Ein Daimler-Sprecher hat in Degerloch das Carsharing-Konzept Car2go vorgestellt. Dieses hat Vor- und Nachteile.

Filder - Viele Staus, teures Benzin, kaum Parkplätze – Autofahren ist in der Stadt nur noch selten ein Vergnügen. Für Autohersteller wie Daimler ist das fatal, denn in den Großstädten verzichten mittlerweile viele Menschen aufs eigene Auto. „Da bleibt ein großes Kundenpotenzial ungenutzt“, sagt Andreas Leo.

 

Das zu ändern, ist die Aufgabe des Daimler-Mitarbeiters. Leo ist Sprecher von Car2go, dem Carsharing-Modell, das der Konzern seit November auch in Stuttgart anbietet. Auf Einladung der Degerlocher CDU-Bezirksgruppe, des Bezirksamts und des Landesjagdverbands hat Leo circa 20 Zuhörern bei einer Präsentation erklärt, was Car2go ist und wie es funktioniert.

Die Degerlocher Bezirksvorsteherin Brigitte Kunath-Scheffold nannte die Entwicklung von Car2go eine Erfolgsgeschichte. In der Tat wächst Car2go rapide (siehe Kasten). Auch in Stuttgart: seit der Einführung haben sich 17 000 Nutzer registriert. Denen standen zunächst 300 Elektroautos der Marke Smart zur Verfügung – inzwischen sind es wegen der großen Nachfrage 400. Zum Betanken mit Ökostrom wurden in Kooperation mit der EnBW rund 200 Ladesäulen aufgestellt. Auch in den Bezirken unterm Fernsehturm finden diese sich flächendeckend: Sechs Säulen stehen in Degerloch, je vier in Plieningen und Birkach, sieben in Sillenbuch.

Kostenloses Abstellen auf öffentlichen Parkplätzen in Stuttgart

Wer mitmachen will, braucht eine Mitgliedskarte, mit der sich die Mietflitzer aufschließen lassen. Wo sich gerade einer befindet, können Interessierte per Smartphone oder über die entsprechende Internetseite in Erfahrung bringen. Dort lassen sich die Fahrzeuge auch für eine halbe Stunde im Voraus reservieren. Maximal wenige Minuten Fußweg entfernt sei immer ein Wagen zu finden, verspricht Daimler – das allerdings ist nur theoretisch der Fall, gibt Leo auf Nachfrage zu: „Am Stadtrand kann das etwas mehr sein, die Autos verteilen sich nicht immer exakt.“

Nachdem er aufgeschlossen hat, kann der Nutzer losfahren. Etwa 140 Kilometer Reichweite hat das Elektroauto. Ist die Fahrt beendet, kann der Mieter das Auto an einem beliebigen Platz im Geschäftsgebiet abstellen. In Stuttgart ist das auf öffentlichen Parkplätzen kostenlos: Weil der Gemeinderat die Elektromobilität unterstützen will, hat er diese Vereinbarung für alle Elektrofahrzeuge getroffen. Diese gilt bis 2014 und erstreckt sich auch auf vier Parkhäuser in der Innenstadt. An die Steckdose hängen muss der Mieter das Auto nur, wenn der Ladestand sehr niedrig ist.

Das Konzept freilich hat auch seine Nachteile. So deckt sich das 75 Quadratkilometer große Geschäftsgebiet von Car2go in Stuttgart nicht komplett mit dem Stadtgebiet. Kleinere Stadtteile wie das Gewerbegebiet Fasanenhof-Ost oder Rotenberg fallen heraus – es lohne sich nicht, diese zu bedienen, erläuterte Leo. Die Stadtbezirke unter dem Fernsehturm allerdings liegen alle innerhalb des Geschäftsgebiets.

Eine Ergänzung zur SSB

Zudem sei die Anmietung eines Elektro-Smarts, die sich laut dem Pressesprecher „preislich zwischen ÖPNV und Taxi“ bewegt, nur unter bestimmten Voraussetzungen sinnvoll. Zum Beispiel auf Strecken, die von Bus und Bahn schlecht bedient werden. „Wir verstehen uns nicht als Konkurrenz zur SSB, sondern als Ergänzung“, machte der Sprecher deutlich.

Wer hingegen ein Auto brauche, um größere Strecken zurückzulegen, sei mit einem regulären Mietwagen besser bedient, sagte Leo. Doch dafür sind die Elektro-Smarts auch nicht gedacht. Sie würden hauptsächlich auf Kurzstrecken genutzt – gerne auch, um von den Außenbezirken in die Innenstadt zum Einkaufen zu kommen. Vor allem samstagmorgens sei das Angebot deshalb besonders begehrt.

CARSHARING UND ANDERE TAUSCHMODELLE

Zahlen
Seit dem Start 2009 bedient Daimler mit Car2go inzwischen 18 Städte und 350 000 Kunden weltweit. Dafür stehen 7000 Fahrzeuge zur Verfügung, 1000 davon sind Elektroautos. In Stuttgart hat Car2go seit dem Beginn im November 17 000 Nutzer registriert, die sich 400 Elektro-Smarts teilen. Damit wurden 500 000 Kilometer in der Stadt zurückgelegt.

Expansion
Daimler will das Car2go-Geschäftsgebiet in der Region ausweiten. Unter anderem soll es das Angebot bald auch in Esslingen geben.

Tauschmodelle
Daimler ist nicht der einzige Anbieter für Carsharing. Auch andere Autohersteller wie BMW und VW bieten mittlerweile solche Konzepte in großen Städten an. Zudem gibt es Firmen wie Stadtmobil oder Flinkster, letzteres ist ein Tochterunternehmen der Deutschen Bahn. Eine weitere Möglichkeit, aufs eigene Auto zu verzichten, sind Mitfahrzentralen.