Gegner und Befürworter von Stuttgart 21 haben eigene Sichtweisen auf die Resultate der Bürgerbeteiligung und der sich daraus ergebenden Konsequenzen für das Bahnprojekt.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Das Fazit der Schutzgemeinschaft Filder über die erneute Debatte um den Filderdialog und die Anbindung des Flughafens an den neuen Tiefbahnhof im Stuttgarter Talkessel fällt eindeutig aus. „Den teuren Flughafenbahnhof als Ergebnis des Filderdialogs zu verkaufen, ist bodenlos“, schimpfte der Vorsitzende der Bürgerinitiative, Steffen Siegel, am Dienstag. Die Bahn wolle „ihre Planungsfehler auf Kosten der Allgemeinheit korrigieren“. Dafür dürften Stadt, Land und Region keinen Cent bezahlen.Siegel bezieht sich in seiner Einschätzung auf die finale Sitzung des Filderdialogs am 7. Juli. Damals stimmten 63 von 109 Teilnehmern für einen Vorschlag von Verkehrsminister Winfried Hermann, die Fern- und Regionalzüge aus Richtung Zürich auch nach dem Bau von Stuttgart 21 über die Gäubahn zum Hauptbahnhof zu führen – und damit am Flughafen vorbei. Die übrigen Projektpartner lehnten diese Variante jedoch ab. Gemeinsam einigten sich alle deswegen darauf, jene Variante zu prüfen, die 44 Teilnehmer des Filderdialogs auf den zweiten Platz gesetzt hatten. Dabei sollen der neu zu bauende Fernbahnhof am Flughafen und die S-Bahn-Station enger als in der Antragstrasse vorgesehen zusammengerückt werden. In der Lenkungskreissitzung am 22. Oktober schätzte die Bahn die Mehrkosten für diesen Vorschlag auf 224 Millionen Euro. Hinzu kämen 30 Millionen Euro für die zweigleisige Anbindung der ICE-Station.

 

Mehrheit wollte die Gäubahnvariante

Für Wolfgang Kömpf von den Unternehmen für Stuttgart 21 und Stefan Faiß von den Juristen für Stuttgart 21 wäre das kein Problem. Beide fordern das Land auf, sich an den Mehrkosten für einen verbesserten Flughafenbahnhof zu beteiligen. Bei einer Bauzeit von zehn Jahren beliefen ich die jährlichen Mehrkosten auf rund 24 Millionen Euro. Würde die Flughafen GmbH, an der Stadt und Land beteiligt sind, sowie das Land und die Bahn je ein Drittel tragen, ergäbe sich für alle Beteiligten ein Mehraufwand von acht Millionen Euro jährlich.

Bahn mahnt klare Linie des Landes an

Etwas in der Art könnte sich wohl auch der S-21-Projektsprecher Wolfgang Dietrich vorstellen. Auf Anfrage der Stuttgarter Zeitung sagte er, dass er sich von Anfang an darüber gewundert habe, „dass man einerseits über Verbesserungen diskutieren will und andererseits deren Finanzierung ablehnt“. Die Bahn erwarte „keinen Freibrief“ für die Mehrkosten, „sondern eine Grundsatzentscheidung“, ob die Projektpartner bereit seien, sich irgendwie daran zu beteiligen. Falls dazu ein weiterer Bürgerentscheid in der Stadt Stuttgart notwendig sei – es existiert ein entsprechender Beschluss des Gemeinderats – habe die Bahn dagegen nichts einzuwenden. Entscheidend aber sei das Land: „Von dort erwarten wir endlich eine einheitliche Linie.“

Die versuchte Verkehrsminister Winfried Hermann am späten Nachmittag zu ziehen. „Das Landeskabinett hat einstimmig beschlossen, dass das Land sich an Mehrkosten über die vereinbarte Obergrenze von 4,526 Milliarden Euro hinaus nicht beteiligt. Dabei bleibt es“, ließ er verlauten und verwies darauf, dass der Kostendeckel „auch eine der Prämissen war, unter denen beim Filderdialog über eine bessere Bahn-Anbindung am Landesflughafen diskutiert wurde“. Alle, die jetzt die Umsetzung der Ergebnisse des Filderdialogs fordern, „sollten sich daran erinnern, dass seinerzeit der Erhalt der Gäubahn und die Trennung von Fern- und Nahverkehr mit der großen Mehrheit von mehr als 60 Prozent beschlossen wurden“.