Die jüngsten Aussagen der Bahn, am künftigen Filderbahnhof fast keine schnellen Fernzüge mehr fahren zu lassen, schaffen Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der S-2-Verlängerung nach Neuhausen.

Filder - Wer auf die Verlängerung der S-Bahnlinie S 2 vom Flughafen über Bernhausen und Sielmingen nach Neuhausen hofft, erhält zur Zeit Dämpfer. Einerseits brachte die Bahn vor einem Monat die Verlegung des Filderbahnhofs vom Flughafen zur Autobahn ins Spiel, andererseits will sie jetzt nur noch einen Bruchteil der Fernzüge durch den Filderbahnhof fahren lassen. Weil deshalb weniger Fahrgäste am Flughafen in die S-Bahn umsteigen könnten, könnte deren Verlängerung auf der Kippe stehen.

 

Beim Neujahrsempfang der Freien Wähler am Montag in Filderstadt schien die S-Bahn-Welt auf den Fildern noch heil. „Das kriegen wir hin“, sagte Thomas Kiwitt, Leitender Technischer Direktor des Verbands Region Stuttgart. Auf die Frage, ob man den Zugverkehr nicht auf zwei Gleisen durch den Tunnel zwischen Flughafen und Bernhausen führen könne, sagte er: „Die Strecke hat den Kosten-Nutzen-Faktor 1,0.“ Man müsse eingleisig fahren, um diesen Kostenfaktor nicht zu senken. Aber noch am selben Tag ließ die Bahn eine Bombe platzen: Der geplante Fernbahnhof am Flughafen werde weniger genutzt als geplant und ein ICE dort nie halten. An Werktagen würden statt 100 Fernverkehrszügen nur noch drei Fernzüge nach Ulm und München und in die Gegenrichtung fahren.

Die Verkehrsplaner der Region Stuttgart zeigen Zuversicht

Unklar ist noch, wie sich dies auf die geplante Verlängerung der S 2 von Bernhausen nach Neuhausen auswirkt. Würde der Kosten-Nutzen-Faktor unter 1,0 rutschen, dann wäre das Projekt unwirtschaftlich. Zuschüsse gäbe es dann sowieso keine. „Wir planen die S-Bahn. Die Zahlen müssten reichen“, sagt Jürgen Wurmthaler, der Verkehrsdirektor im Verband Region Stuttgart. Er sehe jetzt die Notwendigkeit, die Bahn an ihre Versprechungen zu erinnern. „Der Fernverkehr ist natürlich wichtig, damit die wirtschaftlich wichtige Region ins natürliche Gesamtgefüge eingebunden ist“, sagt er. Für die Region seien jedoch die Regionalzüge wichtiger, weil man in diesen mit dem VVS-Ticket fahren könne. Noch sei unklar, ob sich der Wegfall von Fernzügen durch zusätzliche Regionalzüge auffangen lasse.

Filderstadts OB Traub missfällt Informationspolitik der Bahn

„An erster Stelle bedauere ich die Art und Weise, wie man hier kommuniziert“, sagt Filderstadts Oberbürgermeister Christoph Traub. Filderstadt habe den S-21-Prozess und die Planung für den Filderbahnhof stets konstruktiv begleitet: „Wir haben dabei darauf gesetzt, dass die Verkehrsdrehscheibe am Flughafen für Filderstadt und darüber hinaus eine Verbesserung des ÖPNV mit sich bringt“, sagt er. Das Hauptaugenmerk liege dabei auf der Verlängerung der S-Bahnlinie S 2 von Bernhausen nach Neuhausen.

Direkte Gefahr für das Projekt, für das immer noch das Planfeststellungsverfahren laufe, sehe er nicht. „Man muss allerdings sehr viel Aufmerksamkeit walten lassen, damit sich das Geschehen am Flughafen nicht negativ auf unseren ÖPNV auswirkt“, sagt Traub.

Vor Kurzem hatten Traub, Landrat Heinz Eininger, und der Neuhausener Bürgermeister Ingo Hacker in einer gemeinsamen Erklärung den Vorschlag zurückgewiesen, den Filderbahnhof an die A 8 zu verlegen: „Er muss wie geplant gebaut werden“, sagten sie. Jede andere Lage des Filderbahnhofs oder der Wegfall des dritten Gleises würde sich auf die Verlängerungen der U 6 vom Fasanenhof zum Flughafen und der S 2 von Filderstadt nach Neuhausen nachteilig auswirken. Damit wäre dieses zentrale Nahverkehrsprojekt gefährdet. „Die U 6/S 2-Verlängerung funktioniert nur mit einem Filderbahnhof am Flughafen“, sagten sie. Eine zentrale Verkehrsdrehscheibe am Flughafen mit Fernbahnhof eröffne Chancen auf Verbesserungen im ÖPNV, darunter die Anbindung der Filder über Neuhausen ins Neckartal.

Leinfelden-Echterdingens OB Klenk reagiert bissig

Der Abgeordnete des Wahlkreises Nürtingen/Filder im Bundestag Matthias Gastel (Grüne) ist anderer Ansicht: „Es nützt nichts, auf einem Vertrag für ein exorbitant teures Projekt zu bestehen, wenn die Bahn-Tochter DB Fernverkehr dort doch nur Züge fahren lässt, von denen sie ausgeht, dass sie schwarze Zahlen schreiben.“ Deshalb fordert er, den Vorschlag der Bahn zu prüfen und eine Aussage von ihr zu bekommen, ob sie dort mehr Züge fahren lasse. Dem widerspricht wiederum Christoph Traub: „Es ist nicht unsere Aufgabe, Dinge anzuregen. Wir hatten über das Projekt einen sehr langen Dialogprozess. Man kann nicht sagen, dass dabei keine Prüfungen erfolgt sind, um eine ideale Lösung zu finden.“

Leinfelden-Echterdingens Oberbürgermeister Roland Klenk äußerte sich zu dem jüngsten S-21-Tohuwabohu bissig. Bei der Verpflichtung für seine dritte Amtszeit am Dienstagabend sagte er: „Eine Katze ist heute aus dem Sack gelassen worden, eine, die als Tiger gesprungen und nun als Bettvorleger gelandet zu sein scheint. Mehr sage ich dazu nicht, sonst verderbe ich mir womöglich meinen Ruf als ein für gewöhnlich diplomatisch agierender OB.“