Seit „Ich – Einfach unverbesserlich“ liefert die kalifornisch-französische Koproduktionstruppe Illumination Entertainment einen Trickfilmhit nach dem anderen. Auf „Minions“ und „Pets“ folgt nun „Sing“, der von einer tierischen Castingshow erzählt. Was liebenswert skurrile Charaktere angeht, schlägt er „Pets“ um Längen.

Stuttgart - Man muss ihn einfach mögen, diesen pausbäckigen Buster Moon, der das Theater über alles liebt, das sein Vater ihm hinterlassen hat. Seine finanzielle Situation allerdings steht seiner Leidenschaft diametral gegenüber – zum erfolgreichen Impresario fehlt ihm die kaufmännische Ader, und nun ist er ständig auf der Flucht vor Gläubigern. Da kommt ihm die zündende Idee: Er veranstaltet eine Castingshow. Am nächsten Tag stehen die Musiker Schlange – weil Moons steinalter Assistentin aus Versehen zwei Nullen zu viel ins Preisgeld gerutscht sind.

 

Der große Erfolg der Trickkomödie „Ich – Einfach unverbesserlich“ (2010) und von deren Fortsetzung „Ich – Einfach unverbesserlich 2“ hat die kalifornische Filmproduktionsfirma Illumination Entertainment und das französische Animationsstudio Mac Guff aus dem Stand in die Liga der großen Trickstudios katapultiert. Dort kann die Luft recht schnell dünn werden, wie die beiden jüngsten, inhaltlich eher mageren Filme gezeigt haben, der Quatsch-Ableger „Minions“ und die leicht verrutschte Haustier-Farce „Pets“. Mit „Sing“ nun hat sich die französisch-amerikanische Produktionsgemeinschaft auf ihre Stärken besonnen und lässt exzentrische, psychologisch tiefengeschärfte Charaktere aufs Köstlichste miteinander interagieren und kollidieren.

Mehr Herz als Hirn

Alle Protagonisten sind Tiere, und die Fauna ist so vielfältig wie in Disneys „Zoomania“, aber weit weniger knuffig und perfekt. Der Koalabär Buster Moon etwa wirkt mit seinem zu klein geratenen Körper extrem kopflastig, obwohl sein Herz viel größer ist als sein Hirn. Seine Assistentin Mrs. Crawley ist eine grüne Leguandame mit Kinnsack, Schielaugen und alterskrummen Extremitäten.

Die Sänger sind allesamt typische Amateure mit großen Talenten, Träumen und Hoffnungen. Die größte Hybris versprüht der Kleinste: Der weiße Mäuserich Mike setzt sich als Crooner großmäulig als neuer Frank Sinatra in Szene und singt auch so. Das Mutterschwein Rosita kämpft mit der Betreuung ihrer 25 Ferkel, während es die Chance wittert, seinem eingefahrenen Dasein in einem späten Höhenflug zu entkommen – und dabei an den androgynen Disco-Eber Gunter als Bühnenpartner gerät. Der junge Berggorilla Johnny erscheint heimlich zum Wettbewerb – er ist ein sensibler Typ, der das zu Hause nie zeigen darf, denn sein Vater führt eine räuberische Gang an und duldet keine Weicheier.

Mehr als bloß Karikaturen

Die schüchterne Meena, ein Elefantenmädchen mit wahnsinniger Soulstimme, versteckt ihr Gesicht gerne hinter ihren nach vorne geschobenen Ohren. Und die Jüngste, das Stachelschwein Ash, schreit sich zu brüllenden Gitarrenriffs Liebeskummer und Teenager-Depressionen aus dem Hals. Zur Schlüsselfigur aber wird ein Paarhufer: Buster Moon wirbt um die Gunst der legendären, begüterten Diva Nana Noodleman, einem brüsken Schaf im Star-Outfit der 1920er Jahre.

Sie alle sind nicht einfach nur Karikaturen, über die sich leicht lachen lässt, sondern liebenswerte und ausdrucksstarke Charaktere mit stark humanoiden Zügen, die sehr grundsätzliche Emotionen transportieren – man kann sich jedenfalls genau vorstellen, was für Menschen diesen animalischen Kreaturen wohl entsprechen würden. Ganz anders etwa als bei Castingshows im Fernsehen, die Gefühlsäußerungen der Teilnehmer begierig aufsaugen und unter ein Vergrößerungsglas zerren, bis nur noch Klischees und Hysterie übrig bleiben, sind die Tiere in „Sing“ ganz nah am wirklichen Leben.

Anarchischer Humor

Schon in den beiden Teilen von „Ich – Einfach unverbesserlich“ ist es den französischen Animatoren glänzend gelungen, dem geläuterten Bösewicht Gru zutiefst menschliche Momente abzugewinnen in den Beziehungen zu den drei eigenwilligen Waisenmädchen, die ihm im ersten Film zulaufen. Dass es dabei auch in emotionalen Vater-Tochter-Situationen nie zu rührselig zugeht, verdankt sich einem zutiefst anarchischen Humor, der auch in „Sing“ die Grundtonalität vorgibt.

Sehen Sie hier den Trailer zu „Sing“:

Sing. USA, Japan 2016. Regie: Garth Jennings. Mit den Stimmen von Daniel Hartwich, Klaas Heufer-Umlauf, Alexandra Maria Lara, Olli Schulz, Katharina Thalbach, Stefanie Kloß, Iris Berben. 108 Minuten. Ohne Altersbeschränkung.