Vor zwei Jahren hatte man in Leonberg bereits eine Schließung der örtlichen Karstadt-Filiale gestoppt. Nun trifft das Schicksal den Standort im Leo-Center doch noch.

Es ist ein dunkler Tag für Leonberg – und sein größtes Einkaufszentrum, das Leo-Center. Der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof will nach Angaben des Gesamtbetriebsrats 52 der noch verbliebenen 129 verbleibenden Warenhäuser in Deutschland schließen. Wie das Unternehmen berichtet, gehört zu den betroffenen Filialen auch die im Leo-Center. Ende Januar 2024 soll Schluss sein.

 

Schließung in Leonberg stand schon vor Monaten im Raum

Die Zukunft des Warenhauses und speziell die des Standortes in Leonberg war bereits in den vergangenen Monaten ungewiss: Im Spätherbst des Jahres 2022 war bekannt geworden, dass der insolvente Konzern einige Filialen schließen wolle, um das Unternehmen zu retten, nachdem Konzernchef Miguel Müllenbach in einem Interview von 40 gefährdeten Standorten sprach. Dass Leonberg diesen Schließungen zum Opfer fallen würde, schien nicht ganz unwahrscheinlich: Schon vor rund zwei Jahren war die Leonberger Filiale knapp an einer Schließung vorbeigeschrammt, nach massivem Druck aus Öffentlichkeit und Politik. 41 Filialen wurden damals vom Konzern aufgegeben. Leonberg war, anders als zunächst angekündigt, schließlich nicht unter ihnen.

Eingeholt hat das Schicksal den Standort nun doch – obwohl es jüngst sogar noch Grund zur Hoffnung gegeben hatte. Zuletzt hatte der Onlinehändler buero.de Interesse angemeldet, 47 Filialen der insolventen Kette zu übernehmen. Dafür hatte man, so bestätigten es im vergangenen November beide Seiten, Gespräche aufgenommen. Im Dezember zog buero.de sein Angebot zurück. „Die Gerüchte über viel weitergehende Schließungen und die in diesem Zusammenhang in den vergangenen Tagen für uns deutlich gewordene Konfliktlage führen zu veränderten Rahmenbedingungen, die für uns nicht akzeptabel sind“, teilte buero.de-Geschäftsführer Markus Schön damals mit.

Entscheidung für OB nicht nachvollziehbar

Scharfe Kritik zur nun drohenden Schließung kommt nun unter anderem von Leonbergs Oberbürgermeister Martin Georg Cohn: „Die Schließung der Karstadt-Filiale in Leonberg bedeutet nicht nur für das Leo-Center, sondern vor allen Dingen für unsere Stadt einen tiefgreifenden Einschnitt. Die Entscheidung ist für mich keinesfalls nachvollziehbar, da die in letzter Zeit sehr gute wirtschaftliche Entwicklung der Karstadt-Filiale, aber auch die starke Kaufkraft in unserer Stadt, ein gegenteiliges Signal ausstrahlen“, so der OB. „Ich erwarte nun von den Entscheidungsträgern, dass sie ihrer Verantwortung gerecht werden und gemeinsam mit dem örtlichen Betriebsrat eine Perspektive für die Beschäftigten erarbeiten. Die gegenüber dem Konzern teilweise über Jahrzehnte loyalen und engagierten Beschäftigten dürfen nicht allein gelassen werden.“

Rückenwind gibt es auch aus Berlin. Marc Biadacz, CDU-Bundestagsabgeordneter für den Landkreis Böblingen, fordert die Beteiligten nun dazu auf, die Entscheidung zur Schließung noch einmal zu überprüfen. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Leonberger Filiale stelle diese Entscheidung ein vorläufiges Ende eines langen Prozesses der Unsicherheit über die Zukunft des Leonberger Standorts dar. „Die Schließung der Karstadt-Filiale im Leo-Center sollte noch einmal überdacht werden“, so Biadacz. „Es kann nicht sein, dass die rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um ihre Arbeitsplätze bangen müssen, weil es Managementfehler bei der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH gab.“

Marc Biadacz hatte bereits in der Vergangenheit den Austausch mit Vertretern der Mitarbeiterschaft und der Geschäftsführung gesucht, um sich für den Erhalt der Leonberger Karstadt-Filiale einzusetzen. „Karstadt in Leonberg hat eine fast 50-jährige Tradition, die eine hohe Bedeutung für die Große Kreisstadt hat“, sagt der Politiker. Zudem liege die Filiale im Landkreis Böblingen, einem der wirtschaftsstärksten Landkreise Deutschlands. Damit sei Leonberg im Kreis Böblingen für Einzelhandelsunternehmen besonders attraktiv, denn sie würden von der starken Kaufkraft vor Ort profitieren können. „Das sollte das Unternehmen bei der Entscheidung zur Schließung der Filiale im Leo-Center unbedingt berücksichtigen“, ergänzt der Bundestagsabgeordnete.

Auch Pforzheim und Esslingen betroffen

Protest aus Reihen der Politik macht sich auch im benachbarten Enzkreis bemerkbar – dort steht die Filiale in Pforzheim auf der Streichliste. „Das ist eine extrem bittere Nachricht – vor allem für die Beschäftigten, aber auch für die Pforzheimer Innenstadt und für die gesamte Region“, kommentierte SPD-Bundestagsabgeordnete Katja Mast am Montag. „Es geht hier um mehr als ein Kaufhaus. Ich weiß, dass die Beschäftigten vor Ort bis zuletzt Hoffnung hatten, dass es weiter geht. Diese Hoffnung hatte ich auch.“ Die Beschäftigten, viele davon Frauen, hätten bereits in der Vergangenheit Gehaltskürzungen und vieles mehr in Kauf genommen, um ihren Teil zur Sanierung des Konzerns beizutragen.

Neben Leonberg und Pforzheim ist zudem die Filiale in Esslingen betroffen. Auch dieser Standort war bereits massiv gefährdet, unter anderem, weil sich der Konzern mit dem Immobilieninvestor BPI im Rechtsstreit befindet, der die Mietverträge für das Esslinger Kaufhaus kündigte. Oberbürgermeister Matthias Klopfer bezeichnete die Schließungsankündigung als „herben Schlag für unsere Innenstadt“.