Zwei palästinensische Brüder versuchen, ihren Vater zu beerdigen. Daraus wird hier eine vorsätzlich derbe Komödie über den Nahostkonflikt. Sie reißt sogar Handgranatenwitze.

Stuttgart - Irgendwo im kargen Hügelland rumpelt ein Pick-up ins Bild, auf der Ladefläche liegen die gefesselten Brüder Rafik (Karim Saleh) und Jamal (Navid Akhavan), Gefangene der Kampfgruppe Islamischer Dschihad, die mit ihnen kurzen Prozess machen will. Aber bevor es soweit ist, schaltet sich Karim aus dem Off ein und erzählt, wie er in diese unerquickliche Lage gekommen ist.

 

Eigentlich hatte der israelische Palästinenser seine Heimat, dieses „Irrenhaus“, schon verlassen und sich durch die Emigration nach Hamburg auch dem Dominanzbereich des autoritären Vaters entzogen. Nur widerwillig ist der illusionslose Karim dann zur Hochzeit seines schüchternen Bruders Jamal nach Ost-Jerusalem zurückgekehrt, streitet sich sofort wieder mit dem cholerischen Vater, der sich so aufregt, dass er tot umfällt. Sein letzter Wunsch: ein Begräbnis in Ramallah.

So beginnt nun ein brachiales Road Movie, das zugleich eine schwarze Leichenentsorgungsklamotte und ein deftig-grobes Schelmenstück ist, in dem zwei kleine Jedermänner alles unterminieren, was den vielen verfeindeten Fraktionen im Land groß und heilig ist. Das Drehbuch von „45 Minuten bis Ramallah“ sollte zunächst Emir Kusturica („Schwarze Katze, weißer Kater“) verfilmen, adaptiert hat es schließlich Ali Samadi Sahadi („Salami Aleikum“), der dem serbischen Kollegen jedoch mit lautstark nach Balkan klingender Blechmusik seine Reverenz erweist.

Zäune, Schranken, Wachtürme

Überhaupt hat das Subtile keinen Platz in dieser hochtourig dahinscheppernden Geschichte, die zwar immer wieder an Grenzen stößt – Israel als Staat der Mauern, Zäune, Schranken und Wachtürme! – , diese aber immer wieder überschreitet respektive unterläuft.

In israelischen Verhörzellen wird geprügelt, die Russenmafia setzt eine blonde Sirene auf Karim an und klaut den Lieferwagen samt Leiche, islamische Terrortruppen wollen die Brüder rekrutieren und bekriegen sich dabei gegenseitig (Achtung: Handgranatenwitze!). Alles sehr physisch inszeniert, oft ins Plumpe hinein, und das Personal um die beiden Schelme herum auch immer weiter in die Karikatur gezerrt. Und so gar kein Respekt in Sachen Politik, Religion, Tradition, Kultur und Nationalität! Da werden sich wohl alle Fraktionen im Land angegriffen fühlen – und dies durchaus zu Recht. Von außen betrachtet aber fühlt sich dieses derbfröhliche Treiben in Absurdistan an wie ein großes und befreiendes Dampfablassen.

45 Minuten bis Ramallah. Deutschland. Regie: Ali Samadi Sahadi. Mit Karim Saleh, Navid Akhavan, Julie Engelbrecht. 90 Minuten. Ab 12 Jahren.