Pornografie und Kunst: Passt das zusammen? Für Lu Breitenberger (33) ist das keine Frage, sondern ein Statement. Sie veranstaltet vom 23. bis 25. Juli in den Delphiarthauskinos in der Tübinger Straße das erste Porno-Kunstfestival in Süddeutschland.

Stuttgart - Lu Breitenberger (33) veranstaltet vom 23. bis 25. Juli in den Delphiarthauskinos in der Tübinger Straße 16 das erste Porno-Kunstfestival in Süddeutschland. Der Name ist dabei ein Teil des Programms: Natural Instincts. Ganz natürliche Instinkte. Also genau das Gegenteil, womit Sexualität oft identifiziert wird: mit Schmuddelkram. Doch aus dieser Ecke will Lu Breitenberger das Thema rausholen. Ihr Verein „With Pleasure“ (Englisch: Mit Vergnügen) hat sich die Enttabuisierung von Sexualität auf die Fahnen geschrieben – und dafür soll laut Breitenberger beim Festival „ein sorgfältig ausgewähltes Programm für die sexuelle Gesundheit und Bildung sowie für ein tolerantes Miteinander ohne Diskriminierung“ sorgen. Kurzum: zu einem positiven Umgang mit Sexualität.

 

Kein positiver Zugang zu Sexualität

Den hat Lu Breitenberger schon als 16-Jährige vermisst. Nicht nur, weil sie nackte Körper ästhetisch empfand. Auch weil sie in jungen Jahren ein Informationsdefizit in Sachen weiblicher Anatomie und Sexualität feststellte: „Ich merkte schon damals, wie verkrampft die Gesellschaft mit diesen Themen umgeht. Und dass vielen ein positiver Zugang zur lustvollen Sexualität fehlt.“ Als sie dann 20 Jahre alt geworden sei, habe sie sich gesagt: „Das ist eigentlich sehr schade.“ Da soll mehr Normalität Einzug halten.

Eine wichtige Rolle in diesem Prozess habe auch die kunstvolle Auseinandersetzung mit der Pornografie gespielt. Die britische Ikone für alternative Pornografie, Vex Ashley, habe hier Maßstäbe gesetzt, meint die Stuttgarterin, die ihr Geld als Betriebswirtin verdient. Ashley und ihr gehe es um eine gleichberechtigte Lust. „In den Mainstream-Videos zielt immer alles auf den Orgasmus des Mannes ab“, sagt Breitenberger, „es fehlt auch die Vielseitigkeit und Vielschichtigkeit von Sexualität“. Also dem, was Antrieb und zentrales Element der menschlichen Kultur sei. Der Verein With Pleasure sieht Sexualität daher als ein natürliches Grundbedürfnis der meisten Menschen: „Die Vision des Vereins ist es, dass diese ohne Scham und unabhängig von Körperform, Geschlecht, sexueller Orientierung und Vorlieben gezeigt, diskutiert und ausgelebt werden kann.“

Nach den Filmen wird diskutiert

Womit die Spur direkt zum Festival und dessen Programm gelegt ist: Das Natural Instincts Festival will nicht nur Künstlern eine Bühne geben, sondern sich auch mit ihren Arbeiten zum Thema Sexualität und nackter Körper präsentieren. Für die Auswahl des Filmprogramms wurde ausschließlich feministisches, ethisches (pornografisches) Filmmaterial in Betracht gezogen. Das bedeutet: Es findet in den einzelnen Filmen keine Abwertung von Frauen statt, es werden vielfältige Perspektiven gezeigt und alle Filmszenen wurden mit ausdrücklichem Einverständnis der Beteiligten gedreht. So entstand ein Programm mit acht Filmeinheiten à 60 Minuten. Auf dem dreitägigen Festival soll aber auch mit den Künstlern diskutiert werden. „Wer mutig ist und zum Festival kommt, wird schnell feststellen, dass sich hinter dem Begriff Pornografie weit mehr als klischeehafte und sexistische Darstellungen von Sex verbergen und dass es gar inspirierend sowie weiterbildend sein kann“, sagt Lu Breitenberger und weist daraufhin: „Gerade in diesen Tagen stellen wir doch fest, dass ein Mangel an körperlicher Nähe negative Folgen haben kann und Körperkontakt – egal welcher Art – so essenziell ist wie die Luft zum Atmen.“