Vom 2. bis zum 6. Dezember zeigt die 21. Filmschau Baden-Württemberg das aktuelle Medienschaffen im Südwesten, etwa eine Dokumentation über Gauthier Dance. Außerdem fragt sie, ob Prunkstücke die Regel oder die Ausnahme sind.

Stuttgart - Was waren das für Grübeleien, als Baden-Württembergs Politiker gerade erst anfingen, Film als möglichen seriösen Teil der Standortzukunft in Erwägung zu ziehen, als die verstreuten hiesigen Medienschaffenden mit einem Festival aber bereits beweisen wollten, dass die Talente längst da waren und bloß die Strukturen fehlten. Wer sich im Südwesten für Film interessierte, war für seine Ausbildung und seine ersten Jobs anderswohin gezogen. Es bestand ja keine Notwendigkeit, jemanden in Stuttgart über die eigene Adresse auf dem Laufenden zu halten, und eine Datenbank gab es erst recht nicht, auf die man einfach von überall hätte zugreifen können.

 

So wurde denn für die frühen Ausgaben der Filmschau Baden-Württemberg jeder angehauen, von dem es hieß, er habe eventuell mal jemandem gekannt, der in Berlin, Köln, München oder Hamburg was mit Film zu tun hatte. Ließe sich da vielleicht noch jemand einladen, der oder die dann in Stuttgart bekennen könnte, Interesse zu haben, auch mal in der alten Heimatgegend zu drehen?

Man muss sich das ab und an mal wieder ins Gedächtnis rufen,um das Festival dieser Tage besser einschätzen zu können. Die 21. Filmschau Baden-Württemberg, die am 2. Dezember startet und bis zum 6. Dezember Produktionen aus dem Südwesten präsentiert, kann den Standort und die Vernetzung der hier Ausgebildeten mit der gesamtdeutschen Filmbranche fast schon zu glanzvoll darstellen.

Zum Auftakt kommt der Studenten-Oscar-Gewinner

Nach einer starken Stunde Sektlaune und Roter-Teppich-Prunkerei vor dem Kino Metropol beginnen um 20.15 Uhr die Filmvorführungen. Gleich zum Auftakt gibt es den aktuellen Preisträger des Studenten-Oscars, Dustin Looses 21-minütigen Kurzfilm „Erledigung einer Sache“ zu sehen. In der Anmoderation wird gewiss nicht vergessen werden, dass Loose nicht der erste, sondern schon der vierte Absolvent der Filmakademie in Ludwigsburg ist, der den Studenten-Oscar in Los Angeles in Empfang nehmen durfte.

Gleich im Anschluss gibt es dann einen abendfüllenden Spielfilm mit großen Namen. In „Die dunkle Seite des Mondes“ des Filmakademie-Absolventen Stephan Rick spielt Moritz Bleibtreu die Hauptrolle eines Business-Hais, der sich sehr seltsam und unkontrolliert benimmt, seit er einen Rauschpilz gegessen hat. Das Ganze basiert auf einem Roman des Bestsellerautors Martin Suter und kommt am 14. Januar 2016 bundesweit ins Kino.

Spielfilme seien schön und gut, hatten Pragmatiker einst behauptet, und sie brächten im Erfolgsfall Prestige. Aber einen Standort aufbauen könne man nur mit langlebigen Serien, die vor Ort produziert werden und länger als für ein paar Wochen die technischen Gewerke des Films beschäftigen können. Alles andere sei Traumtänzerei. Prompt hat sich Baden-Württemberg mit der Serienansiedlung zunächst arg schwer getan. Umso deutlicher ist das Signal, das die Filmschaumacher um den Festivaldirektor Oliver Mahn vom Filmbüro Baden-Württemberg mit der Ehrenfilmpreisverleihung an den Produzenten Oliver Vogel aussenden möchten.

Filme haben eine Botenfunktion

Auch Oliver Vogel hat an der Filmakademie studiert, ist Ende der Neunziger aber mangels Chancen rund um Stuttgart anderswo tätig geworden. Das Potenzial der Region als noch weitgehend unverbrauchte Kulisse aber hat er nicht vergessen. Mittlerweile zeichnet er verantwortlich für „Soko Stuttgart“, „Dr. Klein“ und die TV-Verfilmungen von Wolfgang Schorlaus politisch aufgeladenen und faktenreichen Krimis um den Stuttgarter Privatermittler Georg Dengler.

Wenn erst einmal vor Ort gedreht würde, so ein Argument, mit dem man die Zweifler einer Filmförderpolitik im Ländle immer wieder zu überzeugen versuchte, dann würden die Filme nicht nur für sich selbst sprechen. Dann würden einige von ihnen auch Eigenheiten, Vorzüge, Potenziale, Kulturangebote und das Lebensqualitätsniveau des Südwestens besser sichtbar machen. Die 21. Filmschau hat mehrere aktuelle Beispiele für solch eine Botenfunktion im Programm.

Elisabeth Hambergers Dokumentarfilm „Dancing beyond ...“ (Donnerstag, 20.30 Uhr, Metropol) schildert die Entwicklung von Eric Gauthiers Tanztruppe von kleinen, aber sofort überzeugenden Anfängen bis hin zu internationalen Tourneen. Gauthiers Arbeit gilt als Inbegriff der Stuttgarter Originalität, als Beweis, dass aus dem vergleichsweise reichen Süden anderes als Saturiertes zu erwarten ist, dass nicht nur Minusbilanz-Kommunen sexy Kultur hervorbringen. Seine TV-Premiere wird der SWR-Film aber erst im Februar erleben.

Zuallererst diskutieren die Politiker

Ebenfalls mit Musik und Tanz, wenn auch leicht anderer Art, hat Sékou Nebletts „Blacktape“ (Donnerstag, 21, Uhr, Metropol) zu tun, ein nasführendes Mockumentary, das doch ganz ernst den Siegeszug des deutschen Rap und Hiphop schildert, dessen Zentrum Stuttgart einst war.

Bei so vielen Beiträgen, die Fernziele der Medienpolitik von gestern als erreicht darzustellen scheinen, tut eines dringend not: die Frage, ob das Einzelfälle sind oder belastbare Belege fürs Erreichte. Die Frage stellt die Filmschau gleich selbst. Noch vorm Eröffnungsfilm, am Mittwoch um 17 Uhr, findet im Metropol eine Diskussion mit Sabine Kurtz (CDU), Helen Heberer (SPD), Heiderose Berroth (FDP), Manfred Kern (Grüne) und Staatssekretär Jürgen Walter statt. Hier soll benannt werden, was erreicht und was noch zu tun ist. Und ob man sich das leisten will.

Das programm der Filmschau

Kinderspaß
Mit Trickfilmen und Filmtricks glänzte die Region zuerst. Und als Kompetenzzentrum für originelle Serien für die Kleinen ist sie nun fest etabliert, auch dank dem Stuttgarter Studio Filmbilder, wo „Tom und das Erdbeermarmeladebrot mit Honig“ entstand. Am Sonntag um 15 Uhr erleben im Metropol die Kurzfilme der Serie „Ich kenne ein Tier“ ihre Leinwandpremiere. Geeignet seien die, versprechen die Macher beim Studio Filmbilder und bei der Filmakademie, schon für kleine Zuschauer ab zwei Jahren.

Filmnachwuchs
Oft legen Studienbewerber heutzutage Probearbeiten vor, deren Schauwerte die Abschlussarbeiten früherer Jahrgänge übersteigen. Auch beim Wettbewerb um den Jugendfilmpreis ist der frühe Einsatz ausgefeilter Technik zu beobachten. Die Arbeiten der Newcomer laufen jeden Tag im Nachmittagsprogramm im Metropol.

Starauflauf
Zu einer richtigen Premiere gehört es, dass die Personen, die man geradeauf der Leinwand gesehen hat, nun leibhaftig vor der Leinwand stehen. Zur Vorstellung von Karola Meeders „End-station Glück“ am Samstag um 18 Uhr werden unter anderem die Schauspieler Gudrun Landgrebe, Gundi Ellert und Gunnar Möller erwartet.

Finale
Wie immer gilt: wer sonst alles verpasst, wäre wenigstens zum Abschluss gern dabei, wenn die Gewinnerfilme zu sehen sind. Am Sonntag um 19 Uhr beginnt die Preisverleihung im Metropol. Wer einen Platz ergattern möchte, sollte unbedingt Karten reservieren.