Eigentlich sollte der „Kommunal-Soli“, mit dem sich die Kommunen an den Belastungen ihrer Länder an der deutschen Einheit beteiligen, 2019 auslaufen. Die Landesregierung will den Solidarpakt fortführen. OB Kuhn spricht von einem Vertrauensbruch.

Stuttgart - Die grün-schwarze Landesregierung steht in der Kritik weil sie den Vorschlag Hessens unterstützt, die Städte und Gemeinden westdeutscher Bundesländer auch künftig mit einer erhöhten Gewerbesteuerumlage zu belasten. Dieser 1995 eingeführte „Kommunal-Soli“, mit dem sich die Kommunen an den Belastungen ihrer Länder an der deutschen Einheit beteiligen, ist eigentlich bis 2019 befristet. Die kommunalen Spitzenverbände haben gegenüber Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) und Innenminister Thomas Strobl (CDU) ihr Unverständnis geäußert und gefordert, der Soli müsse fallen.

 

Großes Interesse der Landesregierung

Die Landesregierung habe „ein ganz großes Interesse daran, dass es den baden-württembergischen Kommunen gut geht, es gibt jedoch immer Kompromisslinien zwischen null und 100 Prozent“, teilte eine Sprecherin des Finanzministeriums mit. Sollte im Jahr 2020 die Gewerbesteuerumlage komplett wegfallen, würde sich das finanzielle Gefüge zwischen Land und Kommunen einseitig zulasten des Landes verschieben. „Da ohnehin aktuell mit den kommunalen Landesverbänden Gespräche über die Finanzbeziehungen geführt werden, wird auch die Frage der erhöhten Gewerbesteuerumlage und deren mögliche Weiterführung nach 2019 mit einbezogen.“

Kuhn zeigt sich überrascht von dem Vorstoß

Die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des baden-württembergischen Städtetags, Susanne Nusser, kündigte gegenüber unserer Zeitung Widerstand an. Sie verwies auf hohe Investitionen in die Infrastruktur und den öffentlichen Nahverkehr sowie auf steigende Personal- und Sozialkosten in den Kommunen.

Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne) zeigt sich überrascht vom Vorschlag aus dem Haus seiner Parteifreundin Sitzmann und attestiert ihr einen „massiven Vertrauensbruch“. Seit 1995 hätten die Kommunen „einen ausreichenden Beitrag zur Unterstützung der neuen Länder geleistet“.

Der Stadt Stuttgart drohen weitere Steuerausfälle

Wenn die zusätzliche Umlage weiter erhoben wird, kostet das die Kommunen im Bund etwa vier Milliarden Euro jährlich, in Baden-Württemberg bis zu 700 Millionen Euro. Die Stadt Stuttgart hat wie alle anderen Städte und Gemeinden den Wegfall der Umlagen für den Solidarpakt und den Fonds Deutsche Einheit in ihrer mittelfristigen Finanzplanung bereits berücksichtigt. Hätte der Vorstoß Erfolg, entstünden der Landeshauptstadt Mehrausgaben von etwa 45 Millionen Euro pro Jahr. Die Befristung des Solidarpakts ist Gesetz, sie war bei der Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen sowie bei den letzten beiden Steuerschätzungen berücksichtigt.

Der Stadt drohen zudem weitere Steuerausfälle. CDU und Grüne haben bereits 2015 beschlossen, in guten Haushaltsjahren die Grundsteuer zu reduzieren. 2017 sinken deshalb die Einnahmen um 28 Millionen Euro, am stärksten profitieren davon Unternehmen, Mietwohnungsgrundstücke sind nur zu 15 Prozent tangiert.