Hunderte Feuerwehren nicht nur aus Baden-Württemberg unterstützen die Fellbacher Kameraden bei ihrer Sammelaktion für die Ukraine. Der ukrainische Katastrophenschutz holt einen Teil der Spenden mit Flugzeugen.

Fellbach - Drei Stunden sind Jens Thiele, der Brand- und Katastrophenschutzinspekteur der Feuerwehr Südliche Weinstraße, und seine Kameraden gefahren. Auf der Ladefläche des Transporters hatten sie ihren alten Feldkochherd geladen. Die Gulaschkanone sei trotz ihres Alters noch bestens in Schuss, erklärt Thiele. Dennoch haben die Brandschützer aus Rheinland-Pfalz noch rasch eine TÜV- und Gasprüfung gemacht, bevor sie die ausrangierte Feldküche samt Küchenzelt zur Sammelstelle in der Alten Kelter in Fellbach gebracht haben. „Sie ist voll einsatzfähig“, versichert Jens Thiele.

 

Feuerwehrautos aus Wörth am Rhein

Durchs ganze Land rollt die Hilfswelle und schwappt auch über die baden-württembergischen Grenzen hinaus. Auf dem Parkplatz hinter der Alten Kelter parken Feuerwehrautos aus Wörth am Rhein, aus Bühlerzell und Sigmaringen, aus dem hessischen Einhausen, aus Furtwangen im Schwarzwald, Neuhausen, Bretten und Iffezheim. Bernhard Eisele, der hauptamtliche Gerätewart der Feuerwehr Pfullingen, bringt Tragkraftspritzen, Saugschläuche, Generatoren und Tragen vorbei. Die Feuerwehr Weinstadt hat umgehend ihr Lager durchsucht, um den ukrainischen Katastrophenschutz mit dringend benötigtem Material zu unterstützen. Einen Überdrucklüfter, zwei 1000-Watt-Scheinwerfer, drei Feuerwehrleinen, eine Kabeltrommel, ein Rettungsbrett inklusive Gurte und viele weitere im Kriegsgebiet hilfreiche Dinge haben die Weinstädter am Dienstag in die Alte Kelter gebracht.

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Alexander Ernst steht zwischen den Materialbergen und blickt zufrieden auf Schläuche, Helme, Tragen und was sich sonst noch alles unter dem Dach der Kathedrale des Weins in den vergangenen Tagen angesammelt hat. Rund 40 freiwillige Helfer, Kameraden der Fellbacher Feuerwehr aus allen Abteilungen, registrieren, sortieren, wiegen und verpacken auch vieles gleich in bereitstehende Kartons und Gitterboxen. Über die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit hat Ernst viele Jahre schon geschäftliche Verbindungen zum ukrainischen Katastrophenschutz und weiß genau, was im Moment dort am nötigsten gebraucht wird. Er hat die Hilfsaktion initiiert, die von der Stadt Fellbach und der Feuerwehr tatkräftig unterstützt wird.

Beim Ab- und Umladen sowie dem Verpacken können die Freiwilligen auf Spenden der örtlichen Unternehmen zählen, die Gabelstapler, Paletten, Gitterboxen und Kartons stellen. Das Team der Fellbacher Event and Location GmbH unterstützt bei der Organisation, die Firmen JustPack, DTG, Koch Spezialtransporte und Wilhelm Barth GmbH steuern Verpackungsmaterialien bei. Die Spedition Schmalz und Schön wird einen Teil der Spenden in die Ukraine fahren. Und bevor sich Jens Thiele und seine Kameraden ohne die Feldküche auf den dreistündigen Heimweg an die Südliche Weinstraße machen, gönnen sie sich einen Kaffee bei den Mitarbeitern des Stadtteil- und Familienzentrums, die Helfer und Spender in der Alten Kelter mit dem Heißgetränk versorgen. „Es hängen viele Einzelschritte an der Aktion“, erklärt der Fellbacher Feuerwehrkommandant Christian Köder.

Ständig kommen neue Spenden hinzu

Überall herrscht geschäftiges Treiben. Der Montag sei noch relativ ruhig gewesen, doch seit Dienstag kämen ständig neue Spenden an, erzählt Alexander Ernst. Rund 200 Feuerwehren aus Süd- und Mitteldeutschland, so schätzt der Inhaber von Barth Feuerwehrtechnik in Fellbach und seit 38 Jahren Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr, seien bisher dem Aufruf gefolgt. „Und es haben sich für den Donnerstagvormittag noch einige angekündigt.“ Um 12 Uhr wird die Sammlung in der Alten Kelter geschlossen. Möglichst schnell soll alles dann in die Ukraine geschafft werden.

Sie sei „überwältigt“, erklärt Fellbachs Oberbürgermeisterin Gabriele Zull, die den Aufruf zur Hilfe für den ukrainischen Katastrophenschutz über den Städte- und Gemeindetag verbreitet hatte. Es sei wohl eine der größten Hilfsaktionen für die Ukraine derzeit. Angesichts dieser Hilfsbereitschaft, so die Rathauschefin, „habe ich den Glauben an die Menschheit nicht ganz verloren“. Alexander Ernst ist ebenfalls stolz auf die Feuerwehrkameraden. Als sie am Samstagabend mit der Planung der Aktion begonnen hätten, sei völlig unklar gewesen, welche Dimensionen es annimmt. „Es ist beeindruckend, so hätten wir das nie erwartet. Und alles ging so schnell. Aber uns standen auch alle Türen offen“, sagt der Initiator.

Ein Löschroboter im Wert von rund 100 000 Euro

Ständig klingeln die Telefone, ständig werden neue Spenden angekündigt. „Von Airbus bekommen wir einen alten Rettungswagen, und außerdem hat uns das Unternehmen Alpha-Robotics in Vechta einen Löschroboter geschenkt, das ist quasi ein kleiner Panzer mit Löschstrahl, der einen Wert von rund 100 000 Euro hat“, erzählt Alexander Ernst. Weil die Welle der Hilfsbereitschaft ununterbrochen rollt und noch viele Wehren Ausrüstungen für die Ukraine vorbeibringen wollen, haben die Organisatoren die Aktion bis zum Donnerstag, verlängert.

Stiefel und Handschuhe, Beleuchtungsgeräte, Stromerzeuger, hydraulische Rettungsgeräte und Druckluftflaschen wurden gebracht. Die Fellbacher Feuerwehr hat Hochdruckfeuerlöscher, Beleuchtungsgerät und Schaummittel gespendet. „Das ist unsere Reserve, das kaufen wir nach“, sagt Gerätewart Stephan Idler. So viel ist zusammengekommen, dass die Sachen nicht nur mit voraussichtlich fünf Lastwagen über die Straßen, sondern auch über den Luftweg in das Kriegsgebiet transportiert werden. „Der ukrainische Katastrophenschutz schickt am Donnerstag drei Flugzeuge her, und wir werden die Ausrüstungsgegenstände, die am schnellsten benötigt werden und die wertvollsten, wie den Löschroboter, nach Echterdingen bringen“, erklärt Alexander Ernst.

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