In Heidelberg droht zum Jahresende die Schließung des letzten großen kommerziellen Lichtspielhauses. Das Rathaus sucht nach einer Lösung.

Heidelberg - Es ist noch nicht lange her, da standen vor den Kinos in der Heidelberger Altstadt schon am späten Nachmittag lange Schlangen. Viele Jahre lang lag die Universitätsstadt am Neckar in der bundesweiten Besucherstatistik der Filmförderanstalt auf vorderen Plätzen. 1994 brachte es sie als deutsche "Kinohauptstadt" sogar noch bis in den "Spiegel".

 

Gut fünf Filmbesuche im Jahr kamen im Schnitt auf jeden Einwohner. Das ist vorbei. Reihenweise haben nach der Insolvenz der Ufa-Filmgruppe 2003 fast alle größere Kinos, von der Kammer über das Schlosskino bis zum Studio Europa, dicht gemacht. Jetzt droht zum Jahresende die Schließung des letzten großen kommerziellen Lichtspielhauses, des Harmonie-Lux-Kino-Centers, in der Altstadt. "Wir hätten es gern anders", erklärt der Hamburger Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter der Ufa, Markus Lüdtke. "Doch aus unserer Sicht ist das Ende kaum noch zu verhindern."

Zum Teil sind die Betreiber selbst schuld

Von 15 Kinos, an die ältere Filmfans mit Wehmut zurückdenken, würden zwei kleinere Häuser übrigbleiben: die Kamera in Neuenheim und das Gloria in der Altstadt. Beide sehen sich der Filmkunst verpflichtet. Dazu kommt das kommunale Kino im Karlstorbahnhof mit 100 Plätzen.

Die Zeiten, in denen in Heidelberg attraktive Hollywoodfilme gleichzeitig wie in Großstädten an den Start gingen, sind längst vorbei. Zum Teil sind daran die bisherigen Betreiber selbst schuld, deren Häuser selten auf den neuesten Stand waren. Auch an dem von der Schließung bedrohten Harmonie-Lux-Filmcenter, das an der Ecke von Haupt- und Theaterstraße ideal mitten in der Altstadt liegt, lassen die Kritiker kaum ein gutes Haar.

Seit einem vor Jahren erfolgten Umbau, bei dem die zwei großen alten Säle in ein halbes Dutzend kleiner Vorführräume aufgeteilt wurden, fehlt vielen Besuchern "die richtige Atmosphäre"; auch die schlechte Isolierung, aufgrund der man oft die Filmmusik aus dem Nachbarsaal mit anhören muss, stört. Dazu kommen weitere Mängel: "Die Sitze knarzen ständig, das Bild ist unscharf, der Ton miserabel", klagt ein Besucher im Internet. Die Polster seien "klebrig und dreckig", ein zweiter. "Das Personal ist unfreundlich, das Popcorn schlecht", schreibt ein dritter.

Dem Kinosterben soll entgegnet werden

Inzwischen haben die Probleme der Kinowelt auch die Stadtverwaltung auf den Plan gerufen. Bereits vor den Schließungsplänen habe man sich mit dem Thema befasst, teilte das Rathaus mit. Dabei habe man für den Gemeinderat Vorschläge entwickelt, deren Ziel es sei, "dem Kinosterben entgegenzuwirken und Perspektiven für ein attraktives Angebot zu entwickeln".

Der Kinostandort Heidelberg leide seit Jahren, heißt es in einer Vorlage für den Gemeinderat. Nachdem es im Jahr 2000 in Heidelberg noch sieben Kinos mit insgesamt 15 Leinwänden und 2684 Sitzen gegeben habe, würden - nach der Schließung - nur noch drei mit 432 Plätzen übrig bleiben. Daher bestehe "Handlungsbedarf". Man wolle Heidelberg als Kinostandort erhalten, weiterentwickeln und "an früheren Stärken anknüpfen".

Stadt hält neuen Standort für besser

Offenbar aber will man nicht unbedingt am bisherigen Ort bleiben. Im Harmonie-Komplex mit seinem repräsentativen Eckgebäude, das einst dem Bischof von Worms gehörte, würde die Stadt, wie schon länger bekannt, lieber ein Textilkaufhaus sehen. Offen ist, ob es darüber schon Verhandlungen mit den Eigentümern gegeben hat.

Nach den bisherigen Erfahrungen sehe man auf Dauer wenig Chance für ein Kino an dieser Stelle, sagt eine Sprecherin der Stadt. Nach allem, was man von Experten höre, würde sich eine Ausstattung der alten Räume mit neuer Technik kaum rentieren. Um ein attraktives neues Kino anzusiedeln, halte man daher einen neuen Standort für besser. Die Verwaltung hat einen Platz in der Altstadt und vier am Rand des Zentrums vorgeschlagen.