Elf Tage soll das Erörterungsverfahren zum Filderabschnitt von Stuttgart 21 auf der Messe Stuttgart dauern. Insgesamt blieben am ersten Tag viele der 1000 vorbereiteten Sitzplätze leer. Die Gegner forderten einen Abbruch der 21-Erörterung.

Stuttgart - Trotz unversöhnlicher Positionen ist der mit Spannung erwartete Auftakt im Erörterungsverfahren zur Fildertrasse von Stuttgart 21 am Montag in sehr geordneten Bahnen über die Bühne gegangen. Mit Sprechchören hielten sich die knapp 130 ins Kongresszentrum der Messe gekommenen Projektgegner zurück, auch Protestplakate waren beim vom Stuttgarter Regierungspräsidium anberaumten Erörterungstermin nicht zu sehen. Obwohl mehr als 5500 schriftliche Einwendungen gegen den Bau von Fernbahnhof und Flughafentrasse vorgebracht worden waren, blieben die meisten Plätze in der mit fast tausend Sitzen bestuhlten Messehalle leer.

 

Heftige Diskussionen zum Auftakt

Hitzige Diskussionen entwickelten sich zum Auftakt des auf elf Tage angesetzten Verfahrens dennoch. Vor allem bei der Frage nach den verfahrensrechtlichen Formalien kam mehrfach die Forderung nach einem Abbruch der Erörterung auf. „Wir beantragen eine Zwangspause, damit die Bahn nicht weiter vollendete Tatsachen schafft und dem bisher verbauten Geld nicht noch weitere Milliarden hinterher-geworfen werden“, erklärten die S-21 sehr kritisch gegenüberstehenden Ingenieure 22. „Wir verschwenden hier elf Tage für eine Trasse, die nicht genehmigungsfähig ist“, drückte Gerhard Pfeifer vom Naturschutzverband BUND sein Missfallen aus.

Begonnen hatte die Erörterungsverhandlung am Morgen mit vier kurzen Stellungnahmen. Zu Wort kamen neben dem bei seiner Rede immer wieder von Gelächter unterbrochenen Bahn-Projektchef Manfred Leger auch der Leinfelden-Echterdinger OB Roland Klenk und Projektgegner wie Steffen Siegel von der Schutzgemeinschaft Filder. Mit den Statements wollte das Regierungspräsidium den Einstieg in eine sachliche Debatte erleichtern.

Bühler und Trippen leiten das Erörterungsverfahren

„Wir sehen die Erörterung nicht als Pflicht, sondern als Chance, die wichtigen Fragen anzusprechen“, betonte Gertrud Bühler. Wie schon beim Grundwassermanagement ist die Abteilungsdirektorin mit ihrem Kollegen Michael Trippen mit der Leitung des Verfahrens betraut. Bei einem so umstrittenen Projekt wie Stuttgart 21 werde es eine Annäherung wohl höchstens in Einzelfragen geben können, „aber wir sollten zumindest erreichen, dass die unterschiedlichen Positionen klar hervortreten“, sagte sie. Nach der Erörterung leitet das Regierungspräsidium einen Bericht ans Eisenbahn-Bundesamt weiter, das über die Genehmigung entscheidet.

Die Bedeutung des Filderbahnhofs als Verkehrsdrehscheibe stellte Bahn-Projektchef Manfred Leger bei seiner Stellung-nahme in den Mittelpunkt. „Menschen von außen können kaum erwarten, dass die Verkürzung der Reisezeiten zum Flughafen realisiert wird“, erklärte er. Kritisch beäugt wird das Projekt von Oberbürgermeister Roland Klenk, der zwar Standortvorteile für seine Stadt einräumte, aber zugleich darauf hinwies, dass „Leinfelden-Echterdingen wie keine zweite Kommune außer Stuttgart von negativen Auswirkungen betroffen“ sei.

OB Klenk lehnt Mischbetrieb auf der Strecke ab

Der Rathauschef wiederholte seine bereits in den Vortagen geäußerte Ablehnung des geplanten Mischbetriebs von S-Bahn-, Regional- und Fernzügen auf der bestehenden Gleistrasse. „Das taugt nicht für die Gegenwart und ist schon gar nicht zukunftsfähig“, sagte er. Klenk forderte von der Bahn Nachbesserungen beim Schutz der Anwohner vor Schall und Erschütterungen. Die Stadt und ihre Freiwillige Feuerwehr dürften zudem beim Brandschutz für den in 27 Metern Tiefe geplanten Bahnhof nicht allein gelassen werden.

Bahn zu Offenheit und Ehrlichkeit aufgerufen

Auch Steffen Siegel von der Schutzgemeinschaft Filder und die BUND-Landesgeschäftsführerin Sylvia Pilarski-Grosch kritisierten den nur durch eine bis 2035 reichende Ausnahmegenehmigung möglichen Mischbetrieb scharf. „Das ist eher ein Mistbetrieb“, sagte Siegel unter dem Beifall der Anwesenden. Er rief die Bahn auch bei Kosten und Zeitplanung zu „Offenheit und Ehrlichkeit“ auf. „Die 6,8 Milliarden Euro reichen nicht, und alle wissen, dass der Fertigstellungstermin 2021 nicht stimmt.“ Für Pilarski-Grosch haben die Bahnpläne trotz überlanger Vorbereitungszeit von zwölf Jahren inhaltliche Mängel. „Das ist nicht genehmigungsfähig, zumal es bessere Varianten gibt.“ Wie erwartet stellten Projektgegner einen Befangenheitsantrag gegen die Sitzungsleitung, über den Regierungspräsident Johannes Schmalzl entscheiden muss. Begründet wurde der Vorstoß nicht nur mit wegen der Projektförderpflicht des Landes bestehenden Zweifeln an der Neutralität. Auch der Bericht der Behörde zum Grundwassermanagement sei nicht vollständig.