Der Filderdialog ist vorerst geplatzt. Kritiker sprechen von dilettantischer Vorbereitung - und machen die Landesregierung dafür verantwortlich.
Stuttgart - Aus den Gesichtern spricht Fassungslosigkeit, als die Mitglieder der Spurgruppe aus Leinfelden-Echterdingen am Montagabend in den Sitzungssaal des Echterdinger Rathauses zurückkehren. Eine Stunde zuvor hatten sie die Routinesitzung des örtlichen Arbeitskreises Stuttgart 21 verlassen und waren Frank Otte, dem Ersten Bürgermeister der Großen Kreisstadt, in sein Büro gefolgt, um an einer kurzfristig anberaumten Telefonkonferenz teilzunehmen.
Ein Statement gibt der Bürgermeister nach der Rückkehr in den Sitzungssaal nicht mehr ab. „Die Spurgruppe tagt nicht öffentlich“, bescheidet er allzu Wissbegierigen aus dem Stuttgart-21-Arbeitskreis. Andere Mitglieder der Spurgruppe schütteln nur den Kopf, ungläubig dreinschauend. Wenig später macht dann, noch hinter vorgehaltener Hand, jedoch eine sensationelle Nachricht die Runde: Die Auftaktsitzung für den Filderdialog am kommenden Freitag, 25. Mai, ist geplatzt, der Start um mindestens drei Wochen auf den 16. Juni verschoben.
Die in der Telefonkonferenz verkündeten Zahlen sorgen für großes Erstaunen im Kreis derjenigen, die an der Vorbereitung des von der Staatsrätin Gisela Erler in dieser Form angestoßenen Bürgerdialogs beteiligt sind. 80 Bürgerinnen und Bürger, zufällig aus dem Melderegister ausgewählt, sollten der auf drei Termine angesetzten Auseinandersetzung um die Trassenvarianten für Stuttgart 21 auf dem Streckenabschnitt zwischen Rohr und Flughafen einen ganz besonderen Drive geben. Bis zum „Einsendeschluss“ am Montagabend sollen sich nach übereinstimmenden Berichten von rund 250 angeschriebenen Personen erst 40 zurückgemeldet haben – darunter 35 Absagen und magere fünf Zusagen. Zur gleichen Zeit hatte ein Stockwerk tiefer noch der Arbeitskreis der Stuttgart-21-Interessierten aus L.-E. einen letzten Platz zur Teilnahme am Filderdialog in einem Losverfahren ermittelt – und dabei kritisiert, dass Sachverstand vom Verfahren ausgeschlossen werde. Allerdings setzten dort schon einige auf einen möglicherweise schleppenden Rücklauf aus dem Kreis der zufällig Ausgewählten, so dass die Chancen auf ein Nachrücken, beispielsweise für den FDP-Veteran Thomas Rommel, gestiegen wären.
Spurgruppe einigt sich erst nach einer Stunde auf Verschiebung
In der Spurgruppe habe man sich nach der Schilderung von Teilnehmern erst nach einer rund einstündigen, kontroversen Debatte mehrheitlich auf eine Verschiebung verständigen können. Vertreter der Landesregierung hätten trotz des offensichtlichen Desinteresses bei der eingeladenen Bürgerschaft zunächst für ein Festhalten am ursprünglichen Zeitplan der Bürgerbeteiligung plädiert – frei nach dem Motto: Dann eben Bürgerbeteiligung ohne Bürger.
Die Auswahl von Personen, die sich bislang nicht mit den Varianten für die Strecke zwischen Rohr und Flughafen beschäftigt hatten, war von dem im März mit der Moderation beauftragten Bonner Mediator Ludwig Weitz von Anfang an propagiert worden. Die Einladungen an 240 zufällig ausgewählte Bürger von den Fildern waren allerdings erst am 14. Mai verschickt worden. Teilnehmer aus der Spurgruppe üben derweil scharfe Kritik an der Vorbereitung der Veranstaltung durch Weitz und die Landesregierung. Noch nie zuvor habe man einen derartigen Dilettantismus erlebt. Schon bei der Auswahl der als gesetzt geltenden Teilnehmer des Filderdialogs sei es „zugegangen wie auf einem orientalischen Teppichbasar“, hieß es übereinstimmend.