Zunächst scheint es in Eric Rochants Thriller um internationale Geldflüsse zu gehen. Schließlich werden Investmentbanker ausgespäht. Aber dann verfällt der von Jean Dujardin gespielte Schnüfflerboss einer der Bespitzelten.

Stuttgart - Anflug auf eine märchenhaft schöne Stadt am Meer – und dann gleich hinein in ein Großraumbüro. „Wir setzen auf den nächsten Kollaps in Spanien“, sagt die coole blonde Börsenmaklerin Alice (Cécile de France), die versucht, den Reichtum eines in Monaco residierenden russischen Oligarchen (Tim Roth) zu vermehren. Der wiederum wird ausgespäht von der Nachfolgeorganisation des KGB, die ihren besten Mann Gregori Ljubov alias Moise (Jean Dujardin) ans Mittelmeer geschickt hat, einen virilen Profi, der von seinem Team die Einhaltung rigider Regeln erwartet – und diese dann selber bricht.

 

Die neue Weltunordnung

Eric Rochants „Möbius-Affäre“, in der Alice nun sowohl vom CIA als auch von den Russen zu einem gefährlichen Spiel gezwungen wird, beginnt als Spionage-Thriller aus der Zeit der neuen Weltunordnung. Der Kalte Krieg ist vorbei, das Treiben der Geheimdienste aber geht weiter. Nur dass sich der Fokus von der Politik auf die Ökonomie verlagert hat, respektive Politik und Ökonomie nicht mehr voneinander zu unterscheiden sind.

Im Kalten Krieg konnten die Akteure des Westens zumindest noch die Illusion haben, dass ihre skrupellos verfolgten Ziele höherwertig waren als die der Gegenseite, jetzt aber agieren alle auf einem unübersichtlichen Feld, in dem es nur noch Interessen gibt, aber keine Überzeugungen mehr. Der Autor John Le Carré, den der Regisseur als eines seiner Vorbilder nennt, hat diese Verschiebung in seinen Erzählungen schon lange vollzogen, etwa in seinem Reicher-Russe-auf-der-Flucht-Roman „Verräter wie wir“.

Auch Hitchcock lässt grüßen

Ein anderes Vorbild für die „Möbius-Affäre“ aber ist Hitchcocks Spionagefilm „Berüchtigt“. Auch in Rochants Film erlaubt sich der Held Moise nun eine Schwäche, nimmt im Restaurant „Destiny“ Blickkontakt auf mit Alice, nimmt sie mit in den Club „Apocalypse“ – und schließlich ins Bett eines Hotelzimmers. Und wenn Alice nun in einer sehr langen Sequenz in Moises Armen liegt, sich beide gebannt in die Augen schauen, und die langsam erlebte Lust von ihrem leisen Stöhnen untermalt wird, gleitet dieser Thriller hinein in ein Liebesmelodram.

Kitsch? Einige Kritiker haben das so empfunden. Aber Rochant schafft hier in voller Absicht eine Gegenwelt, in der seine moralisch ambivalenten Protagonisten, die sich so viel verheimlichen müssen, zu anderen Menschen werden.

Nicht mehr zu reparieren

„Die Möbius-Affäre“ kommt fast ohne die Standardsituationen neuerer US-Thriller aus. Doch wenn Rochant eine Actionszene inszeniert, macht er das sehr effektiv. Und in seinem abgeklärten Pessimismus geht er weit über Filme wie etwa die „Bourne“-Verschwörungen hinaus: Diese Welt ist nicht mehr zu reparieren, ja, aus dieser Welt scheint auch keine Flucht mehr möglich. Oder schaffen es Alice und Moise doch noch, sich der Manipulation zu entziehen und ein privates Eiland zu erobern, das jenseits unserer überwachten Welt liegt?