Was ist in Raketen oder Feuerwerksbatterien drin – und was bedeutet es für Umwelt und Gesundheit, wenn massenhaft Feuerwerkskörper abgebrannt werden? Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Stuttgart - Die Deutschen können das Zündeln an Silvester einfach nicht lassen. Zur Jahreswende 2015/16 wurde hierzulande Feuerwerk im Wert von 133 Millionen Euro verkauft. In der aktuellen Saison erwartet der Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI) einen Umsatz in ähnlicher Größenordnung. Vor vier Jahren waren es rund 124 Millionen Euro. Drei Viertel aller Feuerwerksartikel werden aus dem Ausland importiert, darunter auch illegale und gefährliche Produkte.

 

Raketen

Raketen verfügen über eine Treibladung aus Schwarzpulver, dessen Verbrennungsgase für den nötigen Vortrieb sorgen. Ist die maximale Flughöhe erreicht und die Treibladung abgebrannt, wird die sogenannte Zerlegerladung gezündet. Sie setzt die einzelnen Bestandteile der Effektfüllung in Brand und verteilt sie am Himmel.

Schadstoffe

Neben Feinstaub entstehen bei der Verbrennung von pyrotechnischem Material auch erhebliche Mengen an gasförmigen Schadstoffen wie Kohlenmonoxid, Schwefeldioxid und Stickoxid. Zudem werden teilweise schädliche Metallverbindungen freigesetzt. So fanden Wissenschaftler der Technischen Universität Wien bei der Analyse von Schneeproben aus der Neujahrsnacht 2007/2008 deutlich erhöhte Konzentrationen des giftigen Erdalkalimetalls Barium.

Produkte

Rund die Hälfte des Umsatzes entfällt inzwischen auf Feuerwerksbatterien, in denen unterschiedliche Leucht- und Geräuscheffekte gebündelt werden. Der Grund für die wachsende Beliebtheit der Batterien ist ihre einfache Anwendung. Einmal anzünden – und dann nur noch zusehen, wie das Feuerwerk nach einer festgelegten Choreografie seinen Lauf nimmt. Auf Rang zwei rangieren nach wie vor die klassischen Silvesterrraketen, für die man eine leere Flasche oder ähnliches als Abschussrampe benötigt. Weniger als fünf Prozent der Feuerwerksumsätze entfallen auf Böller.

Batterien

Eine Feuerwerksbatterie ist ein Bündel von Pappröhren, die auf einer Bodenplatte befestigt sind. In jeder Röhre befindet sich eine Treibladung. Bei der Zündung einer Röhre wird eine sogenannte Bombette in die Höhe geschleudert. Diese kleine Kapsel enthält das Material für den gewünschten Leuchteffekt. Ähnliche wie bei einer Rakete wird die Füllung nach Erreichen der gewünschten Höhe von einer Zerlegerladung entzündet und am Himmel verteilt. Wann welche Röhre losballert, hängt vom Verlauf und der Länge der Zündschnur ab, die sich durch die Batterie zieht.

Chemie

Die Art der Leuchteffekte hängt von dem Chemikaliencocktail ab, der für die Füllung von Raketen, Batterien oder Fontänen verwendet wird. Als Basis dient Schwarzpulver – ein Gemisch aus Salpeter (Kaliumnitrat), Holzkohle und Schwefel. Es sorgt dafür, dass die Ladung brennt. Die unterschiedlichen Farben des Feuerwerks entstehen durch Beimischung von Metallsalzen. Die bei der Verbrennung entstehende Hitze hebt die Elektronen der Metallatome auf ein höheres Energieniveau. Fallen sie wieder in den Grundzustand zurück, emittieren sie Licht mit einer charakteristischen Wellenlänge. Neben Schwarzpulver und diversen Metallsalzen kommen auch Bindemittel und Zusatzstoffe wie Polyvinylchlorid (PVC) zum Einsatz. Die chlorhaltige Verbindung sorgt für höhere Verbrennungstemperaturen.

Staub

Das massenhafte Abbrennen von Feuerwerk führt zu hohen Feinstaubemissionen. „PM10-Stundenwerte über 1000 Mikrogramm pro Kubikmeter sind in der ersten Stunde des neuen Jahres in Großstädten keine Ausnahme“, heißt es in einer Mitteilung des Umweltbundesamtes. PM10 steht für Feinstaub mit einer Partikelgröße von bis zu zehn Mikrometern (Millionstelmeter). Der zulässige Tagesgrenzwert liegt bei 50 Mikrogramm. Der Österreichische Verein für Kraftfahrzeugtechnik kommt in einer 2015 vorgelegten Studie zu dem Schluss, „dass in Deutschland in einer Nacht so viele Partikel durch Feuerwerke ausgestoßen werden, wie von allen Fahrzeugmotoren in einem ganzen Jahr“. In Österreich sei es ähnlich. Die Autoren räumen aber ein, dass es schwierig ist, an verlässliche Messdaten zu kommen.

Alternativen

Angesichts der schlechten Ökobilanz des Feuerwerks entwickelte der Feuerwerkshersteller Keller bereits Mitte der Neunzigerjahre einen Ökoböller und versprach deutlich weniger Staub und Schadstoffe sowie einen geringeren Materialverbrauch. Doch die Produktion wurde nach nicht einmal zwei Jahren eingestellt. Im Internet werden aber immer noch Restbestände angeboten. Dort kann man auch in diversen Kundenkommentaren nachlesen, dass der Öko-Böller längst nicht so laut kracht wie ein konventionelles Produkt. Da ist es vielleicht doch konsequenter, komplett aufs Feuerwerk zu verzichten. Doch bis Sterne, Funkenregen oder leuchtende Farbbälle mit Hilfe von 3D-Projektion an den Himmel geworfen werden können, dürften noch einige Feinstaubrekorde aufgestellt werden.