Feuerwehr in Denkendorf Wenn Brände die Psyche der Feuerwehrleute belasten

Eintrag ins goldene Buch der Gemeinde Denkendorf: Walter Reber und Bürgermeister Ralf Barth (vorne v.l.) Hinten Feuerwehrkommandant Frank Obergöker (Mitte) und seine Stellvertreter Tim Sachs (l.) und Wilfried Raisch. Foto: Ulrike Rapp-Hirrlinger

Der frühere Denkendorfer Feuerwehrkommandant Walter Reber ist mit dem Bevölkerungsschutz-Ehrenzeichen des Landes ausgezeichnet worden.

Fast ist es Walter Reber ein bisschen peinlich, als der Denkendorfer Bürgermeister Ralf Barth ihn als „Leuchtturm des Ehrenamts“ tituliert. Wenn man eine Funktion übernehme, müsse man sich auch voll dafür einsetzen, sagt er bescheiden. Neben zahlreichen anderen ehrenamtlichen Tätigkeiten ist der 72-Jährige seit mehr als 50 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr engagiert. Bis 2015 war er zwei Jahrzehnte lang Kommandant der Denkendorfer Wehr und bis Ende vergangenen Jahres zudem lange Jahre Vorstandsmitglied und Fachgebietsleiter Sozialwesen, Unfallverhütung und Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) im Landesfeuerwehrverband Baden-Württemberg.

 

Reber erkennt die Bedeutung einer psychosozialen Nachsorge für die Helfer

Für sein Engagement wurde Reber nun von Innenminister Thomas Strobel als einer von 19 Geehrten mit dem Bevölkerungsschutz-Ehrenzeichen des Landes ausgezeichnet. „Es hat den Richtigen getroffen“, ist Barth überzeugt und auch Rebers Nachfolger als Kommandant, Frank Obergöker, freut sich für seinen Ehrenkommandanten. „Die Auszeichnung strahlt auch ein bisschen auf uns“, sagt er. Früh hat Reber die Bedeutung einer psychosozialen Nachsorge für die Helfer erkannt. Bereits 1996 hat Denkendorf als eine der ersten Feuerwehren landesweit Seelsorger ausgebildet, die Feuerwehrleute nach nicht selten traumatischen Einsätzen betreuen.

An seinen größten und schwierigsten Einsatz, der nahezu zwei Tage dauerte, erinnert sich Walter Reber auch nach knapp 16 Jahren noch gut. An einem Samstag Anfang Dezember 2009 brannte es in einer Tiefgarage im Denkendorfer Wohngebiet Lange Äcker. Das Feuer, das vermutlich von einem dort abgestellten Fahrzeug ausging, breitete sich rasend schnell aus und griff auch auf die neun auf der Tiefgarage errichteten Häuser über. Sie waren erst wenige Jahre zuvor bezogen worden. „Brisant war, dass eine Gasleitung durch die Garage lief, die durch die Hitze leck wurde“, erzählt Reber, der den Einsatz damals leitete. Erst nachdem die Stadtwerke Esslingen die Straße aufgegraben hatten, konnte die Leitung geschlossen werden.

160 Menschen, viele davon junge Familien, mussten evakuiert werden. Sie wurden in einer naheliegenden Sporthalle untergebracht und von den ehrenamtlichen Seelsorgern der Feuerwehr betreut. „Bald war klar, dass niemand mehr in den Häusern war. Das machte den Einsatz leichter“, sagt Reber. Dennoch gehe ein solcher Einsatz auch den Helfern an die Psyche. Deshalb sei eine seelsorgerliche Begleitung sehr wichtig.

Stündlich informierte der Kommandant die Evakuierten über den Stand der Dinge. Das habe viel Vertrauen geschaffen, erzählt er. „Schließlich mussten sie mit ansehen, wie ihr Hab und Gut zerstört wurde.“ Auch einen in einem Haus zurückgebliebenen Hamster konnte Reber retten und seinem überglücklichen Besitzer übergeben.

Beim Tiefgaragenbrand 2009 brannten 17 Fahrzeuge komplett aus. Foto: Ulrike Rapp-Hirrlinger

Rasch sei klar gewesen, dass die Denkendorfer allein dem Großbrand nicht Herr werden könnten, berichtet Reber. Die Feuerwehren aus Ostfildern, Esslingen, Filderstadt, Leinfelden-Echterdingen und Stuttgart wurden zur Unterstützung alarmiert. Am Ende waren knapp 120 Feuerwehrleute sowie 64 DRK-Helfer und 22 Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks (THW) im Einsatz.

Ein Löschroboter kann zum Brandherd vordringen

Vergeblich versuchten die Feuerwehrkräfte, an den Brandherd heranzukommen. Doch die Hitze und der dicke schwarze Rauch verhinderten dies. Zudem hatte Reber Angst um die Sicherheit der Einsatzkräfte: „Wir wussten nie, ob die Decke der Tiefgarage, die vom Feuer stark in Mitleidenschaft gezogen war, nicht einstürzen würde.“ Ein erst zwei Tage zuvor bei der Stuttgarter Feuerwehr angekommener, ferngesteuerter Löschroboter konnte schließlich zum Brandherd vordringen. Dankbar ist Reber bis heute, dass niemand verletzt wurde. Erst am nächsten Tag habe man 17 völlig ausgebrannte Fahrzeuge aus der Garage abtransportieren können, nachdem das THW die einsturzgefährdete Tiefgaragendecke abgestützt hatte.

Die Bilanz des Großbrands: 16 zunächst unbewohnbare Häuser, die kernsaniert werden mussten und von denen manche erst nach einem Jahr wieder bezogen werden konnten. Den Schaden schätzte die Polizei kurz nach dem Brand auf fünf Millionen Euro, Reber geht sogar von der doppelten Summe aus. Die Ursache des Feuers konnte letztlich nicht sicher festgestellt werden, eine Brandstiftung wurde allerdings ausgeschlossen.

Leben für die Feuerwehr

Ehrung
Das Bevölkerungsschutz-Ehrenzeichen ist eine Anerkennung für besondere Verdienste im Bevölkerungsschutz. Es wird jährlich vom Innenminister des Landes Baden-Württemberg an maximal 20 Personen verliehen. Die Ehrung wird laut Innenministerium an Personen vergeben, die sich in besonderer Weise um den Bevölkerungsschutz verdient gemacht haben oder die besonders mutiges und entschlossenes Verhalten im Bevölkerungsschutzeinsatz gezeigt haben.

Vita
Walter Reber ist seit 1971 in der Feuerwehr aktiv. Von 1995 bis 2015 war er Denkendorfer Feuerwehrkommandant. Seit 2015 ist er Ehrenkommandant. 2024 wurde er zum Ehrenmitglied des Landesfeuerwehrverbands ernannt. Von 2015 bis 2025 engagierte er sich darüber hinaus als Fachberater „Seelsorge“ der Feuerwehr. Reber ist Vorstandsmitglied der Bürgerstiftung Denkendorf und war von 2015 bis 2024 Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Denkendorfer Vereine (ARGE).

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