Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die neu ausgehandelte Anbindung des Flughafens vom bisherigen Antrag der Bahn zum sogenannten Planfeststellungsabschnitt 1.3 abgekoppelt und damit später fertig wird als der Rest von Stuttgart 21.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die neu ausgehandelte Anbindung des Flughafens vom bisherigen Antrag der Bahn zum sogenannten Planfeststellungsabschnitt 1.3 abgekoppelt und damit später fertig wird als der Rest von Stuttgart 21. Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung prüft die Bahn, ob die Pläne für die künftigen S-21-Flughafenbahnhöfe in zwei Tranchen beim Eisenbahnbundesamt eingereicht werden können. Dann bestünde der erste Teil, im Bahnjargon 1.3a genannt, aus den bisherigen Plänen zum ICE-Halt unter der Messe-Piazza. Dieser wird über die Neubaustrecke angefahren. Der zweite Teil, intern 1.3b getauft, enthielte das am Freitag vereinbarte dritte Gleis an der S-Bahn-Station Terminal. Dieses Gleis soll ausschließlich der Gäubahn vorbehalten sein. Allerdings gibt es dafür noch keine so detaillierten Pläne, dass bereits eine Genehmigung beantragt werden könnte.

 

Bitterer Tropfen für Flughafen-Geschäftsführer

Nach übereinstimmenden Auskünften aller drei Projektpartner aus Baden-Württemberg haben sowohl Landesverkehrsminister Winfried Hermann als auch Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (beide Grüne) und Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU) der Bahn am Freitag beim Spitzentreffen in Berlin freie Hand in dieser Angelegenheit erteilt. Es sei Sache der S-21-Bauherrin, welche Pläne sie wann dem Eisenbahnbundesamt vorstellt.

Für den Flughafen-Geschäftsführer Walter Schoefer wäre so eine Abkopplung ein bitterer Tropfen im ansonsten prall gefüllten Freudenbecher. „Wenn wenigstens der Fernbahnhof im jetzigen Verfahren bliebe, wäre das vielleicht noch hinnehmbar. Aber ich glaube auch, dass wir das dritte Gleis im Rahmen des jetzigen Planfeststellungsverfahrens erledigen können“, sagte der für Planung und Bau zuständige Flughafenchef am Wochenende auf Anfrage der StZ. Insgesamt sei es „außerordentlich erfreulich, dass unter den Projektpartnern jetzt ein Geist der Kooperation herrscht, der lösungsorientiertes Handeln ermöglicht“. Zwar müsse nun „eine kritische Bestandsaufnahme“ gemacht werden, um zu sehen, was in den angesetzten Kosten von knapp 100 Millionen Euro wirklich enthalten ist. Das schmälere aber nicht die Bedeutung der Lösung vom Freitag. „Da sind Türen aufgestoßen worden, die bisher geschlossen waren“, sagte Schoefer.

CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf übt Kritik

Doch es hagelte auch Kritik. Noch am Freitagabend schimpfte CDU-Landtagsfraktionschef und CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf über den „Minimalkompromiss“, den die vier S-21-Projektpartner geschlossen hätten. Dass sich die Unterhändler nicht auf die aus seiner Sicht optimale Lösung, den Filderbahnhof Plus, verständigt hätten, sei allein dem „politischen Unwillen“ der Grünen geschuldet, wetterte Wolf. Er und seine Partei würden daher „den Filderbahnhof Plus als beste Lösung weiter einfordern“.

Was Wolf nicht sagt: Sein Parteifreund Bopp trägt den Kompromiss mit. Es scheint also mindestens zwei Meinungen in der CDU zu geben.

Einen Tag später ließ die andere Seite kein gutes Haar an der Einigung auf den Bau eines dritten Gleises an der S-Bahn-Station Terminal, den Ausbau der Rohrer Kurve und der Schaffung eines Regionalbahnhalts in Vaihingen. Da werde „ein Murksprojekt durch ein anderes ersetzt“, polterte der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Filder, Steffen Siegel. Er wolle daher, dass die Gäubahn wie bisher über die Panoramastrecke zum Hauptbahnhof führt – „mit einem Halt in Vaihingen, wo man unproblematisch auf die S-Bahn umsteigen kann“. Was Siegel nicht sagt: Einen Teil dieses Plans wollen die S-21-Projektpartner umsetzen – auf Veranlassung des Verkehrsministers und mit dessen Versprechen, die kompletten Kosten dafür zu übernehmen.

Am Sonntag ließ Hermann mitteilen, dass die während der Bauphase ohnehin notwendige Umsteigestation in Vaihingen „auch Zukunftsperspektiven“ biete. Das Problem: im Kessel angekommen, fehlt der Anschluss an den neuen, um 180 Grad gedrehten Tiefbahnhof. Aber in Richtung Feuerbach würde es weitergehen. Man könnte also Züge von Singen nach Heilbronn verkehren lassen, ohne den Stuttgarter Hauptbahnhof zu tangieren. Ob solche Züge je gebraucht werden, ist eine andere Frage. Entschieden ist aber, dass von 2025 an die Metropolexpresszüge auf der Gäubahn im Halbstundentakt fahren sollen. Dies bekräftigte Hermann am Sonntag noch einmal. Diese Züge bescherten der Bahn höhere Einnahmen, weil ihre Bahnhöfe und Gleise häufiger benutzt werden. Von wem sei zweitrangig: „Der Zugverkehr selbst wird wettbewerblich vergeben“, teilte das Ministerium mit. Und: „Der Betreiber dieser Züge kann auch ein anderer als die Deutsche Bahn sein.“