Den Abgaskontrolleur möchten wir sehen, der sich an diese Karren herantraut: die Fahrzeuge der „Transformers“-Reihe verwandeln sich im Nu in Kampfroboter. In Teil 4 der Filmreihe kloppen die Riesen zwar wieder wie gehabt mit allen CGI-Schikanen aufeinander ein. Aber es gibt für Hollywood-Nostalgiker Anklänge ans Popcornkino der Achtziger.

Stuttgart - Wir wären ja schon froh, wenn ein Auto im Winter zuverlässig anspringen würde und sich im Sommer nicht von jedem x-beliebigen Marder die Klimaanlagenschläuche durchnagen ließe. Es müsste sich gar nicht in einen rabiaten Kampfroboter verwandeln. Genau diese Fähigkeit jenseits aller Tüv-Plaketten aber bildet die Geschäftsgrundlage des Transformer-Kosmos.

 

Was in den Achtzigerjahren als bizarre Produktlinie des Spielzeugherstellers Hasbro begann, hat sich zu einem der lukrativsten Kino-Franchises überhaupt ausgewachsen. „Transformers: Ära des Untergangs“ ist bereits der vierte Teil der Reihe und in einer Phase des bedrohlich Blockbuster-Schwächelns ein Hoffnungsfanal für die Strategen des Materialschlachtkinos. Über 750 Millionen Dollar hat das 3-D-Spektakel bereits eingespielt und noch einige Märkte vor sich: den deutschen zum Beispiel.

Wenn Köpfe wieder anschraubbar sind

Wobei wir vorhin ein wenig geflunkert haben. Die Grundidee ist ja nicht die, dass sich Autos in Roboter verwandeln. Dies sind keine Fahrzeuge, die bei Toyota, GM oder Mercedes mit extremer Zusatzausrüstung für den aggressiveren Fahrer aufgemotzt wurden. Dies ist keine Produktlinie Road Rage Deluxe.

Es sind genuine Kampfmaschinen, außerirdische obendrein, die sich auf der Erde verstecken und sich tarnungshalber oft in Autos verwandeln. Es gibt zwei Fraktionen: die flotten, anfangs menschenfreundlichen Autobots und die kein bisschen freundlichen Decepticons, die miteinander im Vernichtungskrieg liegen. Der jedoch zieht sich zum Glück für Hollywood hin, weil der jeweilige Gegner sich abgerissene Gliedmaßen und Köpfe einfach wieder anschrauben lassen kann.

Nach dem Kinoauftakt „Transformers“ (2007), der noch einige Elemente eines Kinderfilms aufwies, hat der für alle Teile verantwortlich zeichnende Regisseur Michael Bay die Reihe stark beschleunigt und brutalisiert.

Krieg gegen den Terror

Den von Bildcomputern blendgranatenhaft in Szene gesetzten Kloppereien der Kampfroboter konnte auch ein geschultes Auge kaum folgen. Wer da gerade von wem geworfen oder von welcher Explosion weggefegt wurde und von wo nach wo über die Leinwand flog, ob er physikalisch korrekt landete, wer dann wem hinterdrein wohin sprang und wer als nächstes auf wen schoss, war kaum zu sagen.

Es wirbelte, rummste, flitzte und schepperte jenseits der Aufnahmefähigkeit, in Vervollkommnung des Kinoideals: „Hauptsache, irgendetwas Grelles passiert“. Nur blieben Bay und die Drehbuchautoren bei ihrer Heavy-Metal-Gewalt nicht durchgehend ironisch, in die Filme mischten sich martialische, militaristische, paranoide Unter- und Obertöne, der Krieg gegen den Terror wurde nun symbolisch auch in der Welt des Kinderspielzeugs geführt.

„Transformers: Ära des Untergangs“ liefert nicht die befürchtete Fortsetzung dieser Entwicklung , sondern eine Rückbesinnung auf andere Zeiten. Der Film beginnt wie ein Popcorn-Movie der Achtziger, mit lustig verkrachten Existenzen in einer idyllischen US-Provinz. Mark Wahlberg spielt den glücklosen Erfinder, Nicola Peltz die ob der Strenge und Seltsamkeit dieses Alleinerziehenden stöhnende Tochter, und Jack Reynor den Rennfahrer, der das Töchterlein umwirbt.

Ein Steve-Jobs-Typ als Bösewicht

Von Beginn an hat Steven Spielberg die „Transformers“-Reihe produziert, und mit ihr hat er weiter Geld verdient in Zeiten, in denen eigene Regiearbeiten wie „Die Abenteuer von Tim und Struppi“, „War Horse“ und „Lincoln“ den einstigen Box-Office-König erst ins Mittelfeld und dann ans Ende der Einspielparade führten. Nun ist sein kreativer Einfluss spürbar, wobei die „Ära des Untergangs“ über seinen 167 Minuten Lauflänge hinweg so etwas wie eine Entwicklungsgeschichte des neueren Blockbusterkinos vorführt.

Das Tempo zieht an, die Tricks werden wichtiger, die Menschen immer unwichtiger, die moralischen Zuordnungen wie gut, böse, selbstlos und verwerflich werden immer fadenscheiniger. Stanley Tucci als Bösewicht, als ein wenig an Steve Jobs erinnernder Konzernchef, der seine eigenen Kampfroboter baut, klaut den anderen immer mal wieder den Film unter der Nase weg. Diese Figur ist am unterhaltsamsten, also fliegen ihr die Sympathien zu.

Fit für die endlose Zukunft

Die Menschheit will eben keine strengen Vorbilder mehr, sondern coole Entertainer. Weil im Endspiel ein Showdown in den nächsten übergeht, weil die Filmmusik manchmal ein Graus ist, weil anfangs vielversprechende Handlungsstränge grob gekappt werden, ist „Transformers: Ära des Untergangs“ am Ende eben doch nichts für Menschen, die sich anfangs vielleicht angenehm an die „Indiana Jones“-Reihe, an „Zurück in die Zukunft“ oder „Ghostbusters“ erinnert fühlen könnten.

Trotzdem ist dieser Film, der seine Höhepunkte nach China verlegt und prompt die bestverdienende US-Produktion in China wurde, für Menschen mit Interesse an den Erzählproblemen der Blockbustermaschine sehr interessant. Mühsam, aber nicht unclever wird hier all der Müll bereinigt, der sich in Jahrzehnten Transformers-Auswerterei in Comics und TV-Animationsserien angesammelt hat. Die Kampfroboter werden fit gemacht für eine endlose Zukunft der Sequels, analog zu den Superheldenuniversen von Marvel und DC, die Hollywood profitabelen Stoff liefern. Das kann man als Autoroboterverächter auch als Drohung verstehen.

Transformers: Ära des Untergangs. USA 2014. Regie: Michael Bay. Mit Mark Wahlberg, Stanley Tucci, Nicola Peltz, Kelsey Grammer, Jack Reynor. 167 Minuten. Ab 12 Jahren.