Eine Newcomerin im Fotomodel-Geschäft (Elle Fanning) macht in Los Angeles Karriere. Das führt sie tief ins Dunkel. Aber der „Drive“-Regisseur Nicholas Winding Refn munkelt hier unangenehm herum.
Stuttgart - Schönheit und Scheußlichkeit, Göttin und Hure, Gipfel und Abgrund – das alles sei Hollywood oder jede andere Welt des professionellen schönen Scheins auf einmal, haben Idealisten und Neider oft genug geurteilt. Nicholas Winding Refn findet in „The Neon Demon“ immer wieder gruslig schöne, also ganz schön gruslige Bilder für dieses Ineinander der Gegensätze.
Wir glauben zunächst, wir seien am Schauplatz eines Verbrechens und bekämen das pervers sorgfältig hindekorierte Opfer eines Verbrechens zu sehen. Dann entpuppt sich die Szenerie als Studio eines Starfotografen in L.A., der das makaber Faszinierende wie kein Zweiter beherrscht. Er beherrscht auch die Menschen um sich her. Oder beherrscht die Atmosphäre dieser wertelosen, ultraschicken Kältezone alle Figuren, zersetzt sie alle Charaktere?
Unter Draculas Bräuten
Neu in diesem Milieu ist die 16-jährige Jesse ( Elle Fanning ), die nicht geglaubt hätte, ein Star zu werden. Aber in einem an die düsteren Bezauberungsmomente eines Vampirfilms erinnernden Sequenz anderen Models vorgezogen wird. Sie wird noch lernen, dass ihre Konkurrentinnen in Sachen Herzenswärme mit Draculas Bräuten vergleichbar sind.
Jede Szene stylt Refn durch, als müsse daraus ein Standfoto für eine große Werbekampagne entstehen. Er orientiert sich sehr an David Lynchs Techniken der Unheimlichkeitserzeugung. Nur fehlt diesmal sowohl das Spielerische wie das an den Menschen Interessierte, das der Däne noch in „Drive“ zeigte. Ein esoterisches Rumpeln und Wabern durchzieht den Film, gespiegelt im Bassgrummeln des Synthesizer-Soundtracks. Fester noch als in „Walhalla rising“ und „Only God forgives“ scheint Refn überzeugt davon, dass er uns in einer ernsten Messe nahe an düstere Geheimnisse des Seins heranführt. Dieser prätentiöse Gestus raubt einem auf Dauer die Freude an „The Neon Demon“.
TheNeon Demon. USA, Frankreich, Dänemark 2016. Regie: Nicholas Winding Refn. Mit Elle Fanning, Karl Glusman, Keanu Reeves. 117 Minuten. Ab 16 Jahren.