Für Kleinkinder zwischen null und drei Jahren gibt es in Stuttgart nicht genügend Betreuungsplätze. Das zeigt ein neuer Bericht der Stadt. Dabei bildet Stuttgart-Birkach von den Filderbezirken das Schlusslicht.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Filder - Statistiken können manchmal irreführend sein. Denn auf den ersten Blick könnte man sich freuen, dass in den vergangenen sieben Jahren die Wartelisten für Kleinkinder, die in Stuttgart auf einen Betreuungsplatz warten, fast kontinuierlich geschrumpft sind: Im Kindergartenjahr 2012/2013 standen noch 4926 Kleine zwischen null und drei Jahren auf der Warteliste, 2018/2019 waren es noch 3122 Kinder. Doch die Anzahl der Eltern, die keinen Betreuungsplatz für ihre Kinder finden, ist immer noch groß. Und für diejenigen, die verzweifelt suchen, ist die leichte Verbesserung der Statistik kein Trost.

 

In den Bezirken unter dem Fernsehturm ist die Lage besonders schlecht: Die Stadt Stuttgart bezeichnet in ihrem Jahresbericht zur Kinderbetreuung die Situation in Birkach, Plieningen, Degerloch und in Sillenbuch als unbefriedigend, nicht bedarfsdeckend oder nicht ausreichend. Der Mangel an Betreuungsplätzen liegt zum einen darin begründet, dass die Stadt nicht mehr hinterherkommt mit dem Ausbau von Kitaplätzen. Zum anderen ist der Markt an Erziehern wie leer gefegt. Aus diesem Grund häufen sich derzeit auch Fälle, dass Kitas ihre Betreuungszeiten reduzieren oder gar ganz schließen müssen.

Gute Versorgung für größere Kinder in Sillenbuch

Werden die vier Stadtbezirke unter dem Fernsehturm miteinander verglichen, gibt es in Sillenbuch die meisten Kinder: Dort lebten zum Stichtag, dem 1. März des vergangenen Jahres, 615 Null- bis Dreijährige und 711 Drei- bis Sechsjährige. Für letztere Altersgruppe gibt es ein durchaus befriedigendes Platzangebot in den Kindertagesstätten, wie die neuen Zahlen der Stadt verraten. Es gibt rein rechnerisch sogar mehr Plätze als Kinder, die Versorgungsquote für die Drei- bis Sechsjährigen liegt bei 114 Prozent. Bei den Null- bis Dreijährigen haben unterdessen nur 34 Prozent einen Betreuungsplatz. Am 1. März 2018 standen 103 Kleinkinder auf Wartelisten.

Um die Betreuungssituation für Kleinkinder zu verbessern, empfiehlt die Stadt in ihrem Bericht, dass ein Neubau an der Bernsteinstraße im Blick behalten werden sollte. Die Spiel- und Freizeitfläche in Heumaden war zuletzt mehrfach in den Fokus für Bauprojekte gerückt – unter anderem auch für eine Kita und die Freie Aktive Schule, die derzeit in Degerloch beheimatet ist. „Entsprechende Prüf- und Planungsaufträge sind erteilt“, heißt es von der Stadt.

In Degerloch kaum Aussicht auf Verbesserung der Lage

Auch in Degerloch braucht es mit Blick auf die Wartelisten zusätzliche 107 Plätze für Kleinkinder. Zum Stichtag lebten dort 494 Kinder zwischen null und drei Jahren sowie 484 Kinder zwischen drei und sechs Jahren. Der Versorgungsgrad liegt bei den Drei- bis Sechsjährigen bei 111 Prozent, bei den Kleinkindern bei 41 Prozent.

Eine Verbesserung der Situation ist kaum in Sicht: „Auch nach Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen wird sich die Versorgungssituation für die null- bis dreijährigen Kinder kaum erhöhen“, heißt es. Und weiter: „Der Platzausbau in der Kleinkindbetreuung muss weiter vorangetrieben; entsprechende Prüf- und Planungsaufträge sind für Hoffeld und Degerloch gestellt.“ Die Stadt weist zudem darauf hin, dass in dem Bezirk einige Einrichtungen freier Träger Degerlocher Kindern faktisch nicht in vollem Umfang zur Verfügung stehen; etwa der Kindergarten der International School Stuttgart oder der Tus-Sportkindergarten. Diese werden auch von Kindern aus anderen Bezirken besucht.

Kita Körschstraße soll die Situation in Plieningen verbessern

In Plieningen lebten zum Stichtag 355 Kinder zwischen null und drei Jahren sowie 369 Kinder zwischen drei und sechs Jahren. Von den Größeren haben 94 Prozent einen Betreuungsplatz, bei den Kleinen sind es 35 Prozent. Laut der Warteliste fehlen 64 Plätze für Kleinkinder.

Verbessern soll sich die Lage, wenn die Kita an der Körschstraße neu gebaut und in diesem Zuge auch erweitert wird. Im Neubau soll es 35 Ganztagesplätze für Kleinkinder sowie 50 Ganztagesplätze für Drei- bis Sechsjährige geben. Bisher werden 44 Kinder zwischen drei und sechs Jahren in zwei Gruppen bis 13.30 Uhr betreut. Nach aktuellem Stand ist der Abriss des Gebäudes für September 2020 geplant. Da auch dies jedoch nicht ausreichen wird, um den Bedarf vollständig zu decken, schreibt die Stadt in ihrem Bericht, dass der katholische Kindergarten im Asemwald weitergeführt werden sollte, „unter welcher Trägerschaft auch immer“.

Birkach steht beinahe am schlechtesten da

In Birkach lebten zum Stichtag 167 Kinder zwischen null und drei Jahren. Für sie gibt es nur 51 Betreuungsplätze. Das führt zu einem Versorgungsgrad von nur 31 Prozent. Damit steht Birkach stadtweit beinahe am schlechtesten da, lediglich Obertürkheim (29 Prozent), Untertürkheim (23 Prozent) und Wangen (28 Prozent) haben einen noch schlechteren Versorgungsgrad. Von den 199 Drei- bis Sechsjährigen in Birkach haben 82 Prozent einen Platz.

Allerdings gibt es Grund zur Hoffnung. Zum einen entsteht auf dem Pallotti-Areal, wo kürzlich die katholische Kirche abgerissen wurde, eine viergruppige Kita. Der neue Kindergarten wird voraussichtlich 2022 fertig sein. Interimsweise werden die Kinder in der Neuapostolischen Kirche an der Moosheimer Straße in Plieningen betreut. Zum anderen gibt es mittlerweile einen Beschluss, dass die Kita an der Grüninger Straße neu gebaut wird und in diesem Rahmen auch erweitert wird. Derzeit werden dort 45 Kinder betreut, in dem Neubau soll Platz für rund 65 Kinder entstehen. Laut Stadt soll das Bestandsgebäude im Herbst dieses Jahres abgerissen werden.

Bis dahin muss noch geklärt werden, wo die Kinder aus den Kitas an der Grüninger Straße in Birkach und die aus der Kita an der Körschstraße in Plieningen untergebracht werden, während ihre Gebäude abgerissen und neu gebaut werden. Doch dies ist noch einmal ein anderes Thema.