Nach der Empfehlung der Filderdialog-Teilnehmer für die Gäubahnvariante muss nun im Kreis der Projektpartner von Stuttgart 21 diskutiert werden, was umsetzbar ist. Doch schon jetzt ist absehbar, dass es keine einfache Lösung geben wird.

Leinfelden-Echteringen - Am Samstag haben sich die Teilnehmer des Filderdialogs abschließend Gedanken über die besten Trassenführung auf den Fildern gemacht, in den nächsten Tagen sind nun die Projektpartner von Stuttgart 21 gefragt. „Wir haben eine Vielzahl verschiedener Empfehlungen, die wir jetzt zusammen prüfen müssen, ob sie realisierbar sind und in die Gegebenheiten passen“, erklärte der Konzernbevollmächtigte der Bahn, Eckart Fricke, nachdem die letzte Runde des Filderdialogs im Atrium der Messe nach mehr als siebenstündiger Auseinandersetzung zu Ende gegangen war.

 

Wie erwartet, hatte sich dabei die Mehrheit der 120 Teilnehmer hinter die so genannte Gäubahnvariante zur Anbindung des Flughafens gestellt – insgesamt 63 Teilnehmer sprachen sich für diese von Verkehrsminister Winfried Hermann bevorzugte Lösung aus. „Es freut mich sehr, das unser Vorschlag hier überzeugt hat“, betonte Hermann, der am Nachmittag selbst die entscheidende Phase des Dialogs verfolgte.

Die Variante, bei der die Fern- und Regionalzüge in Vaihingen halten und die Passagiere von dort weiter mit der S-Bahn zum Flughafen fahren, entspreche voll dem Schlichtungsergebnis, die Gäubahn zu erhalten und leistungsfähiger zu machen. Sie sei aber nicht kompatibel mit der Finanzierungsvereinbarung und der darin festgelegten Direktanbindung des Flughafens, so Hermann. „Wir müssen nun im Kreis der Projektpartner darüber diskutieren“, so Hermann. „Wenn einer sein Veto einlegt, ist der Vorschlag vom Tisch.“

Bahn will Lösung ernsthaft prüfen

Die Bahn hat ihrerseits nun angekündigt, die Belange ernsthaft zu prüfen, so der Stuttgart-21-Sprecher Wolfgang Dietrich. Zu beachten sei grundsätzlich aber, „dass dieses Ergebnis nicht repräsentativ für das ganze Land ist“. Die Teilnehmer seien fast ausschließlich aus dem Filderraum gekommen. Ein Projekt dieser Größe können aber nicht alleine lokal verhandelt werden, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des klaren Votums der Bürger im Land bei der Volksabstimmung. Die Partner würden nun einstimmig entscheiden, ob die Empfehlungen verfolgt werden können. „Ist das nicht gegeben“, so Dietrich, „wird die Antragstrasse weiter verfolgt.“

Einen Prüfauftrag haben die Projektpartner aus dem Filderdialog zudem für eine weitere Alternative erhalten, die auf der von der Bahn gewünschten Antragstrasse mit dem umstrittenen Mischverkehr auf der S-Bahn-Strecke basiert. Anders, als von der Bahn vorgesehen, soll in dieser Variante der neue Bahnhof unter der Flughafenstraße gebaut und damit direkt an die bestehende S-Bahn-Station gerückt werden – wofür am Samstag immerhin 44 Teilnehmer votierten hatten.

Zuvor hatte sich das Plenum intensiv mit beiden Alternativen auseinander gesetzt und dafür zahlreiche konkrete Empfehlungen erarbeitet. Etwa, die Kosten für die Vorschläge seriös zu ermitteln, Fahrgastströme zu berechnen, den Takt der S-Bahn im Falle von Mischverkehr zu erhalten und einen Lärm- und Erschütterungsschutz über den gesetzlichen Vorgaben zu realisieren – wovon die Bahn kaum zu überzeugen sein dürfte. „Eine Umsetzung über das gesetzliche Maß hinaus ist nicht machbar für die Bahn. Dann würden das hinterher Anwohner in ganz Deutschland auch von uns wollen“, betonte Eckart Fricke.

Region für „mehr Realitätssinn“

Für „mehr Realitätssinn“ plädiert auch der Verband Region Stuttgart. „In finanziell schwierigen Zeiten, in denen der Verkehrsminister laut über die Abbestellung von Regionalzügen nachdenkt, gehören Wunschvorstellungen ohne Finanzierungsgrundlage ins Reich der Träume“, sagte der Verbandsvorsitzende Thomas Bopp. Die Fakten hätten auch nach der Empfehlung noch Bestand, die direkte Anbindung der Gäubahn an den Flughafen und die Messe sei gesetzt und zwingend. Gleichwohl habe der Filderdialog Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt, so der Wirtschaftsdirektor Jürgen Wurmthaler. „Die Idee, Regional- und Fernzüge in einer eigenen Station unter der Flughafenstraße zu fahren, hat Charme.“

Offiziell wollen die Projektpartner nun am nächsten Freitag eine erste Stellungsnahme zu den Empfehlungen abgeben und dabei zunächst erklären, was davon ernsthaft geprüft werden könne. Zudem sollen die Überlegungen aus dem Dialogverfahren und deren mögliche Auswirkungen auch im nächsten Lenkungskreis, zu dem sich die Projektpartner laut Verkehrsminister Hermann im September treffen, noch einmal diskutiert werden. Um künftig „nicht mehr aus den Medien über Probleme oder Baufortschritte zu erfahren“, so Hermann, wolle man zudem einen monatlichen Jour fix auf höchster Ebene einrichten, um sich über wesentliche Punkte des Projekts auszutauschen.