Personalwechsel mit Überraschungseffekt: Knapp ein Jahr vor der OB-Wahl ersetzt die Filderstädter Rathauschefin ihren persönlichen Referenten.

Filderstadt - Das Personalkarussell dreht sich kräftig in Filderstadt: Die Stadtwerke bekommen einen neuen Chef, die Kunstschule steht unter neuer Leitung, für die Chefrolle im städtischen Kunstbüro hat das Rathaus sogar kurzerhand eine eigene Stelle geschaffen. Auch um die Gleichberechtigung von Mann und Frau kümmert sich eine neue Fachkraft.

 

Den größten Überraschungseffekt hat aber ein Stellenwechsel im unmittelbaren Umfeld von Oberbürgermeisterin Gabriele Dönig-Poppensieker: Knapp ein Jahr vor der OB-Wahl ersetzt die Rathauschefin ihren persönlichen Referenten Daniel Kienle. Der seit 2012 auch als Rathaus-sprecher fungierende Diplom-Verwaltungswirt wechselt ins Ordnungsamt – und das nach offizieller Lesart auf eigenen Wunsch. Nach nur zwei Jahren gehen das Stadtoberhaupt und ihr schon laut Stellenbeschreibung engster Mit-arbeiter schon wieder getrennte Wege.

Rätselraten im Rathaus

Selbstredend sorgt die überraschende Personalentscheidung im Rathaus für Rätselraten. Hinter vorgehaltener Hand fragen sich Mitarbeiter wie Stadträte, ob die Oberbürgermeisterin ihrem Referenten nun den Stuhl vor die Tür gesetzt hat, oder der Rathaussprecher wegen fehlender Rückendeckung das Handtuch wirft. Im persönlichen Verhältnis zwischen Dönig-Poppensieker und Kienle wird von einer gestörten Atmosphäre berichtet.

„Sie wollte ihn nicht mehr haben“, spricht ein gut informierter Stadtrat vom wachsenden Vertrauensverlust. Der in Ellwangen geborene Informatik-Kaufmann und Verwaltungswirt erwies sich schon wegen seiner fehlenden Erfahrung nicht als Idealbesetzung für den Referentenposten. Kein Wunder: Nach dem Studium sammelte Daniel Kienle zwar im Hauptamt der Stadt Heimsheim erste Berufspraxis. Beim Wechsel nach Filderstadt aber war die Nachwuchskraft gerade mal 26 Jahre alt – und mit den komplexen Anforderungen des neuen Jobs komplett gefordert.

Von einem gestörten Verhältnis zu ihrem Referenten will Gabriele Dönig-Poppensieker allerdings nichts wissen. Zwar ist bekannt, dass die Filderstädter Oberbürgermeisterin im Umgang mit ihren Untergebenen mitunter eine reichlich schroffe Tonart anschlägt. Mitarbeiter lässt die Rathauschefin durchaus spüren, wegen tatsächlicher oder vermuteter Versäumnisse in Ungnade gefallen zu sein.

OB: „Kienle ist ein toller Mensch“

Doch persönliche Probleme habe es mit dem persönlichen Referenten nicht gegeben. „Daniel Kienle ist ein toller Mensch“, gibt Gabriele Dönig-Poppensieker zu Protokoll. Allerdings räumt sie auf Nachfrage ein, dass es durchaus Reibungsverluste in der Zusammenarbeit gegeben habe. Allzu hoch will die Rathauschefin das interne Problem aber nicht hängen: „Konflikte gibt es doch in jedem Arbeitsverhältnis. Anderswo ist der Chef auch nicht immer mit der Arbeit seiner Leute zufrieden“, sagt sie – und spricht von einer „Trennung im gegenseitigen Einvernehmen“.

Daniel Kienle selbst ist froh, im Ordnungsamt künftig einen in etwas ruhigerem Bahnen laufenden Job zu haben. Als Rathaussprecher war der smarte Nachwuchsbeamte bisher auch bei zahlreichen Repräsentationsaufgaben in der Pflicht. „Als persönlicher Referent gab es extrem viele Termine am Abend und auch am Wochenende“, betont der 28-Jährige, sich auf die neue Aufgabe zu freuen.

Im Ordnungsamt wird Kienle für die Aufgaben zuständig sein, die bisher seine Nachfolgerin Anna Lakke betreut hat – den Bereich der verkehrsrechtlichen Anordnungen. Zum neuen Arbeitsbereich im Dezernat von Baubürgermeister Reinhard Molt zählt neben Straßensperrungen auch die Ausschilderung von Umleitungsstrecken. Auch wenn wegen einer Festivität oder einer Baustelle ein Parkverbot eingerichtet werden muss, ist Kienle künftig der Ansprechpartner für Bürger und Behörde.

Wunschkandidat war der 28-Jährige nicht

Pikant am überraschenden Abschied des Rathaussprechers ist freilich, dass es sich bei dem 28-Jährigen bereits um den zweiten persönlichen Referenten handelt, der unter Gabriele Dönig-Poppensieker nach Veränderung strebt. Vor zwei Jahren hatte schon Vorgänger Jens Theobaldt die Chance genutzt, ins Dezernat von Finanzbürgermeister Andreas Koch zu wechseln und die Leitung im Amt für Familie, Schule und Vereine zu übernehmen.

Der große Unterschied: Während der neue Job für Theobaldt als Karrieresprung zu sehen ist, mutet Kienles Wechsel wie ein Rückzug an. Schließlich handelt es sich beim Posten des persönlichen Referenten um eine durchaus exponierte Rolle. Die Stellung ist ähnlich bedeutend wie Wirtschaftsförderung, Frauenbüro und Rechtsreferat, nur Amtsleiter wie Stadtkämmerer Georg Braunmüller oder Tiefbauamtschef Norbert Branz stehen noch eine Stufe über dem Rathaussprecher. „Es ist nicht damit getan, der OB ein Glas Wasser aufs Rednerpult zu reichen. Der persönliche Referent gehört letztlich mit zur Führungsriege und vertritt die Stadt nach außen“, heißt es.

Um so ärgerlicher war für die Rathauschefin, dass sie vor zwei Jahren nicht ihren Wunschkandidaten durchsetzen konnte. Nach dem Abschied von Theobaldt hatte Dönig-Poppensieker mit einem erfahrenen Bewerber geliebäugelt. Schließlich hatte der in Bonlanden aufgewachsene Vorgänger auch deshalb eine gute Figur gemacht, weil er Hinz und Kunz in Filderstadt kennt – und mit dem Wissen um die Befindlichkeiten einzelner politischer Akteure manchen Konflikt im Keim ersticken konnte.

Anna Lakke hat ihren Dienst bereits angetreten

Eine denkwürdige Koalition von CDU und SPD drückte vor zwei Jahren allerdings Kienle als Nachfolger durch – mit bekanntem Ergebnis. Nun soll Anna Lakke in die Rolle von Rathaussprecherin und OB-Referentin schlüpfen – knapp ein Jahr vor der OB-Wahl. Als der Textilhersteller Hugo Boss im Juli sein neues Logistikzentrum einweihte, war die 24-Jährige bereits an der Seite der Rathauschefin. Offizieller Dienstantritt war der 1. August. „Das ist eine interessante Aufgabe“, freut sie sich über den mittelfristig mit einem Gehaltssprung verbundenen Jobwechsel. Ob sie ihren Vorgänger nacheifern will, die unter Ex-OB Peter Bümlein Karriere gemacht haben und sich als Bürgermeister bewarben? „Man soll nie nie sagen“, sagt sie.