Ein putziger kleiner Waldgeist muss seinen quietschbunten Wald vor der Abholzung retten: Die neue Computeranimations-Komödie „Der Lorax“ erzählt die Umweltkrise kindgerecht.

Stuttgart - Das ist der kapitalistische Gründermythos: jemand hat eine Geschäftsidee, zieht los, setzt sie durch, und danach ist die Welt nicht mehr dieselbe wie zuvor. Und das Leben des Firmengründers natürlich auch nicht. Die auch in 3-D ins Kino kommende Computeranimationskomödie „Der Lorax“ aus dem Hause Illumniation Entertainment („Ich – einfach unverbesserlich“) führt uns solch eine Weltveränderung vor. Sie spielt zur Hälfte in der Jetztzeit ihres Universums und zur Hälfte in der Vergangenheit.

 

Dieses Damals liegt nicht einmal ein ganzes Menschenalter zurück. Aber mit Zeitangaben und Erfahrungswerten sollte man hier vorsichtig sein. Auf unterhaltsame Weise werden die uns vertrauten technologischen und sozialen Entwicklungslinien verkürzt, gestaucht und neu miteinander verschlauft.

Der kapitalistische Gründervater, der in der Jetztzeit noch am Leben ist, wird von allen nur der Once-ler genannt, der Ehemalige also. Oder vielleicht sollten wir das anders übersetzen, um dem Verfremdungseffekt von „Der Lorax“ gerecht zu werden: der War-Malige. In den Rückblenden sehen wir, wie der Once-ler als junger Bursche mit einem kleinen Planwagen, den ein Esel zieht, sein ländliches Zuhause verlässt, das einem idyllischen Western entstammen könnte. Aber er hält nicht das Banjo auf den Knien, sondern die Elektrogitarre. Und die Erfindung, die er in die Welt hinaus tragen will, ist auch nichts, was er in der Scheune mit Hammer und Säge zusammengebaut haben kann, ein Putzlumpen aus Kunststoff nämlich.

Diese Stadt verheißt Behaglichkeit

Die Stadt, die in dieser Verfilmung eines Kinderbuches von Dr. Seuss von der Erfindung des Once-lers geprägt werden wird, ist auf den ersten Blick ein Wunschtraum von friedlicher Betriebsamkeit. Urbanes und Ländliches sind bunt vermischt, die runden Formen verheißen Behaglichkeit, das Tempo scheint gemütlich und doch flott zu sein.

Bald aber wird klar, dass etwas nicht stimmt. Die Bäume sind aus Plastik, der Rasen ist überall nur aufgemalt, und der Horizont ist eine Stahlwand. Die kleine Stadt ist eine Art Bunker-Innenwelt, und draußen vor der Schutzhülle erstreckt sich eine graue Ödnis. Drinnen im Stadtbunker geht es lustiger und bunter zu, dafür plagt aber die empfindlicheren Gemüter der Umstand, dass es keine lebendige Natur mehr gibt. Auch die Luft soll sehr schlecht sein.

Der tonangebende Unternehmer am Ort plant bereits den Verkauf von Frischluft in Plastikflaschen. Seine Berater erklären ihm den schönsten Schlenker dieser Geschäftsidee. Die Fabrikation der Flaschen wird die Luft immer weiter verschlechtern und damit die Nachfrage nach dem Produkt erhöhen.

Satire als Kassenknüller

Mit diesem Marktkalkül sind wir bei der Problematik von „Der Lorax“ angelangt, der mit über 300 Millionen Dollar Einspiel schon jetzt zu den größten Kassenknüllern des Kinojahres zählt. Einerseits geht es um ernste Themen, und in den heilen Bildern steckt ein gerüttelt Maß Sarkasmus. Wer will, kann diesen Film des Regisseurs Chris Renaud, der auch schon „Ich – einfach unverbesserlich“ verantwortet hat, als Satire auf eine Gesellschaft schauen, die noch ihre größten Ausnahmezustände so bunt lackiert und so nonchalant zum Alltag erklärt, dass sie ihr normal und nicht mehr wirklich bedrohlich vorkommen.

Aber diese heile Oberfläche wird andererseits so knuddelig präsentiert, dass man auch als Zuschauer die Probleme für Problemchen halten darf. Schließlich sehen alle Figuren und Kulissen so niedlich aus, als seien sie frisch aus der Fruchtgummipackung geschüttelt oder am Zuckerwattestand auf ein Stöckchen gedreht worden.

Die Titelfigur, die im Original und auch in der deutschen Synchronisation von Danny DeVito gesprochen wird, macht den Zwiespalt besonders deutlich. Der junge Once-ler beginnt beim Aufbau seiner Firma vor den Toren der Stadt damit, einen wahren Zauberwald zu fällen. Schon der erste Axtschlag ruft den Lorax auf den Plan, einen orangeroten Waldgeist, der wie eine Mischung aus Fruchtpudding, Badeschwamm und Meerschweinchen aussieht, also trotz seiner buschigen Augenbrauen und seines wie Raketentriebwerksabgase unter der Nase herumwolkenden Schnauzbartes kein bisschen bedrohlich wirkt.

Ein kindgerechter Film

Es ist dann auch wirklich nur putzig, wie der Lorax versucht, den Once-ler aus seinem Reich zu scheuchen. Er lässt ihn nachts samt Bett von kleinen Waldtieren aus dem Hauszelt bugsieren und den Schlafenden auf seinem Matratzenfloß dem Fluss überantworten. Das Ganze geht natürlich schief, und der Lorax kann am Ende nicht mehr tun, als um Einsicht zu bitten.

Immerhin, der Begriff muss einfach fallen, „Der Lorax“ ist, wenn man von der Rückblendenkonstruktion einmal absieht, ein sehr kindgerechter Film. Er ist überblickbar, lustig, nicht zu beängstigend und dezent, was seine fieseren Wertungen angeht. Die Kinder werden noch nicht mit allzu viel offenem Zynismus konfrontiert. Die Frage, wie kaputt und hirngewaschen diese Welt eigentlich ist, wird so versteckt, dass nur Erwachsene sie finden. Und wie gesagt: wer partout nicht will, der muss weder die Frage noch die Antwort entdecken.

Der Lorax. USA 2012. Regie: Chris Renaud, Kyle Balda. Computeranimation. Mit den deutschen Stimmen von Danny DeVito, Florian Halm, Jannik Schümann, Olaf Reichmann. 89 Minuten. Ohne Altersbeschränkung. Cinemaxx Mitte und SI, Gloria, Metropol, Ufa