Die Zweigstelle der Stadtbibliothek in Filderstadt-Harthausen ist seit einem Jahr zu. Die Jahnschule und Ehrenamtliche haben sich etwas überlegt, damit Kinder sich im digitalen Zeitalter trotzdem noch für Bücher interessieren.

Harthausen - Drei Harthäuserinnen füttern Leseratten an der Jahnschule mit Lektüre. Die Rentnerinnen Magdalena Fritz und Ingrid Boss und die Hausfrau Helga Dahlmann leiten ehrenamtlich die Schulbibliothek. „Der Bibliotheksdienst ist ein fester Bestandteil unseres Lebens“, sagen sie unisono.

 

Alle Drei haben früher in der Harthausener Zweigstelle der Filderstädter Stadtbibliothek gearbeitet, ebenfalls unentgeltlich. Was treibt sie an, jeden Dienstag- und Donnerstagmorgen ihre Freizeit zu opfern? „Wir wollen den Kindern die Liebe zu Büchern vermitteln“, sagt Ingrid Boss. Für sie ist klar: „Lesen kann nicht durch andere Medien ersetzt werden. Wer liest, entwirft dazu Bilder mit seiner Fantasie.“

Im rund 2000 Bücher umfassenden Bestand ist auch Fachliteratur

Vor einem Jahr wurde die Zweigstelle der Stadtbibliothek Filderstadt in Harthausen geschlossen. „Nach Absprache mit der Schulleitung durften wir in der Schule eine Bücherei für die Kinder aufmachen“, sagt Ingrid Boss. Die Stadt habe einen Teil des Harthausener Bibliotheksbestands für die Schulbücherei gestiftet. „Dazu kamen noch Privatspenden. Wir sind sehr dankbar, wenn uns jemand Neuerscheinungen stiftet“, sagt Magdalena Fritz. Gegenwärtig umfasse der Bestand rund 2000 Bücher. Es gebe nicht nur Kinderbuchklassiker von Erich Kästners „Emil und die Detektive“ über die Zauberwelten des Harry Potter bis hin zu kinder- und jugendgerechten Detektivgeschichten. „Wir haben auch Sachbücher, die für den Unterricht ausgeliehen werden“, sagt Helga Dahlmann.

Medienkonzept mit digitalem und analogem Lernmaterial

„Wir waren nicht begeistert, als die Zweigstelle der Stadtbibliothek aufgelöst wurde. Deshalb war die Schulbücherei für uns ein Glücksfall, wir wollen den Schülern analoges Lernmaterial für die Recherche zur Verfügung stellen, bevor ihm die digitalen Medien den Rang abgelaufen haben“, sagt Schulleiter Ullrich Heller. Die Schule arbeite zurzeit ein Medienkonzept aus, in dem sie der Digitalisierung Rechnung trage. Darin werde aber auch der Umgang mit Büchern und Zeitungen festgeschrieben.

Immer mehr Schüler verstehen nicht, was sie lesen

Weil Lesen nicht automatisch bedeutet, dass der Inhalt verstanden wird, gibt es als freiwilliges Angebot der Schule einen Leseclub der von zwölf Ehrenamtlichen betreut wird. Schüler der Klassen 3 bis 5 lesen erst laut, dann spricht man über den Inhalt. „Meiner Wahrnehmung nach können Schüler zwar Texte lesen, aber immer mehr haben Schwierigkeiten, sie zu verstehen“, sagt Ullrich Heller. Die Ursache dafür sei, dass durch den Umgang mit digitalen Medien keine Zeit mehr bleibe, draußen zu spielen, Bewegung zu lernen und eben zu lesen.“ Zur Zukunft der Schulbücherei befragt, äußert sich Ullrich Heller mit skeptischem Unterton: „Solange das Angebot angenommen wird, stellen wir es zur Verfügung.“ Man müsse aber „der Tatsache ins Auge sehen, dass sich die gesellschaftlichen Veränderungen durch die Digitalisierung niederschlagen“.