Walter Bauer und Reiner Weidle sind jahrzehntelang bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv gewesen. Für die Familien war das nicht immer einfach.

Leonberg - Reiner Weidle muss nicht lange überlegen: „Sogar mein Opa war schon bei der Freiwilligen Feuerwehr, unter anderem als Kommandant.“ Er ist über die Familie zur Feuerwehr gekommen, es wurde ihm in die Wiege gelegt. Im Jahr 1973 ist der Zwölfjährige Gründungsmitglied der Jugendfeuerwehr. Zwei Jahre früher fängt Walter Bauer, Jahrgang 1953, an. Mit neun weiteren Kameraden hat er sich als Gruppe bei der Freiwilligen Feuerwehr einschreiben lassen. „Es war eine große Dorfgemeinschaft“, blickt der Warmbronner zurück. „Jeder war für jeden da, man kann von einer moralischen Verpflichtung sprechen.“ Auf dem Dorf habe man sich gegenseitig geholfen und nicht immer eine Nehmens-Kultur gehabt. „Das ist ja heutzutage besonders in der Großstadt nicht der Fall“, bedauert der 65-Jährige.

 

Diese dörfliche Verpflichtung treibt ihn und seine Freunde an, mitzuhelfen. Mit 18 Jahren beginnt bei Walter Bauer die Karriere bei der Wehr. Zunächst als Löschknecht und Lampenhalter, ehe er sich über viele Lehrgänge der Feuerwehr hocharbeitet und zwischenzeitlich zehn Jahre Abteilungskommandant ist. 1995 gibt er den Abteilungsleiterposten ab. „Ich wollte den Jüngeren den Vortritt lassen, man muss auch Sachen weiterreichen“, findet er.

Die Familie muss mitziehen

Reiner Weidle hat ebenfalls als einfacher Feuerwehrmann angefangen und ist später Ausbilder bei der Jugendfeuerwehr in den 90er-Jahren. Zu der Zeit ist er mindestens vier Tage die Woche bis zu drei Stunden mit der Feuerwehr beschäftigt. „Klar, die Feuerwehr hatte einen hohen Stellenwert damals“, erklärt Weidle. Nicht immer ist es einfach für die Familie, wenn es zum Beispiel um vier Uhr morgens aufstehen heißt, weil zum Einsatz gerufen wird. „Wir hatten das besprochen. Wenn es für meine Frau nicht in Ordnung gewesen hätte, hätte ich das auch nicht gemacht.“

Über mögliche Nachteinsätze müssen die Arbeitgeber informiert werden. Viel hängt davon ab, ob diese solchen Situationen positiv entgegen stehen. Weidle und Bauer haben nirgends negative Erfahrungen gemacht. Weidles früherer Chef, Werner Jüngling, war selbst in Leonberg Kommandant. „Mein Chef war da sehr kulant“, sagt der 58-Jährige.

Nach Jüngling übernahm Walter Weidle, Reiners Vater, das Amt des Kommandanten. Überhaupt genießen Feuerwehrleute in Deutschland ein hohes Ansehen. Laut einer Studie der Gesellschaft für Konsum-, Markt- und Absatzforschung vertrauen 96 Prozent aller Deutschen der Feuerwehr. „Wenn die Leute erfahren, dass man bei der Feuerwehr ist, wird man mehr geschätzt“, hat Walter Bauer erfahren. Den beiden ist ein Wandel in der Feuerwehr aufgefallen: „Der Stellenwert der Feuerwehr hat sich verändert“, analysiert Bauer. „Heutzutage steht die Familie über der Feuerwehr. Das ist Fakt.“ Waren die Ausflüge früher eine reine Männersache gewesen, werde heute die gesamte Familie zu Veranstaltungen mitgebracht.

Neben den gesellschaftlichen Veränderungen sei die Ausstattung natürlich viel besser geworden. So sind beispielsweise Fahrzeuge mit mehr Technik versehen. „Allein durch den Spurhalteassistenten ist die Technik ausgereifter worden“, meint Weidle. „Früher gab es vier bis fünf Mal mehr Unfälle im Straßenverkehr, zu denen wir ausrücken mussten, als heute.“

Neue Technik hilft den Kameraden

Durch die verbesserte Löschtechnik sei es der Feuerwehr zudem möglich, näher an das Feuer zu rücken und es effizienter zu löschen oder mit Rauchindikatoren den Rauch zu „lesen“ und so die Situation zu analysieren. „Doch die Menschen rufen heute bei jeder kleinen Sache an, sie sind hilfloser geworden“, findet Bauer. Bei Wasser im Keller wurde früher in der Nachbarschaft mit angepackt, heute ruft man direkt die Feuerwehr. Doch dort sieht man das gelassen. „Wir geraten nicht gleich in Stress, wenn uns jemand wegen einer Kleinigkeit anruft. Hauptsache, es ist nichts Schlimmes passiert“, sagt Reiner Weidle.

Walter Bauer würde gerne weiterhin aktiv mithelfen, darf aber aus Altersgründen nicht. „Ab 65 Jahren gibt es eine Schiene, die sich 65+ nennt. Es ist ein Übergang für ältere Leute. Ich kann aber immer noch auf Lehrgänge gehen und mein Wissen dort weitergeben“, freut sich der Feuerwehr-Veteran. Für ihn und Weidle wird die freiwillige Feuerwehr eine wichtige Gemeinschaft bleiben – die äußerst wichtig für die Gesellschaft ist. „Ohne uns als Feuerwehr funktioniert nichts“, sind beide überzeugt. Zwar hätten sich die Zeiten geändert, in denen man ein ganzes Leben an einen Ort gebunden ist, aber das halte niemanden davon ab, Teil der Einsatzkräfte zu sein und die Gemeinschaft zu stärken. „Das ist hier in Leonberg so und auch woanders in der Republik“, brechen sie eine Lanze für das Ehrenamt.