Wenn in einem Krankenhaus ein Feuer ausbricht, müssen Patienten evakuiert, Angehörige verständigt und Presseanfragen beantwortet werden. All das haben die Freiwillige Feuerwehr Sindelfingen und das Klinikum in Sindelfingen geübt.

Digital Desk: Lena Hummel (len)

Sindelfingen - Am Mittwochabend geht bei der Freiwilligen Feuerwehr Sindelfingen ein Notruf ein: In der Technikzentrale im neunten Obergeschoss der Sindelfinger Klinik brenne es. Wenige Minuten später hält ein Löschzug mit drei Fahrzeugen und einer 31-Mann-Besatzung vor dem Krankenhaus. Zwischenzeitlich schlägt auch die Brandmeldeanlage im ersten Obergeschoss Alarm. Rauchverschleppung über den Lüftungsschacht, vermutet der Feuerwehrkommandant Rainer Just.

 

Die Einsatzkräfte wissen nur, dass zwei Personen im neunten und fünf Personen im ersten Obergeschoss evakuiert werden müssen. Das Krankheitsbild der Patienten ist unbekannt. „Das unterscheidet diesen Einsatz von Einsätzen in einem Einkaufszentrum oder in einem Kuhstall“, sagt Just. „Die Menschen hängen vielleicht an einem Tropf oder an einer lebenserhaltenden Maschine und können nicht einfach am Arm genommen und aus dem Gebäude geführt werden.“

Der Krankenhausbetrieb läuft parallel weiter

Tatsächlich hat es in der Klinik am späten Mittwochabend nirgendwo gebrannt. Es gab weder Rauch noch Patienten in einer Gefahrensituation. Die Feuerwehr war zu einer Übung ausgerückt und idealerweise konnte die erste Etage des ansonsten gut gefüllten Krankenhauses dafür genutzt werden. „Im ersten Stock sind das ambulante Operieren und die neurologische Tagesklinik untergebracht, nachts ist es hier leer“, sagt Bern Waiblinger, der Leiter des Sicherheitsmanagements im Klinikverbund Südwest. Den Notruf hat der Feuerwehrkommandant selbst per Telefon an sein vorbereitetes Team abgesetzt. Die zu rettenden Personen im ersten Stock gehören zur Sindelfinger Jugendfeuerwehr. Immer wieder trainieren die Feuerwehr und das Klinikum auf diese Weise den Ernstfall.

Lesen Sie hier: Wie sich der Klinikverbund Südwest vor Hackern schützt

Bald wird klar, wie komplex die Lage ist. Es muss viel geklärt werden. Wie werden die Patienten evakuiert? Wo wird die Verletztensammelstelle eingerichtet? Was tun, wenn sich der Rauch weiter ausbreitet? Wie läuft die Kommunikation mit der Presse und den besorgten Angehörigen? „Ziel so eines Einsatzes ist es, alle so stark unter Druck zu setzen, dass sie denken, sie hätten so etwas schon mal erlebt, wenn es ernst wird. Das ist unsere Übungsmentalität“, erklärt Just.

Auf der Matratze durch das Treppenhaus

Währenddessen im ersten Stock: Die mit Atemschutzgeräten ausgerüsteten Einsatzkräfte suchen die Zimmer nach Personen ab. Schilder klären, ob die Patienten laufen können. „Im Realfall würden das die Ärzte und Pflegekräfte übernehmen“, sagt Ingo Matheus, der Pressesprecher des Klinikverbunds. Wer nicht aufstehen kann, wird mit samt der vom Klinikverbund entwickelten Evakuierungsmatratze über das Treppenhaus nach unten gebracht.

„Auslöser für die Entwicklung der Matratze war ein Brand im Bochumer Krankenhaus, bei dem zwei Menschen ums Leben kamen. Es gibt da dieses Foto, das vier Feuerwehrleute zeigt, die einen Patienten evakuieren“, sagt Martin Loydl, der kaufmännische Geschäftsführer des Klinikums. Die Evakuierungsmatratze kann im Notfall von einer Pflegekraft allein gezogen werden. Zum Einsatz ist die Matratze in Sindelfingen noch nicht gekommen: In der Klinik brannte es zuletzt vor sechs Jahren in einem Nebengebäude. „Die Feuerwehr musste löschen, aber es mussten keine Personen evakuiert werden“, sagt Matheus.

Doch die Statistik des Bundesverband Technischer Brandschutz, die für dieses Jahr 37 Brände in deutschen Krankenhäusern listet, erinnert Waiblinger und seine Kollegen daran, wie wichtig Brandschutz ist. Deshalb habe der Klinikverbund seit 2015 rund fünf Millionen Euro in Brandschutzmaßnahmen investiert, sagt Loydl. Dazu gehören neben den Matratzen auch vorbeugende Maßnahmen, wie Brandschutztüren, Alarmanlagen, Sprinkler – und die regelmäßige Schulung von Mitarbeitern. „Bei der Übung vor einem Jahr, waren wir Zuschauer. Heute hatten wir eine aktive Rolle und wurden in die Arbeit der Feuerwehr eingebunden“, sagt Loydl.