Das Feuerwerk zu Silvester wird geliebt und gehasst. Die Knallerei verursache Verletzungen, Umweltschäden sowie Lärm und sei zudem Tierquälerei, wettern Kritiker. Was die Befürworter der Böllerei sagen.

Ein Feuerwerk der guten Laune ist es für die einen. Die anderen halten es nicht gerade für einen Knaller. Über Silvesterböller sind die Meinungen geteilt.

 

„Kein Terror durch Minderheit“ Ein generelles Verbot von Feuerwerkskörpern fordert Jörg Sanzenbacher vom Verein Esslingen-Feinstaub-Lärm. Er verweist auf Schäden für Mensch, Tier und Natur, auf eine extreme Luftverschmutzung, Lärmbelästigungen, Verletzungen, Panik bei Tieren sowie Vermüllung durch die Neujahrsknallerei. Immer mehr Menschen wollten ohne die Belästigung durch Silvesterböller feiern. Diese Mehrheit dürfe nicht weiter durch eine Minderheit terrorisiert werden, findet Sanzenbacher: „Es ist nicht die Frage, ob wir unser Verhalten ändern sollten, sondern wie wir eine Verbesserung herbeiführen.“ Bündnisse könnten bei der Durchsetzung seiner Forderungen helfen. Für ein böllerfreies Silvester hätten sich auch die Bundesärztekammer, die Deutsche Atemwegsliga, die Deutsche Lungenstiftung, der Deutsche Tierschutzbund, die Gewerkschaft der Polizei, die Naturfreunde Deutschlands, die Vier-Pfoten-Stiftung für Tierschutz sowie die Deutsche Umwelthilfe zusammengeschlossen.

Menschen feiern gerne Silvester. Doch wie geht es den Tieren dabei? Foto: Westend61/Angel Santana Garcia

„Toleranz für Feuerwerkfans“ Von einer Spaltung der Gesellschaft spricht der Bundesverband für Pyrotechnik und Kunstfeuerwerk (bvpk), der sich nach eigenen Angaben für die Pflege und Entwicklung der Kulturtechnik Feuerwerk in seiner ganzen Vielfalt einsetzt: „Feuerwerksfans sind, auch zu Silvester, immer häufiger Intoleranz und Anfeindungen ausgesetzt“, sagt der erste Vorsitzende Ingo Schubert. Dagegen wende sich sein Verband. Denn das Silvesterfeuerwerk habe nur einen Anteil von 0,7 Prozent an den Feinstaubemissionen sowie 0,0003 Prozent an den CO2-Emissionen eines Jahres in Deutschland. Zu Silvester verletzten sich schätzungsweise zwei bis drei von 100 000 Menschen in Deutschland mit Feuerwerk. Der Großteil davon sei auf ungeprüftes, illegales Feuerwerk zurückzuführen. Die Reaktion von Tieren falle zwischen verschiedenen sowie auch innerhalb derselben Spezies höchst unterschiedlich aus. Der sichere, rücksichtsvolle Umgang mit Feuerwerk und dessen Weiterentwicklung hin zu einer Verringerung des ökologischen Fußabdrucks könne Schäden für Mensch, Tier und Umwelt minimieren, so der Interessenverband.

„Tierquälerei ist verboten“ Feuerwerke würden auch durch den Lärm nicht nur Wild-, sondern auch Haus- und Nutztieren schaden, betont Ralf Hilzinger von der Nabu-Gruppe Esslingen. Dabei stehe der Tierschutz im Grundgesetz, Tierquälerei sei verboten. Müll etwa von Böllern abzulagern oder in der freien Natur zu entsorgen, sei ebenfalls nicht erlaubt. Ein nur innerörtliches Böllerverbot bringt nach Ansicht von Hilzinger nichts. Damit würden die Probleme nur in die Landschaft verlagert: „Schwermetalle, die in Ackerböden eingetragen werden, landen auf unseren Tellern.“ Er wünscht sich Jahreswechsel ohne Knall und Rauch und lediglich vom Glockengeläut begleitet.

„Kulturelle Mission von Feuerwerk“ Auf das verbindende Element von Menschen und Kulturen durch Feuerwerk verweist der Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI), dem 23 Mitgliedsunternehmen angehören: „Die international verankerte Silvester-Tradition begeistert Menschen in ganz Deutschland“, heißt es in einer Pressemitteilung. Es gelte das Motto: „Lass es krachen, aber richtig“. Verletzungsgefahr drohe vor allem durch illegales Feuerwerk, das heimlich über Landesgrenzen geschmuggelt werde, auf dubiosen Kanälen über das Internet seinen Weg nach Deutschland finde oder als „Marke Eigenbau“ gezündet werde: „Illegales Feuerwerk ist kein Spaß, sondern eine Bedrohung für Leib und Leben“, warnt der VPI-Vorsitzende Thomas Schreiber.

„Verletzte Kinder“ Vier Verletzte durch Böller, darunter ein Schwerverletzter mit dem Teilabriss eines Fingers – das ist die Bilanz des Silvesterabends 2023 im Klinikum Esslingen: „Alle vier Verletzten waren Kinder“, so die Pressesprecherin Anja Dietze. Es habe zudem an Silvester vergangenen Jahres sieben Alkoholvergiftungen gegeben: „Die jüngste mit gerade einmal 13 Jahren.“ Hinzu kamen drei alkoholbedingte Stürze mit Frakturen und Platzwunden: „Immerhin nur einen Verletzten nach einer Schlägerei – das war im Jahr zuvor deutlich mehr gewesen.“

Verletzungen durch Feuerwerkskörper seien in der Anzahl nicht so hoch, teilt dagegen Jan Schnack, stellvertretender Leiter für Unternehmenskommunikation der Medius-Kliniken mit. 2023 seien in der Medius-Klinik Nürtingen an Silvester und Neujahr etwa 150 Patienten behandelt worden: „Wir haben festgestellt, dass vor allem die Kombination von Alkohol und Glatteis zu einer Häufung von Verletzungen geführt hat.“

„Rekordumsätze nach Corona“ Silvesterböller lassen das Geld in den Kassen klingeln. Sabine Hagmann, Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg, spricht von Rekordumsätzen beim Verkauf von Feuerwerkskörpern in den letzten beiden Jahren. Die guten Verkaufszahlen ließen sich auf einen Nachholeffekt nach den Einschränkungen durch Corona und inflationsbedingte Preissteigerungen zurückführen: „Silvesterfeuerwerk spielt im Dezember selbstverständlich eine wichtige Rolle in bestimmten Branchen.“

„Keine großen Brände“ Brandgefährlich seien Silvester-Feuerwerke der Kategorie 1 und 2 nicht. Sie stellten keine bedeutsame Gefahr dar, so Andrea Wangner, die Sprecherin des Landratsamts: „Sie brennen ab, einzelne Gegenstände können auch explodieren.“ Die Auswirkungen seien aber weitgehend auf das Packstück beschränkt. Sprengstücke gefährlicher Größe und Flugweite entstünden dabei nicht. Ein Brand rufe keine Explosion des gesamten Inhalts einer Packung hervor. Bei fachgerechter Lagerung gehe von Silvesterfeuerwerk keine bedeutsame Gefahr aus: „Uns sind keine Brände, die durch Feuerwerke über den Jahreswechsel 2023/24 ausgelöst wurden, bekannt.“