Eine von der Stadt Leinfelden-Echterdingen vorgelegte Studie zu drohenden Verspätungen im Stuttgarter Nahverkehr hat Projektgegner von Stuttgart 21 ebenso alarmiert wie die Politik in Stadt und Region.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Stuttgart - Die neu entfachte Diskussion um einen Fernbahnhof unter der Flughafenstraße wird bei der Bahn durchaus mit Interesse verfolgt. Auf völlige Ablehnung stößt der Vorschlag, mit einem geänderten Verlauf der Fildertrasse auch die befürchteten Fahrplan-Probleme im Nahverkehr zu lösen, jedenfalls nicht.

 

„Wir haben uns intensiv Gedanken um dieses Alternativkonzept gemacht, die Bahn war immer offen für Planvarianten“, betonte Projektsprecher Wolfgang Dietrich am Freitag. „Es ist selbstverständlich, dass sich bei einem Jahrhundertprojekt die Frage nach der besten Lösung stellt“, erklärte er drei Tage vor Beginn der Erörterung zum Planfeststellungsabschnitt 1.3.

S-21-Sprecher: „17 Monate Verzögerung durch Diskussion“

Um Alternativen zu der beantragten Trasse etwa beim Filderdialog diskutieren zu können, habe die Bahn eine 17-monatige Verzögerung in Kauf genommen. „Der Bahnhof unter der Flughafenstraße wurde von uns ernsthaft verfolgt“, betonte der Projektsprecher. Ob die Bahn aus heutiger Sicht bereit sei, die vor zwei Jahren zu den Akten gelegten Pläne wieder aufzufrischen, konnte Dietrich am Freitag nicht sagen.

Gescheitert war die Bahnhofsvariante, weil die Projektpartner sich nicht über die Kostenteilung einigen konnten. Nach Berechnungen der Bahn schlägt der Fernbahnhof mit 224 Millionen Euro zu Buche. Andere Schätzungen lagen niedriger, allerdings auch im dreistelligen Bereich. Eine gewisse Bereitschaft, über eine Finanzspritze nachzudenken, hatte neben der Region zunächst auch das Land erkennen lassen. Die strikte Weigerung der grünen Landtagsfraktion, für S 21 finanziell in die Bresche zu springen, brachte den Plan aufs Abstellgleis. „Jetzt ist aber endgültig Schluss!“, wird Ministerpräsident Winfried Kretschmann von Eingeweihten zitiert.

Studie aus Dresden befürchtet erhebliche Verspätungen

Die Bahn schwenkte nach dem Scheitern des Vorschlags wieder auf die bereits 2002 vorgelegte Antragstrasse ein. Auch die von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) bevorzugte Führung der Gäubahnzüge über den Bahnhof in Vaihingen ins Stuttgarter Zentrum wurde nicht weiter verfolgt.

Hochgekocht war die Frage nach den Planvarianten durch ein Gutachten des Bahninstituts der Technischen Universität Dresden. In einer Betriebssimulation im Auftrag der Stadt Leinfelden-Echterdingen hatten die Experten vor allem im Berufsverkehr „erhebliche Verspätungen“ bei der S-Bahn belegt. Die Bahn will sich erst bei der Erörterung zu der Studie äußern. Allerdings bezeichneten Bauleiter Christophe Jacobi und Bahn-Anwalt Josef-Walter Kirchberg die Urheber der Expertise als „sehr seriöses Institut“.

Grüne wollen den Erhalt der Gäubahnstrecke prüfen

Projektgegner vom Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 haben das Gutachten als Beleg für die „desaströse Planung der Bahn“ gewertet und einen Stopp des Verfahrens gefordert. Steffen Siegel von der Schutzgemeinschaft Filder appelliert an die für die S-Bahn verantwortliche Region und die Stadt Stuttgart, den Plänen ein klares „So nicht“ entgegenzuhalten. Die Grünen von Region und Stadt Stuttgart haben angekündigt, die „Notbremse“ ziehen zu wollen. Es müsse der Erhalt der Gäubahnstrecke geprüft werden. Der Flughafenbereich sei bei aktueller Planung nicht im Kostenrahmen beherrschbar.

Die Regionalfraktion der SPD beantragte am Freitag eine zeitnahe Vorstellung der Studie. „Mit dem Bahnhof unter der Flughafenstraße und einer Trasse entlang der A 8 liegen bereits Varianten vor, die die befürchteten Beeinträchtigung für die Menschen und den Nahverkehr verhindern würden“ erklärte Verkehrssprecher Thomas Leipnitz.

Flughafenchef fordert Tempo bei der Fildertrasse

Das Verkehrsministerium wollte sich vor der Erörterung nicht äußern. „Wir sehen erst mal die Bahn in der Pflicht, eine genehmigungsfähige Trasse vorzulegen, sagte ein Sprecher. Auch bei der Planvariante am Flughafen habe es verkehrstechnische Verwerfungen gegeben. Flughafenchef Georg Fundel hält wenig von neuen Varianten. „Unser Interesse als Flughafen ist, nicht noch weitere Verzögerungen zu erleben und dass der Bau zügig über die Bühne geht. Schließlich wollen wir von den 359 Millionen Euro, die wir für S 21 bezahlen, auch irgendwann etwas haben“, erklärte er auf Nachfrage.