Seit mehr als einem Jahr sucht das Rathaus nach einem Chef für die Feuerwehr. Trotz einer Aufwertung der bisherigen Stelle findet sich keiner. Ein Grund: Die unrühmlichen Vorgeschichten.

Region: Verena Mayer (ena)

Ludwigsburg - Erst hat die Ludwigsburger Feuerwehr Schlagzeilen produziert wegen ihres umstrittenen Kommandanten. Nun produziert sie Schlagzeilen, weil sich für den geschassten Mann kein Nachfolger findet. Vor mehr als einem Jahr hat die Stadt die Stelle ausgeschrieben, aber noch immer ist niemand in Sicht, der die rund 340 Mitglieder starke Truppe anführen möchte. „Es gibt viele Fachleute, aber wenige, die in Verantwortung gehen wollen“, hat der Erste Bürgermeister Konrad Seigfried festgestellt, in dessen Dezernat das Feuerwehrwesen angesiedelt ist. Frank Knödler, der Präsident des Landesfeuerwehrverbands, nennt die Ludwigsburger gar „Sorgenfeuerwehr“.

 

Dabei galt der Anlass für die Sorgen eigentlich als erledigt: Im Dezember 2016 war der damalige Kommandant nach einer Revolte der hauptamtlichen Abteilung abberufen worden. Die Feuerwehrmänner hatten in einem schriftlichen Hilferuf an den Oberbürgermeister Werner Spec erklärt, dass eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kommandanten nicht möglich sei. Sie beklagten Defizite in der Menschenführungen und prophezeiten den Verlust der Funktionsfähigkeit der Wehr, sollte sich nichts ändern.

Mehr Geld, mehr Ansehen

Seither hat die Stadt viel dafür getan, dem neuen Chef die besten Voraussetzungen zu bieten. Sie hat die Stelle aufgewertet. Der neue Kommandant wird einen eigenen Fachbereich leiten, steht also in der Hierarchie gleich hinter den Bürgermeistern. Bisher war die Wehr eine Abteilung von vielen im Fachbereich Sicherheit und Ordnung. Damit verbunden ist eine bessere Besoldung. Statt nach A 13 erfolgt die Vergütung nach A 14, was ein Plus von mehreren Hundert Euro bedeutet. Trotzdem wurden im Rathaus keine Türen eingerannt, die Zahl der Bewerbungen lag gerade mal im knapp zweistelligen Bereich.

Dafür gibt es drei Gründe. Zum einen ist das Feld der potenziellen Kandidaten relativ überschaubar. Über die vorgeschriebene Qualifikation zum höheren Dienst – bisher reichte die zum gehobenen Dienst – verfügen nur wenige Anwärter. „Der Teich, in dem wir fischen, ist sehr klein“, sagt Konrad Seigfried. Zum anderen ist die Position in Ludwigsburg schon aufgrund ihrer Struktur eine Herausforderung.

Nicht unterschätzen: Sozialkompetenz

Die Stadt, die stramm auf die Marke von 100 000 Einwohnern zumarschiert, ab der eine Berufsfeuerwehr vorgeschrieben ist, birgt viel von dem, was Profis Brandlasten nennen. Nicht nur, dass es viele Wohngebäude gibt, es gibt auch Industriebetriebe, Schienen und eine Bundeswasserstraße. All diese Bereiche deckt allerdings nicht eine Berufsfeuerwehr ab, sondern eine Wehr, die aus hauptamtlichen und freiwilligen Mitgliedern besteht. Von einer „schwierigen Nahtstelle“ spricht Bürgermeister Siegfried, der also jemanden sucht, der technisch versiert und erfahren genug ist, um souverän an der Spitze der hauptamtlichen Abteilung zu stehen – und gleichzeitig über die nötige Sozialkompetenz für den Umgang mit den ehrenamtlichen Untergebenen verfügt. Auch dort, und dies ist der dritte Grund für die Bewerberflaute, gab es immer wieder Aufregung. Zuletzt stellte ein Anonymus die Einsatzfähigkeit der hauptamtlichen Feuerwehr infrage, da viele der Angestellten in ihrer Freizeit zahlreiche Nebentätigkeiten ausübten. Kenner vermuteten, dass ein geschasster ehrenamtlicher Abteilungsleiter den Brief verfasst hatte.

In der ohnehin kleinen Welt der Feuerwehr spricht sich all das herum, das weiß auch Seigfried. Letztlich, berichtet er, seien acht Bewerber zu einem Gespräch eingeladen worden, von denen zwei in die enge Wahl kamen. Als einer der beiden absagte, weil er an seinem bisherigen Arbeitsplatz aufsteigen konnte, beendete die Stadt mangels Auswahlmöglichkeit die Runde. Stattdessen schrieb sie die Stelle ein zweites Mal aus und beauftragte einen Headhunter. Dieses Verfahren läuft noch und soll, so Seigfried, nach Ostern forciert werden.

Göppingen ist erfinderisch

„Wir hoffen für die Bürgerschaft, dass Ludwigsburg einen guten Kandidaten findet“, sagt der Feuerwehrpräsident Frank Knödler, der sich jedoch zuversichtlich gibt. Die Stadt sei interessant, die Stelle dank der Aufwertung attraktiv und die Feuerwache in gutem Zustand. „Die Rahmenbedingen sind gut“, Frank Knödler, der der Stuttgarter Berufswehr vorsteht und – wenngleich im Spaß – anbietet, sich um die Ludwigsburger Kollegen zu kümmern, wenn er nächstes Jahr pensioniert wird.

Bis dahin ist ja aber womöglich der Headhunter fündig geworden. Seine Chancen haben sich stark verbessert, seit sich die Göppinger Stadträte besonnen haben. Auch dort sollte ein Headhunter mit der Suche nach einem Feuerwehrkommandanten beauftragt werden. Doch die Interimsstruktur mit zwei ehrenamtlichen Stellvertretern hat sich als so gut erwiesen, dass die Stadt momentan keinen Grund sieht, daran etwas zu ändern.

Viel Arbeit für Lebensretter und Personalvermittler

Die Wehr
Die Ludwigsburger Feuerwehr verfügt über neun Abteilungen an sieben Standorten. Die hauptamtliche Abteilung teilt sich mit den beiden freiwilligen Innenstadtabteilungen die Feuerwache und Einsatzfahrzeuge in der Marienstraße, alle anderen Abteilungen sind ebenfalls freiwillig und sitzen in den Stadtteilen.

Die Suche
Bei der Suche nach einem Geschäftsführer für den lange gebeutelten Eigenbetrieb Tourismus und Events hat die Stadt nach zwei Fehlbesetzungen auch einen Headhunter eingeschaltet. Gesucht hat der Personalvermittler in ganz Deutschland – fündig wurde er schließlich in: Ludwigsburg. Im Juli trat Mario Kreh die Stelle an.