Tom Cruise führt den amerikanischen Traum vom großen Aufräumen vor: Als Ex-Militärpolizist Jack Reacher kämpft er von außen gegen korrupte Finsterlinge im Militär.

Stuttgart - Jetzt wird hier mal aufgeräumt, jetzt wird klar Schiff gemacht, jetzt werden mal ein paar korrupte Vertreter des alten Systems ihrer Strafe zugeführt: Dieser populistische Traum von der handfesten neuen Zeit findet in Jack Reacher ein Sandmännchen, das ihn gerne streut. Reacher scheint auf den ersten Blick nur ein Landstreicher auf den Seitenstreifen von Amerikas Landstraßen zu sein. Aber wie der Held einer Romanreihe von Erfolgsautor Lee Child bei seinem zweiten Kinoauftritt in einem kleinen Diner sitzt, ist er viel mehr: Ein Engel brutaler Gerechtigkeit.

 

Die lokalen Cops wollen ihn gerade festnehmen, einer Schlägerei wegen. Sie haben ihm auch schon Handschellen angelegt. Aber nun kündigt der von Tom Cruise gespielte Kerl sehr selbstsicher an, gleich würden die Polizisten die Handschellen tragen. Und so kommt es denn auch.

Rächer ohne Zweifel

Man konnte diese Szene aus „Jack Reacher: Kein Weg zurück“ vorab als Appetithappen sehen, und sie hat durchaus etwas Attraktives. Mit der zugleich kindlich naiven und erwachsen ausgemergelten Schlichtheit vieler Western reduziert sie eine frustrierende Welt der Schäbigkeiten auf einen konkreten Moment der Heimzahlung. Cruise spielt den Rächer mit einer keine Zweifel und Schwächen duldenden Selbstgewissheit. Das einzig Komplexe an dieser Figur ist ihre unklare Verortung zwischen Einzelgängertum und Vernetztsein. Zwar hat sich Reacher von Militär und Gesellschaft verabschiedet, aber er arbeitet ständig von außen mit dem System zusammen, um es von Fehlern zu befreien.

In „Kein Weg zurück“ befreit Reacher eine Militärpolizistin, die als Mörderin und Hochverräterin angeklagt werden soll, aus der Haft, und flüchtet mit ihr vor jenen Komplotteuren, die es zu entlarven gilt. Doch während Einzelszenen ab und an jene derbe Effizienz beweisen, mit der das Actionkino schon immer von kollektiven Träumen erzählt hat, gerät der Film als Ganzes zum sterilen Musterkatalog der Genremomente. Wenn man hier nach New Orleans kommt, wird natürlich gerade Straßenkarneval gefeiert.

Auf Biegen und Brechen

Der Regisseur Edward Zwick, der mit Cruise schon „The Last Samurai“ (2003) gedreht hat, fällt hinter den bewusst altmodischen, mit Old-School-Autokinoschmuddeligkeit kokettierenden ersten Reacher-Film zurück. Vielleicht ist das kein bloßes Unvermögen. Cruise, dessen Kassenzugkraft stark nachgelassen hat, will auf Biegen und Brechen eine Kinoserie etablieren, die ihn auf Jahre hinaus versorgen könnte. Aber wenn er und Zwick sich wirklich einließen auf die Figur Reacher, würden sie wohl jenen unverständigen Zorn, jene plumpe Aufräumfantasie, jenen irren Glauben an die Erlöserqualität eines Rabiators entdecken, die nun Trump ins Weiße Haus gebracht haben. Und davor dürfte es ihnen gegraut haben.

Jack Reacher: Kein Weg zurück. USA 2016. Regie: Edward Zwick. Mit Tom Cruise, Cobie Smulders. 119 Minuten. Ab 16 Jahren.