Die Debatte um die Streckenführung von Stuttgart 21 am Flughafen wird beim Filderdialog intensiv geführt – die Zahl der Teilnehmer an der Bürgerbeteiligung aber schwindet.

Stuttgart - Die Zahl der Teilnehmer am sogenannten Filderdialog ist in der zweiten Runde deutlich zurückgegangen. Waren beim ersten Mal 156 Bürger und Experten dabei, beteiligten sich am Freitag im Messe-Kongresszentrum nur noch 121 an der Debatte über die Streckenführung von Stuttgart 21 auf den Fildern und am Flughafen. Wie berichtet, hatten unter anderem Leinfelden-Echterdingens Oberbürgermeister Roland Klenk (CDU) und Ostfilderns Rathauschef Christoph Bolay (SPD) bereits im Vorfeld ihren Ausstieg verkündet. Der Moderator Ludwig Weitz zeigte sich dennoch zufrieden mit der Resonanz. „Wir sind froh, dass Sie da sind“, sagte er zum Auftakt in Richtung der Teilnehmer.

 

Bei der zweiten Runde des Filderdialogs wurden diesmal neben der von der Bahn favorisierten Trasse sechs weitere Varianten von sogenannten Paten präsentiert. Der Schienenkonzern will bekanntlich zusätzliche Fernzüge aus Richtung Zürich-Singen auf die bestehende S-Bahn-Strecke zum Flughafen lenken, der zusätzlich einen ICE- und Regionalbahnhof erhalten soll. Nach Ansicht der Bahn hätte die Realisierung der meisten Alternativideen erhebliche Mehrkosten zur Folge; der Kostenrahmen von 4,5 Milliarden Euro für das Projekt Stuttgart 21 würde gesprengt. Die grün-rote Landesregierung jedoch hat sich bekanntlich sowohl in der Koalitionsvereinbarung als auch per Kabinettsbeschluss darauf festgelegt, keinen Euro mehr auszugeben als vertraglich vereinbart.

Flughafen Stuttgart macht sich stark für eine Idee

Rund 110 Millionen Euro Baukosten etwa veranschlagt die Bahn für die von SPD-Politikern wie dem früheren Projektsprecher Wolfgang Drexler befürwortete Variante einer Verlegung des geplanten Flughafenbahnhofs, der dicht an die bestehende S-Bahn-Station rücken soll. Für die Idee macht sich auch der Flughafen Stuttgart stark. Damit wäre eine Entflechtung des Fern- und Regionalverkehrs im Bereich des Flughafens verbunden, nicht aber auf der S-Bahn-Strecke durch Leinfelden-Echterdingen. Bei einer ersten Abstimmung landete der Vorschlag in der Gunst der Teilnehmer auf Rang zwei. Die Antragstrasse der Bahn dagegen kam nur auf den vorletzten Platz.

Laut einer Studie des Landes käme die für die vom Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) propagierte Nutzung der alten Gäubahnstrecke zum Hauptbahnhof – eine weitere Variante – billiger als die Antragstrasse, deren Kosten die Bahn aus vergabetechnischen Gründen nicht nennen will. Demgegenüber rechnet der Konzern in diesem Fall anders: allein der Tunnelanschluss der Gäubahn an den neuen Tiefbahnhof im Talkessel schlüge demnach mit zusätzlichen 86 Millionen Euro zu Buche. Zudem gäbe es geologische Risiken, da der Tunnel im sogenannten Quellgips liegen würde. Hinzu kämen laut Bahn rund 82 Millionen Euro für die Sanierung der Gäubahnstrecke. Der Verkehrsminister sieht das anders und verweist bezüglich der Kosten für die Sanierung der Bestandsstrecke auf Heiner Geißlers Schlichterspruch. Die Gäubahnvariante fand schließlich mit Abstand den meisten Zuspruch.

Die sogenannte Neckartalvariante, bei der die aus Richtung Zürich/Singen kommenden Fernzüge ab Horb über Rottenburg, Tübingen und Reutlingen auf die ICE-Neubaustrecke und weiter zum Flughafen geführt würden, wird vor allem politisch bekämpft. Der Chef der CDU-Landtagsfraktion, Peter Hauk, sowie seine Parteifreunde aus Horb und dem Raum Böblingen-Sindelfingen lehnen die Idee kategorisch ab. Sie befürchten verkehrliche Nachteile für ihre Bürger. Dem Bahn-Technikvorstand Volker Kefer werden Sympathien für diese Variante nachgesagt, und auch bei den Dialogteilnehmern, die diese Variante bewerten sollten, sammelte dieser Vorschlag deutlich mehr Plus- als Minuspunkte.

Vorschlag von Lokalpolitiker Walter Bauer scheint utopisch

Kostenmäßig utopisch erscheint die unter anderem vom Filderstädter SPD-Lokalpolitiker Walter Bauer ins Gespräch gebrachte Bündelungstrasse entlang der Autobahn 8. Sie wird von der Bahn mit rund 275 Millionen Euro Baukosten veranschlagt, was Bauer allerdings in Zweifel zieht. Überhaupt keine Chance auf Verwirklichung hat angesichts der geschlossenen Verträge über den Bau des Tiefbahnhofs und der Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Ulm der sogenannte S-Bahn-Ringschluss. Der Vorschlag, der auf einer alten Idee der Kopfbahnhofbefürworter basiert, würde den vollständigen Wegfall der geplanten Anbindung des Flughafens an den Fernverkehr bedeuten – die geplante Neubaustrecke würde nicht in Ulm, sondern bereits in Wendlingen enden. Steffen Siegel von der Schutzgemeinschaft Filder verband seine Präsentation mit heftiger Kritik an den Bahnplänen.

Uneinigkeit zwischen Bahn und Land herrscht in der Frage des Mischverkehrs. Der Schienenkonzern sieht kein Problem darin, wenn auf der S-Bahn-Strecke durch Leinfelden-Echterdingen künftig auch Fernzüge verkehren. Das Verkehrsministerium hingegen ließ eine Mitteilung verbreiten, wonach bei einer solchen Lösung unter anderem die Fahrplanstabilität niedriger sei als bei einer Trennung von schnellen und langsamen Verkehren.