Vor dem Beginn des Filderdialogs zu Stuttgart 21 sind sich Freund und Feind einig: So wird das nichts. Vor allem Moderator Weitz steht in der Kritik.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Als Gisela Erler Anfang dieser Woche mehr als 250 Personen zur Teilnahme am Filderdialog zu Stuttgart 21 eingeladen hat, ahnte sie wohl schon, dass die Reaktionen höchst unterschiedlich ausfallen würden. Etliche der zufällig ausgewählten Adressaten würden den Brief der Staatsministerin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung wohl mangels Interesse, mangels Zeit oder wegen der Kurzfristigkeit des Ansinnens auf direktem Weg dem Papierkorb zuführen. Aber das war Teil des Plans, der vorsieht, dass sich 80 Bürger aus dem Kreis der Angeschriebenen bereit erklären, am Freitag, 25. Mai, dabei zu sein, wenn der Filderdialog offiziell beginnt.

 

Andere wie der Leinfelden-Echterdinger FDP-Veteran Thomas Rommel oder die beiden Filderstädter Gemeinderäte Walter Bauer (SPD) und Matthias Gastel (Grüne) ärgern sich dagegen maßlos darüber, dass sie ignoriert worden sind. Und tatsächlich sind positive Signale kaum zu hören, seit die Staatsrätin im Februar ihr erstes großes Bürgerbeteiligungsprojekt angestoßen hat.

Gegner und Befürworter kritisieren Weitz

Sogar in der Spurgruppe, die den Filderdialog vorbereitet hat, wächst die Zahl der Skeptiker. Dreimal hat das Gremium hinter verschlossenen Türen im Echterdinger Rathaus getagt; vor allem in der zweiten Sitzung sollen die Wogen hochgegangen sein. Bemerkenswert dabei: sowohl strikte S-21-Gegner als auch glühende Befürworter des Bahnprojekts kritisierten übereinstimmend die Verhandlungsführung des von der Bahn und dem Land berufenen Moderators Ludwig Weitz. Zu schlecht vorbereitet sei er, manche nannten ihn gar naiv.

Dabei ging es zunächst um Formalien: wer darf am tatsächlichen Dialogverfahren teilnehmen und wer stellt die verschiedenen Trassenvarianten für die Anbindung des Flughafens an den Tiefbahnhof, die Neubaustrecke nach Ulm und die Gäubahn vor? Entgegen der klaren Vorgabe des Moderators wollten etliche Teilnehmer aber auch schon über inhaltliche Leitlinien diskutieren: welche Prämissen gelten als unverrückbar und über welche Alternativen darf trotzdem nachgedacht werden?

Der Tagungsort ist nur für die erste Veranstaltung reserviert

Das Ergebnis ist ernüchternd. Der Streit um die Benennung der Dialogteilnehmer tobt nach wie vor; unter anderem soll der Verband Region Stuttgart versucht haben, zahlreiche Vertreter der IHK zu nominieren, die S-21-Gegner wollten Emissäre der Gruppe Ingenieure 22 entsenden. Dass die Organisatoren darob versäumt haben, die Filderhalle als Tagungsort für alle vorgesehenen Termine zu reservieren, ist da nur eine Randnotiz. Für die erste Veranstaltung am 25. Mai hat’s noch gereicht, die folgenden finden dann woanders statt.

Auch inhaltlich sind die Kontrahenten soweit voneinander entfernt wie zuvor. Die Fraktion aus Leinfelden-Echterdingen will von der CDU bis zu den Grünen den Mischverkehr von Fern- und S-Bahn durch ihre Stadt verhindern. Die Bahn beharrt auf ihrer Antragstrasse, die eben diesen Mischverkehr vorsieht, und lässt sich allenfalls auf eine neue Planung für den Flughafenbahnhof ein. Diese soll die ICE-Station und den S-Bahn-Halt näher zusammenführen. Das ist auch im Sinne der Flughafenchefs Georg Fundel und Walter Schoefer. Wer eventuelle Mehrkosten dafür trägt, ist unklar.

Hermann, Schuster und Bopp streiten wie eh und je

Trotzdem hat selbst der Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) diese Option als Minimallösung ausgerufen. Viel lieber wäre ihm aber der Erhalt der bisherigen Gäubahn und eine Anbindung des Flughafens per S-Bahn von Vaihingen aus. Damit liegt er auf einer Linie mit den S-21-Gegnern der Schutzgemeinschaft Filder. Das wiederum bringt die Projektpartner Stadt Stuttgart und Verband Region Stuttgart auf die Palme. Wenig verklausuliert werfen Oberbürgermeister Wolfgang Schuster und Regionalpräsident Thomas Bopp (beide CDU) dem Minister vor, dass er erneut versuche, das gesamte Projekt Stuttgart 21 durch die Hintertür – und trotz eines eindeutigen Votums bei der Volksabstimmung – zu torpedieren.

Doch darum soll es bei der ersten Sitzung des Filderdialogs gar nicht gehen. Stattdessen hat Moderator Weitz in Absprache mit dem Land und der Bahn eine pädagogische Kennenlernrunde angesetzt – und anschließend eine Einführung ins Thema durch verschiedene Experten. Dies, so heißt es, sei notwendig, weil ja 80 der 168 vorgesehenen Teilnehmer zufällig ausgewählt seien und daher noch nicht so gut Bescheid wüssten. „Wir wünschen uns, dass Sie aus Ihrer Sicht als Bürgerin oder Bürger einer betroffenen Kommune die Diskussion um dieses wichtige Projekt bereichern“, schrieb Staatsrätin Erler daher an die Zufallsdiskutanten und versprach: „Für Ihr leibliches Wohl wird gesorgt.“