Im Stuttgarter Rathaus kommt man mit der Bearbeitung von Drehgenehmigungen kaum hinterher. Die Filmschaffenden fordern mehr Personal in den Amtsstuben und verweisen auf andere Städte, die Anträge schneller bearbeiten.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Hollywood oder Stuttgart – Hügel gibt hier wie da. Doch während sich in der Glitzerwelt von Los Angeles niemand wundert, wenn sich mal wieder Actionhelden wilde Verfolgungsjagden in den Straßen liefern, gehören Filmteams in Stuttgarts Straßen nicht gerade zum Alltag. Die Tendenz ist jedoch steigend. Immer mehr Anfragen für Drehgenehmigungen landen auf den Schreibtischen im Amt für öffentliche Ordnung. So viele, dass die Mitarbeiter fast nicht mehr hinterherkommen, die Anträge zu bearbeiten. Deswegen hat nun die Film Commission Region Stuttgart vorgeschlagen, dass das Amt ein Filmteam in den eigenen Reihen aufbauen soll – eine Forderung, die auch von Produzenten unterstützt wird, die hier arbeiten.

 

Die Zahlen, welche die Film Commission erhoben hat, zeigen, dass die Arbeit zugenommen hat: Waren es im Jahr 2007 noch 84 Anträge, so arbeitete das fünfköpfige Team im Amt im Jahr 2012 insgesamt 227 Anfragen für Drehgenehmigungen ab. Insofern sei es den Filmemachern durchaus bewusst, dass die Arbeitslast größer geworden sei. „Die Stadt ist im Prinzip Opfer des eigenen Erfolgs“, sagt Christian Dosch, der Leiter der Film Commission.

Aufwendiges Verfahren

So wie die Filmemacher Verständnis für die Engpässe in der Behörde haben, so kann man im Rathaus auch deren Unzufriedenheit nachvollziehen. „Man schafft es gerade noch, den Antrag zu bearbeiten, aber eben nicht immer so wie gewünscht“, sagt Herrmann Karpf, der Referent des Ordnungsbürgermeisters. Die fünf Leute, auf deren Tischen die Anträge landen, seien schließlich nicht nur für Filmdrehs, sondern für alle Veranstaltungen und Sondernutzungen im öffentlichen Raum zuständig. Es gehe bei den Genehmigungen immer auch um einen Interessensausgleich. Es gelte zu berücksichtigen, dass Anwohner zu ihren Grundstücken kommen, Händler und Gastronomen in ihrem Betrieb nicht beeinträchtigt werden, Bauarbeiten nicht gestört werden und auch die Sicherheit gewährleistet ist. Deswegen müsse der Sachbearbeiter zum einen immer vor Ort gehen, „das kann man nicht vom Schreibtisch aus beurteilen“, sagt Karpf. Zum anderen müsse man unter anderem mit der Polizei reden, das Tiefbauamt und Energieversorger nach geplanten Baustellen fragen.

Die Entwicklung beurteile man in der Verwaltung trotz der gestiegenen Belastung positiv. „Es freut uns ja auch, dass wir für die Filmproduktionen infrage kommen“, sagt Karpf. Dennoch sei eben die Arbeitsbelastung durch die wachsende Begeisterung für den Drehort Stuttgart hoch.

Filmemacher verweisen auf den Werbeeffekt für die Stadt

Rolf Steinaker produziert seit fünf Jahren die ZDF-Serie Soko Stuttgart in der Stadt. Er hofft, dass die Verwaltung das Personal aufstocken kann. „Man muss ja auch mal gegenrechnen, was die Stadt davon hat. Filme sind ein gutes Marketing für Stuttgart. Was eine Stelle kostet, würde in Werbung für die Stadt investiert kaum etwas bringen“, dessen ist sich Steinaker sicher. Auch wenn das Team der Soko in einer Wohnung dreht, lege er doch großen Wert darauf, möglichst viel von der Stadt zu zeigen. „Wir weichen leider in letzter Zeit häufig auf das Umland aus“, schiebt er nach. Und begründet das mit dem Problem der Antragsflut in der Landeshauptstadt. „Wenn Waiblingen von uns eine Anfrage im Jahr kriegt, können die das natürlich sofort bearbeiten. In Stuttgart geht es nicht so schnell“, sagt der Soko-Produzent.

Die Geschwindigkeit der Behörde sei für viele Werbefilmer ein Grund, andernorts zu drehen. Diese Kritik äußert Thorsten Meier-Bartlog von der Produktionsfirma, Good Film. Er ist häufig für die Automobilindustrie tätig. „In anderen Städten geht es einfach schneller. In Stuttgart warte ich zwei Wochen auf die Antwort. Das kann vielleicht eine Filmproduktion einplanen. In der Werbung muss es viel schneller gehen“, sagt Thorsten Meier -Bartlog. Schade sei das schon – schließlich wäre es doch schön, Autos der Marken Daimler oder Porsche in ihrer Heimatstadt zu filmen.

Harte Konkurrenz zu anderen Städten

Über den grünen Klee lobt Moritz Schreiner von Media Sue Filmservice die grünen Hügel der Stadt: „Es ist ein traumhafter Drehort. Der viele Wald, die schönen Hänge, das Tal, der Ausblick, die vielen modernen und historischen Ecken“, schwärmt Schreiner, dessen Firma vor allem die Logistik bei Filmdrehs übernimmt – vom Catering bis zur Absperrung. Es sei aber in jüngster Zeit immer mühseliger geworden, eine Genehmigung zu bekommen. „Dann geht man halt doch wieder nach München, Berlin oder Köln, die haben eigene Teams in ihren Ämtern“, sagt Moritz Schreiner.

Der Boom der Drehtage in Stuttgart habe aber nicht nur die negative Seite der Überlastung des Amts, sondern auch eine positive: In Filmkreisen nennt man das den Soko-Effekt: „Seit die Soko hier gedreht wird, kriegt man einfacher Leute in Stuttgart“, sagt Thorsten Meier-Bartlog. So könne sich zum Beispiel ein Beleuchter mit Soko-Aufträgen eine Grundlage schaffen und dazwischen immer wieder für Werbeproduktionen arbeiten. Dennoch kommt von allen Seiten immer wieder die Einschränkung, dass Stuttgart mit Köln, Berlin und München einfach nicht mithalten könne.

Ein Film, der in Stuttgart gedreht wird, ist die Komödie mit dem Arbeitstitel „Wettbewerb“. Wir haben Regisseur Dito Tsintsadze und seine Fimcrew während der Dreharbeiten begleitet. In unserem Video-Making-Of stellen wir die verschiedenen Berufe und Tätigkeiten am Filmset vor.

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