Der wertvolle Filderboden muss bei Bauarbeiten nicht auf einer Deponie landen. Stattdessen kann die gute Erde auf Äcker in der Gegend aufgetragen werden. Für die Stadt Leinfelden-Echterdingen gibt es dafür noch einen anderen Anreiz.

Leinfelden-Echterdingen - Am Ende sollen alle Gewinner sein. Bislang wird Erde, die bei Bauarbeiten anfällt, häufig auf einer entfernten Deponie entsorgt. Ökologisch ist das wenig sinnvoll, besonders wenn der abgetragene Boden eine gute Qualität hat. Es geht aber auch anders. So kann fruchtbarer Boden auf Äcker in der Nähe aufgetragen werden. Die Bauherren sparen sich den Transport auf eine Deponie, die Landwirte bekommen bessere Böden, und für die Stadt gibt es sogar noch wertvolle Ökopunkte obendrauf.

 

„Die Stadt bemüht sich, bodenschonend zu arbeiten. Der Boden spielt auf den Fildern eine große Rolle“, sagt Katja Siegmann. Sie ist die Abteilungsleiterin Umwelt und Grünflächen bei der Stadt Leinfelden-Echterdingen und für das sogenannte Oberbodenmanagement zuständig. Erste Erfahrungen mit dem Thema hat die Kommune kürzlich mit dem Neubaugebiet Schelmenäcker gemacht. „Für Leinfelden-Echterdingen war es ein Pilotprojekt“, sagt Siegmann. Insgesamt sei das Oberbodenmanagement aber keine allzu neue Erfindung. „Es gibt auch Kommunen, die machen das schon seit Jahren.“ Bei der Entwicklung der Schelmenäcker wurden im vergangenen Jahr 4300 Kubikmeter Erde entnommen, einmal für das Baugebiet selbst, für eine Straße und die Renaturierung des Bachs mit dem Namen Erlenbrunnen. „Der Oberboden ist besonders fruchtbar“, erklärt Siegmann. Die Erde wurde einige Zeit zwischengelagert, bevor sie im Herbst auf örtlichen Äckern wieder aufgetragen wurde.

Bedingungen für die Ökopunkte

Um an die Ökopunkte zu kommen, mussten allerdings einige Bedingungen erfüllt werden. So musste der Acker, auf dem die gute Erde aufgetragen wird, eine mittelmäßige Qualität haben. Die Fläche sollte außerdem nicht zu steil sein. Darüber hinaus müssen sich die Grundstücksbesitzer dazu verpflichten, drei Jahre lang Luzerne anzupflanzen. Die tiefwurzelnden Pflanzen sollen dazu beitragen, dass sich die Bodenschichten gut miteinander verbinden. Ökologisch wertvoll ist der Boden, weil er ein Lebensraum für Pflanzen und Tiere ist. „Im Boden gibt es viele Lebewesen. Da kreucht und fleucht es“, betont Siegmann.

Dass es für die Erdumschichtung Ökopunkte gibt, macht das Vorgehen für die Kommunen besonders attraktiv. Immer wenn in einer Gemeinde oder einer Stadt etwas gebaut wird, müssen ökologische Ausgleichsmaßnahmen getroffen werden. So schreibt es der Gesetzgeber vor. Doch gerade in der Region Stuttgart sind freie Flächen für entsprechende Maßnahmen nur noch schwer zu finden. Wohnbauinvestoren, Straßenbauer, Unternehmen und Landwirte müssen sich die verbliebenen Flächen teilen.

Barrieren für Fische bringen viele Ökopunkte

Verrechnet werden die ökologischen Ausgleichsmaßnahmen mit Ökopunkten, die auf einem Konto gesammelt und bei Bedarf auch wieder eingelöst werden können. Für das Oberbodenmanagement gebe es „mittelmäßig“ viele Ökopunkte, sagt Siegmann. Richtig viele Ökopunkte gebe es beispielsweise, wenn man Barrieren für Fische in Gewässern beseitige. Doch irgendwann seien alle abzubauenden Wehre auf einer Gemarkung eben abgebaut. Dann müsse die Kommune sehen, wo sie noch Ökopunkte bekommen könne.

Dies ist der Grund, weshalb das Oberbodenmanagement in Leinfelden-Echterdingen in Zukunft erneut betrieben werden könnte, obwohl damit ein vergleichsweise hoher Aufwand verbunden sei, sagt Siegmann. Möglichkeiten gäbe es bald beim Baugebiet Goldäcker oder beim Schienenbau für die neue Stadtbahnverbindung bei den Schelmenäckern vorbei. Doch es sind nicht allein die Ökopunkte, die Siegmann beim Oberbodenmanagement im Auge hat. „Es wäre eine Schande, wenn man den guten Boden auf die Deponie schüttet“, findet sie.