Professor Claas Olthoff war bei dem Format erstmals zu Gast. Foto: Stefanie Schlecht
Beim Weihnachts-Space-Special befassen sich Kinder und Jugendliche mit dem Film „Der Marsianer – Rettet Mark Watney“. Die zentrale Frage: Was ist wissenschaftlich, was ist fiktiv? Referenten der Universität Stuttgart klären auf.
Diese Aufmerksamkeit von Schülern wünscht sich wohl der ein oder andere Lehrer für das neue Jahr. Ruhig und mit dem Blick nach vorne sitzen rund 40 Kinder und Jugendliche in Saal 6 im Filmzentrum Bären in Böblingen. Sie hören interessiert zu, was Claas Olthoff, Professor für Astronautik und Exploration, und Physik-Doktorand Lukas Wagner von der Universität Stuttgart präsentieren.
Was unterscheidet die Erde vom Mars? Könnten Menschen auf diesem rötlichen Wüstenplaneten atmen? Und welche Kräfte wirken dort eigentlich? Beim Weihnachts-Space-Special am ersten Ferienmontag versinken die 9- bis 16-jährigen Teilnehmer in die Welt der Wissenschaft – und der Fiktion.
Denn bei der dritten Auflage des Projekts steht am Montag der Science-Fiction-Film „Der Marsianer – Rettet Mark Watney“ im Vordergrund. Der Astronaut Mark Watney steht dabei im Mittelpunkt. Er wird 2035 nach einem Sturm bei einer Mars-Expedition zurückgelassen und für tot erklärt. Doch er nutzt seine Kenntnisse und überlebt. Der Film zeigt, wie er sich bis zu seiner Rettung durchkämpft. Und dabei nehmen es die Regisseure natürlich nicht in jeder Sequenz so genau mit den wissenschaftlichen Fakten.
Matt Damon als Mark Watney auf einem fiktiven Mars Foto: 20th Century Fox
Die Kinder und Jugendlichen schauen den Film, dann lauschen sie dem Faktencheck der beiden Gäste. Denn: Wie fundiert sind die Aussagen? Ist Leben auf dem Mars tatsächlich denkbar? Im Vortrag dröseln die Referenten einzelne Szenen auf, vergleichen die Zustände auf dem Mars mit denen auf der Erde, sprechen über Druck, Kraft, Widerstand, Fläche und Sauerstoffgehalt auf dem Roten Planeten. Wissenschaft verständlich erklärt. Ein Beispiel: der dünne Anzug, den Mark Watney trägt. „Eigentlich geht das gar nicht, dass man den Anzug so dünn macht“, sagt Olthoff. Nur wenn man „zwei, drei Augen zudrückt“, könne man sagen, es sei ein mechanischer Gegendruckanzug – dann wäre das Outfit des Schauspielers zu erklären.
Was der Professor ebenfalls richtigstellt: „Man kann auf dem Mars leider nicht atmen.“ Denn man würde 95 Prozent Kohlenstoffdioxid einatmen. Auch Kartoffeln könnte man dort wohl nicht anbauen. Zu gering wäre dafür die Sonneneinstrahlung.
Diese und weitere Beispiele zeigen: „Um das Thema Weltraum kann man die ganzen physikalischen Themen herum gruppieren“, sagt Angelika Baur, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Böblingen. Für die dritte Auflage gewann die Projektgruppe Claas Olthoff vom Institut für Raumfahrtsysteme. „Man hätte sich das nicht erträumen können, dass wir einen solchen Referenten bekommen“, sagt die Organisatorin, die den Besuch ebenso schätzt wie der Böblinger Oberbürgermeister Stefan Belz – promovierte Luft- und Raumfahrtingenieur. Er kennt Olthoff von seiner Promotion. Es sei schön zu sehen, was in einem Film Wissenschaft „und war wirklich nur Fiktion ist“, sagt der OB, beim Vortrag selbst in den Reihen.
Es folgt eine Fragestunde für ältere Kinder und Jugendliche, die Jüngeren stürzen sich in einen Wissensparkour mit neun Stationen. Am Computer bauen und starten sie eine Weltallrakete, bei der Kamera posieren sie für KI-Fotos im Orbit. Zur Abwechslung können sich die Kinder Henna-Tattoos machen, etwa mit einem Saturn. Dort ist Zeit für ein Zwischenfazit.
„Ich fand den Film zu diesem Thema sehr gut, weil das eine sehr gute Überlegung war und weil die Zusammenhänge dadurch ersichtlichen wurden“, meint Tom Locca. Der Zwölfjährige aus Gärtringen hat unter anderem erfahren, „warum viele Sachen im Weltall nicht möglich sind und was passiert, wenn man sie trotzdem probiert“.
Teilnehmer kommen immer wieder zu Projekten
Neben ihm steht Chiara Kimmerle an einer Station. Von der Teilnehmerin solcher Formate in Böblingen wurde sie zur Betreuerin. Sie sei von klein auf dabei und immer in Kontakt mit Angelika Baur. Die weiß, dass auch viele der Teilnehmer schon bei einigen Projekten dabei waren, darunter „Physik unter Wasser“ und „Expedition Einstein“.
Diese Kontinuität ist Angelika Baur wichtig. Die Mädchen und Jungs kommen wieder, sie bleiben interessiert. Und das merkt auch der Professor, der in der Regel vor älterem Publikum spricht. „Ich war positiv überrascht, wie viele fachliche Fragen kamen“, sagt Claas Olthoff. Es brauche immer einen Zündfunken, damit der Zugang zum Bereich Luft- und Raumfahrt entstehen kann. „Wenn wir bei so einer Veranstaltung bei nur einer Person diesen Funken senden können, dann haben wir es geschafft“, sagt der Professor. Hört man den Kindern beim Parkour zu, dann ist der Funke nicht nur bei einem von ihnen übergesprungen.
Weihnachts-Space-Special
Film Matt Damon ist in „Der Marsianer – Rettet Mark Watney“ (2015/USA) der Protagonist. Er schlüpft in dem rund zweieinhalbstündigen Science-Fiction-Film in die Rolle des Nasa-Astronauten und Botanikers Mark Watney.
Serie Das Format Weihnachts-Space-Special befasst sich mit Themen rund um den Weltraum. Es fand 2022 und 2023 jeweils im Jugendhaus Casa Nostra in Böblingen statt. Die dritte Auflage wurde diesmal im Filmzentrum Bären ausgetragen.
Initiative Die Mint-Region Böblingen ist nach Angaben der Stadtverwaltung seit 2022 Verbundpartner im Mint-Cluster, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. Die Abkürzung umfasst die Disziplinen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Ziel des Projekts ist es, „Kinder und Jugendliche systematisch für Mint-Themen und Berufsperspektiven zu begeistern“.