Die Jugend hatte am Ende die Nase vorn. Lucas Pouille besiegt den zwölf Jahre älteren Feliciano Lopez im Finale des Mercedes-Cup, wo man auch 2018 Roger Federer begrüßen will.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Der Anruf kam eine Woche vor dem Turnierstart – und natürlich hat der Stuttgarter Turnierdirektor Edwin Weindorfer dem 23 Jahre jungen Franzosen Lucas Pouille noch eine Wildcard für den Weissenhof spendiert. Immerhin ist Pouille ja ein Versprechen auf die Zukunft, musste aber gleich in seinem ersten Match auf dem Killesberg ans Limit gehen. Denn in seiner Auftaktpartie gegen Jan-Lennard Struff hatte Lucas Pouille bereits Matchbälle gegen sich abzuwehren.

 

Es ist also eine lange Reise gewesen für den Blondschopf aus dem nordfranzösischen Hafenort Grand-Synthe, ehe die Nummer 16 der Tenniswelt vor rund 5000 Zuschauern auf dem Weißenhof das Finale gegen den zwölf Jahre älteren Feliciano Lopez mit 4:6, 7:6 (7:5), 6:4 nach zwei Stunden und fünf Minuten Spielzeit gewonnen hatte. Zum Lohn erhielt Lucas Pouille einen Siegerscheck über 112.460 Euro sowie das Siegerauto, ein weißes E-Klasse-Cabriolet.

„Ich bin richtig glücklich. Als ich jung war, habe ich Feliciano im Fernsehen zugeschaut. Jetzt habe ich ihn nach hartem Kampf besiegt“, sagte Pouille, der schwach in die Partie gestartet war, sich aber steigerte und sich stets auf sein Service verlassen konnte. Mit bis zu 220 km/h schlug der Franzose auf.

Viel Lob vom Supervisor der Spielerorganisation ATP

Wie der Sieger Pouille war auch Bettina Haussmann zufrieden. „Das Turnier hat sich auch in der dritten Rasenauflage gesteigert“, sagte die Marketing-Direktorin des Titelsponsors Mercedes, der auf dem Weißenhof noch einen Vertrag bis 2019 besitzt und im nächsten Jahr den 40. Geburtstag seines Klassikers feiern wird. 1979 stiegen die Autobauer beim Tennis auf dem Killesberg ein, ehe die goldenen Achtzigerjahre mit Turniersiegern wie Björn Borg, Ivan Lendl oder Andre Agassi begannen.

Wie es aussieht, dürfte auch zum runden Geburtstag 2018 wieder ein Topstar auf dem Weißenhof aufschlagen. Zwar betraf die erste Abmachung zwischen dem Turnierdirektor Weindorfer und Tony Godsick, dem Manager von Roger Federer, die Jahre 2016 und 2017. „Doch wir hoffen und sind sehr optimistisch, dass Roger auch im nächsten Jahr bei uns sein wird. Das ist unser eindeutiges Ziel“, sagte Weindorfer, der sich von den jüngsten Erfahrungen mit dem jähen Aus des Meisters aus der Schweiz gleich in dessen erstem Turnierspiel gegen Tommy Haas nicht abschrecken lässt. Bereits während des Turniers in Wimbledon will der Stuttgarter Tennischef in die Verhandlungen einsteigen.

Während es von Tom Barnes, dem Supervisor der Spielerorganisation ATP, viel Lob gab („Ich war 2008 das letzte Mal hier und muss sagen, Stuttgart präsentiert sich auf einem viel höheren Level“), ziehen auch die Organisatoren zufrieden Bilanz. „Das Wetter war natürlich ein herausragender Faktor für eine tolle Tenniswoche“, sagte Weindorfer, der es durchaus anders kennt. So konnte im Vorjahr das Finale auf dem Weißenhof aufgrund des Regens erst am Montag ausgetragen werden. Diesmal ging während der neun Turniertage tagsüber nicht ein Tropfen auf die empfindlichen Rasencourts nieder. Die sogenannten Court Teams, die für die Abdeckung der Plätze zuständig sind, blieben also fast beschäftigungslos.

„Alexander Zverev wird für uns immer eine Top-Priorität haben.“

An der Bestückung des 28 Profis umfassenden Hauptfeldes kann mit Blick in die Zukunft allerdings noch gearbeitet werden. So traten neben Lucas Pouille in Federer, Tomas Berdych und Grigor Dimitrov lediglich drei Top-20-Spieler an – doch die Nummer eins bis drei der Setzliste scheiterte früh im Turnier. In dem bereits 33-jährigen Philipp Kohlschreiber, der in das Viertelfinale kam, und dem Hamburger Mischa Zverev, der unter die letzten vier vorstieß, enttäuschten die anwesenden deutschen Profis dagegen nicht.

Allerdings kann kein deutscher Tennisveranstalter zufrieden sein, wenn er den einzigen einheimischen Top-Ten-Spieler nicht präsentieren kann. Doch der 20-jährige Alexander Zverev ist ein ebenso talentierter Profi wie gleichsam schwieriger Charakter. So hat der Zweimetermann nicht nur Weindorfer in Stuttgart, sondern auch dem Hamburger Turnierdirektor Michael Stich einen Korb gegeben. Zverev Junior wird also auch nicht im Juli auf dem Rothenbaum aufschlagen, obwohl Hamburg seine Heimatstadt ist. Auf dem Killesberg kämpft Edwin Weindorfer aber weiter um den jungen Schlaks, in dem viele Experten das Potenzial eines Grand-Slam-Champions sehen. „Alexander Zverev wird für uns immer eine Top-Priorität haben. Wir wollen ihm hier die Plattform bieten, um sich optimal auf Wimbledon vorzubereiten“, sagt der Manager aus Graz: „Die Türen auf dem Weißenhof sind für ihn immer offen.“