Zwölf Feuerwehrleute aus Oberriexingen sind in häuslicher Quarantäne, fünf haben sich nachweislich mit dem Coronavirus infiziert – im Skiurlaub. War es fahrlässig, nach Ischgl zu reisen? Die Stadt sagt: nein. Denn Schuld seien allein die Behörden in Österreich.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Oberriexingen - Ischgl, immer wieder Ischgl. Der österreichische Skiort gilt als Corona-Brutstätte, unzählige Menschen und ganze Reisegruppen haben sich dort mit dem Virus infiziert – und die Behörden in Tirol, so der Vorwurf, haben die Probleme zu lange ignoriert. Seit Montag steht fest: Auch mehrere Personen aus dem Kreis Ludwigsburg – genauer: aus Oberriexingen – sind aus Tirol mit einer Corona-Infektion zurückgekehrt. Es handelt sich um fünf Feuerwehrleute, die am 7. März für drei Tage zu ihrer traditionellen Skiausfahrt nach Ischgl gereist waren.

 

Insgesamt umfasste die Reisegruppe zwölf Feuerwehrleute aus Oberriexingen. Wenige Tage nach der Rückkehr klagten die ersten Männer über grippeähnliche Symptome, woraufhin alle zwölf Urlauber in häusliche Quarantäne geschickt und auf das Virus getestet wurden. Das Resultat: sieben Mal negativ, fünf Mal positiv. Die fünf Infizierten seien auf dem Wege der Besserung, sagt der Bürgermeister Frank Wittendorfer. Keiner der Männer habe Symptome entwickelt, die eine Behandlung im Krankenhaus oder gar eine Beatmung erforderlich gemacht hätten. Die Feuerwehrleute „kurieren zu Hause ihre Erkrankungen aus oder sind schon wieder symptomfrei“, heißt es in einer Mitteilung der Stadt.

Als die Reisegruppe aufbrach, galt Tirol noch nicht als Risikogebiet

Dass die Verwaltung erst jetzt an die Öffentlichkeit geht, hat einen Grund: Man habe „die Schwere der Krankheitsverläufe und die offiziellen Testergebnisse“ abgewartet. In den nächsten Tagen dürfen die Betroffenen die Quarantäne verlassen. Die Feuerwehr in Oberriexingen hat nach Angaben der Stadt 40 Mitglieder und habe den Ausfall gut verkraftet. Die Einsatzfähigkeit sei nie gefährdet gewesen.

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In einer gemeinsamen Stellungnahme betonen Wittendorfer und der Feuerwehrkommandant Tobias Grieble, dass die zwölf Feuerwehrleute „nicht leichtsinnig oder verantwortungslos“ nach Ischgl gereist seien. Als die Gruppe am 7. März aufbrach, galt Tirol noch nicht als Risikogebiet – und das, obwohl den Behörden vor Ort offenbar längst bekannt war, dass sich bereits mehrere Urlauber in Ischgl mit dem Coronavirus infiziert hatten. Es vergingen mehrere Tage, bis die Bars und Pisten geschlossen wurden. „Das alles geschah leider viel zu spät für einige unserer Oberriexinger Reiseteilnehmer“, kritisieren Wittendorfer und Grieble. „Aus unserer Sicht, im Nachhinein gesehen, wurde von den Verantwortlichen billigend in Kauf genommen, dass Tages- oder Kurzzeittouristen genau über dieses Wochenende noch nach Ischgl reisten und sich der höheren Infektionsgefahr aussetzten.“

Ischgl, immer wieder Ischgl

Tatsächlich sind inzwischen zahlreiche Fälle von Reisegruppen bekannt geworden, die sich in Ischgl mit Corona infiziert und das Virus in ihre Heimatländer getragen haben. Teilweise sind die Rückkehrer üblen Beschimpfungen ausgesetzt. In Sozialen Netzwerken wird ihnen Fahrlässigkeit vorgeworfen, weil schon Anfang März absehbar gewesen sei, dass Skiurlaube unweit von Italien gefährlich sind.

Wohl auch aus diesem Grund haben sich Wittendorfer und Grieble nun zu einer öffentlichen Stellungnahme entschlossen. Man wolle Sorgen und „sehr wilden Gerüchten“ entgegentreten, heißt es darin. Auf die Nachfrage, um welche Gerüchte es sich handelt, antwortet Wittendorfer: „So etwas kommentiere ich nicht.“ Klar sei aber, dass die Oberriexinger Gruppe sich im Vorfeld erkundigt habe, ob es in Ischgl Infektionsfälle gebe. „Hätten sie zu diesem Zeitpunkt die Wahrheit erfahren, wären sie nicht dorthin gefahren“, sagt der Bürgermeister. „Das sind Feuerwehrleute – die können Risiken sehr gut einschätzen.“