums stürzen sie auf dem ohnehin schmalen Grat zwischen Ironie und Klamauk auf die falsche Seite ab.

 

„3 is ne Party“ lautet der programmatische Titel des aktuellen Albums; viel Party, nicht allzu viel Botschaft. Das wäre auch okay, schließlich gibt es hierzulande keine Geschmackspolizei, die Musiker auf Ernsthaftigkeit verpflichten würde. Die einigen tausend Besucher in der Porsche-Arena bestätigen diese Devise. Das Konzert zeigt allerdings auch, wo kommerziell erfolgreicher Sprechgesang heutzutage steht. Ältere Semester mögen sich (national) noch an Advanced Chemistry oder (international) an NWA erinnern; hernach gab es Phasen der pfiffig-gediegenen Wortdrechselei (Die Fantastischen Vier und – jawohl, auch! – Fettes Brot); ärgste Proleten (Sido, Fler, Bushido) und zuletzt ärgste Arglosigkeit (Cro) respektive grobschlächtige Limitiertheit (ein Herr namens Mc Fitti, der in der Porsche-Arena das Vorprogramm bestritten hat). Es war alles schon mal da, auch das ist natürlich in Ordnung und könnte gar als bezeichnend für die künstlerische Vielfalt gewertet werden, die der deutsche Hip-Hop zu bieten hat.

Alle dreizehn Songs vom neuen Album

Die Band Fettes Brot nutzt jedenfalls gründlichst die Gelegenheit, ihr neues Album vorzustellen. Sie spielt – und das erlebt man bei Veranstaltungen großer Bands wahrlich selten (beziehungsweise bei näherem Grübeln: nie!) – ausnahmslos jeden der dreizehn Songs der jüngsten Scheibe. Gewürzt wird die Darbietung mittels geschickt verteilter Kracher – die Herren bringen nach mehr als zwei Dekaden im Geschäft hinreichend dramaturgische Erfahrung mit. „Emanuela“ als viertes Stück, „Jein“ im letzten Drittel, „Nordisch by Nature“ sowie schließlich „Bettina“ und „Schwule Mädchen“ in der überraschend zum Besten gegebenen Zugabe.

Da feixt er dann doch, der im Nacken sitzende Schalk, über die nach wie vor dufte Band Fettes Brot. Ihren fantasievollen Umgang mit der Sprache, den köstlichen Humor, das treffsichere Aufspießen von Alltagsgrotesken. Das konnten sie schon immer, und das können sie, beifallumrauscht, auch in der Porsche-Arena richtig gut.

„Schädelne Flagge weht hoch am Mast / Flucht aussichtslos, was soll die Hast“ – so heißt es im nicht nur in Norddeutschland berühmten Lied von der „Totenmanns Kiste“. „Ob Königin der Nacht oder Frust im Berufsleben / Hier geht es ab, Alter, musst du mal zugeben“ – so heißt es in der Adaption „Toten Mann Disco“, einem der Stücke auf dem neuen Brot-Album. So macht sich ein jeder seinen Reim auf das Leben. Was lehrt uns das angesichts dieser Darbietung? Party ist in Ordnung. Respekt vor den Alten aber auch.